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Nikolaus Lenau (1802-1850) · Titel: 1 2 3 · Beliebteste

Stimme des Regens

Die Lüfte rasten auf der weiten Heide,
Die Disteln sind so regungslos zu schauen,
So starr, als wären sie aus Stein gehauen,
Bis sie der Wandrer streift mit seinem Kleide.

Und Erd und Himmel haben keine Scheide,
In eins gefallen sind die nebelgrauen,
Zwei Freunden gleich, die sich ihr Leid vertrauen,
Und Mein und Dein vergessen traurig beide.

Nun plötzlich wankt die Distel hin und wider,
Und heftig rauschend bricht der Regen nieder,
Wie laute Antwort auf ein stummes Fragen.

Der Wandrer hört den Regen niederbrausen,
Er hört die windgepeitschte Distel sausen,
Und eine Wehmut fühlt er, nicht zu sagen.

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Regengedichte

 
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Tod und Trennung

Gottes Milde mocht es fügen,
Liegt ein Mensch in letzten Zügen,
Stehn am Sterbepfühl die Seinen,
Dass sie müssen weinen, weinen;

Dass sie nicht vor Tränen schauen
Das unnennbar bange Grauen,
Wie der Geist verlässt die Hülle,
Letztes Zucken, tiefe Stille.

Weh dem Tränenlosen, wehe,
Der sich wagt in Sterbens Nähe,
Denn ihm kann durchs ganze Leben
Jenes Grauen heimlich beben.

Doch ein Anblick tiefrer Trauer,
Bänger als des Sterbens Schauer,
War es, könnt ein Aug es fassen,
Wie zwei Herzen sich verlassen.

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Trauer

Blumen, Vögel, duftend, singend,
Seid doch nicht so ausgelassen,
Ungestüm ans Herz mir dringend;
Lasst allein mich ziehn die Straßen!

Vieles ist vorübergangen,
Seit wir uns zuletzt begegnet,
Und es hat von meinen Wangen
Meines Glückes Herbst geregnet.

Winter kam hereingeschlichen
In mein Herz, die Tränen starben,
Und schneeweiß sind mir verblichen
Alle grünen Hoffnungsfarben.

Blumen, Vögel, rings im Haine,
All ihr frohen Bundsgenossen,
Mahnt mich nicht, dass ich alleine
Bin vom Frühling ausgeschlossen!

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Frühlingsgedichte

 
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Traum

Nächtlich hatt ich einen Traum,
Liebe Mutter, einen guten,
Ob wir unter einem Baum,
Wanderungsmüde, beide ruhten.

In den Schoß zu süßer Ruh
Legt ich dir mein Haupt, das schwüle,
Und du fächeltest mir zu
Eine himmlisch süße Kühle.

Ahnung fasste mir das Herz,
Dass es würde besser werden,
Und ich fühlte himmelwärts
Mich gehoben von der Erden.

Sitze nieder, will mein Haupt
An die treue Brust dir legen,
Dass es fühle, lang beraubt,
Deiner Liebe Himmelssegen.

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Muttertagsgedichte

 
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Vanitas

Eitles Trachten, eitles Ringen
Frisst dein bisschen Leben auf,
Bis die Abendglocken klingen,
Still dann steht der tolle Lauf.

Gastlich bot dir auf der Reise
Die Natur ihr Heiligtum;
Doch du stäubtest fort im Gleise,
Sahst nach ihr dich gar nicht um.

Blütenduft und Nachtigallen,
Mädchenkuss und Freundeswort
Riefen dich in ihre Hallen;
Doch du jagtest fort und fort.

Eine Törin dir zur Seite
Trieb mit dir ein arges Spiel,
Wies dir stets ins graue Weite:
»Siehst du, Freund, dort glänzt das Ziel!«

War es Gold, wars Macht und Ehre,
Was sie schmeichelnd dir verhieß:
Täuschung wars nur der Hetäre,
Eitel Tand ist das und dies.

