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Wersch (geb. 1964), literaturnische.de
Regen am Fenster...
Regen am Fenster befrage
über die Jahreszeit
die ihn trinkt und ausdünstet
traue nicht mehr dem Kalender
lenken dich irr die Zeichen
Pappelblätter verdorrt
Ei im Sperlingsnest
wie willst du tasten und horchen
Milchwasser säugte die Jahre
schwemmt sie wieder hinweg
Quell und Mündung sind eins -
unspürsam, was bleibst du?
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Otmar Heusch (geb. 1953)
Regenmusik
Regentropfen klopfen leise
musisch klingt die Melodie
Stetig und auf ihre Weise
fast wie eine Symphonie
Abgewandt von Akribie
klingt die zarte Notenpracht
Doch mit wenig Fantasie
ist Musik daraus gemacht
Dieses Lied spielt die Natur
manche hören nur ein Rauschen
Die Musik, die hört man nur
beim liebevollen Lauschen
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Ada Christen (1839-1901)
Nach dem Regen
Die Vögel zwitschern, die Mücken
Sie tanzen im Sonnenschein,
Tiefgrüne feuchte Reben
Gucken ins Fenster herein.
Die Tauben girren und kosen
Dort auf dem niedern Dach,
Im Garten jagen spielend
Die Buben den Mädeln nach.
Es knistert in den Büschen,
Es zieht durch die helle Luft
Das Klingen fallender Tropfen,
Der Sommerregenduft.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Max Dauthendey (1867-1918)
Der Regen schlägt das Haus mit Ruten
Draußen die Regenwolken, die schwimmend großen,
Sind wie die Fische mit grauen Flossen,
Die Wasser aus den Kiemen stoßen.
Der Regen schlägt das Haus mit Ruten,
Laute Wasserfluten schwemmen vom Dach;
Ein früher Abend kommt zu uns ins Gemach.
Wir hören die langen Finger vom Regen,
Die fahrig sich am Fenster bewegen,
Als will der Regen sich zu uns auf die Kissen legen.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Gustav Falke (1853-1916)
Regentag
Der Regen fällt. In den Tropfentanz
Starr ich hinaus, versunken ganz
In allerlei trübe Gedanken. Mir ist,
Als hätt' es geregnet zu jeder Frist,
Und alles, so lange ich denken kann,
Trüb, grau und nass in einander rann,
Als hätte es nie eine Sonne gegeben,
Als wäre nur immer das ganze Leben,
Die Jahre, die Tage, die Stunden all,
Ein trüber, hastiger Tropfenfall.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Franz Grillparzer (1791-1872)
Regen und Unmut
Böses Wetter, böses Wetter!
Es entladen sich die Götter,
Reinigen ihr Wolkenhaus,
Und die Menschen badens aus.
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Karl Henckell (1864-1929)
Gewitter
Es wetterleuchtet durch die Nacht,
Die Donner, sie rollen von ferne,
Die Wolken stürmen zur wilden Schlacht,
Und ängstlich verlöschen die Sterne.
Es jagt und wettert und kracht und braust,
Wie wenn in Lüften der Böse haust -
Was schmiegst du dich an mich mit Zittern?
He, holla! Mich freut das Gewittern.
Kennst du das Leben, mein liebes Kind?
Ach nein, du tändelst in Träumen.
Oft stürmt durch das Leben der Wirbelwind
Und reißt an den knorrigsten Bäumen.
Unter Donner und Blitzen, in stürmischer Nacht
Schlägt der Mensch mit dem Schicksal die lustige Schlacht.
Was schmiegst du dich an mich mit Zittern?
He, holla! Mich freut das Gewittern.
Wie brannte die Sonne so heiß und so dumpf!
Die Bäume, sie rangen nach Odem;
Nun flutet es feucht, und der dürrste Stumpf
Saugt ein den köstlichen Brodem.
Wenn träge die Sonne das Leben verbrennt,
Willkommen dann, schlagendes Element!
Lass ab von Zagen und Zittern,
He, holla! Mich freut das Gewittern.
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Gottfried Keller (1819-1890)
Regen-Sommer
Nasser Staub auf allen Wegen!
Dorn und Distel hängt voll Regen
Und der Bach schreit wie ein Kind!
Nirgends blüht ein Regenbogen,
Ach, die Sonn' ist weggezogen
Und der Himmel taub und blind!
Traurig ruhn des Waldes Lieder,
Alle Saat liegt siech darnieder,
Frierend schläft der Wachtel Brut.
Jahreshoffnung, fahler Schimmer!
Mit den Menschen steht's noch schlimmer,
Kalt und träge schleicht ihr Blut!
Krankes Weib am Findelsteine
Mit dem Säugling, weine! weine
Trostlos oder hoffnungsvoll:
Nicht im Feld und auf den Bäumen -
In den Herzen muss es keimen,
Wenn es besser werden soll!
Fleh' zu Gott, der ja die