Sieh! noch winkt sie dir ins Weite,
Und du wardst ein alter Knab!
Nun entschlüpft dir dein Geleite,
Und du stehst allein – am Grab.

Kannst nicht trocknen mehr die Stirne,
Da du mit dem Tode ringst;
Hörst nur ferne noch der Dirne
Hohngelächter – und versinkst!

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Gedichte vom Leben

 
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Vor Kälte ist die Luft...

Vor Kälte ist die Luft erstarrt,
Es kracht der Schnee von meinen Tritten,
Es dampft mein Hauch, es klirrt mein Bart;
Nur fort, nur immer fortgeschritten!

(Ausschnitt; zum kompletten Text.)

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Wintersprüche

 
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Wandel der Sehnsucht

Wie doch dünkte mir die Fahrt so lang,
O wie sehnt ich mich zurück so bang
Aus der weiten, fremden Meereswüste
Nach der lieben, fernen Heimatküste.

Endlich winkte das ersehnte Land,
Jubelnd sprang ich an den teuern Strand,
Und als wiedergrüne Jugendträume
Grüßten mich die heimatlichen Bäume.

Hold, und süßverwandt, wie nie zuvor,
Klang das Lied der Vögel an mein Ohr;
Gerne, nach so schmerzlichem Vermissen,
Hätt ich jeden Stein ans Herz gerissen.

Doch, da fand ich dich, und – todesschwank
Jede Freude dir zu Füßen sank,
Und mir ist im Herzen nur geblieben
Grenzenloses, hoffnungsloses Lieben.

O wie sehn ich mich so bang hinaus
Wieder in das dumpfe Flutgebraus!
Möchte immer auf den wilden Meeren
Einsam nur mit deinem Bild verkehren!

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Sehnsucht im Gedicht

 
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Weihnacht

O Nacht des Mitleids und der Güte,
die auf Judäa niedersank,
als einst der Menschheit sieche Blüte
den frischen Tau des Himmels trank!

O Weihnacht! Weihnacht! höchste Feier!
Wir fassen ihre Wonne nicht,
sie hüllt in ihre heil'gen Schleier
das seligste Geheimnis dicht.

Denn zöge jene Nacht die Decken
vom Abgrund uns der Liebe auf,
wir stürben vor entzücktem Schrecken,
eh' wir vollbracht den Erdenlauf. -

Der Menschheit schmachtendes Begehren
nach Gott; die Sehnsucht, tief und bang,
die sich ergoss in heißen Zähren,
die als Gebet zum Himmel rang;

Die Sehnsucht, die zum Himmel lauschte
nach dem Erlöser je und je;
die aus Prophetenherzen rauschte
in das verlass'ne Erdenweh;

Die Sehnsucht, die so lange Tage
nach Gott hier auf der Erden ging
als Träne, Lied, Gebet und Klage:
Sie ward Maria - und empfing.

Das Paradies war uns verloren,
uns blieb die Sünde und das Grab;
da hat die Jungfrau Ihn geboren,
der das Verlor'ne wiedergab;

Der nur geliebt und nie gesündet,
Versöhnung unsrer Schuld erwarb,
erlosch'ne Sonnen angezündet,
als er für uns am Kreuze starb.

Der Hohepriester ist gekommen,
der lächelnd weiht sein eignes Blut,
es ist uns der Prophet gekommen,
der König mit dem Dornenhut. -

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Christliche Weihnachtsgedichte

 
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Winternacht

Vor Kälte ist die Luft erstarrt,
Es kracht der Schnee von meinen Tritten,
Es dampft mein Hauch, es klirrt mein Bart;
Nur fort, nur immer fortgeschritten!

Wie feierlich die Gegend schweigt!
Der Mond bescheint die alten Fichten,
Die, sehnsuchtsvoll zum Tod geneigt,
Den Zweig zurück zur Erde richten.

Frost! friere mir ins Herz hinein,
Tief in das heißbewegte, wilde!
Dass einmal Ruh mag drinnen sein,
Wie hier im nächtlichen Gefilde!

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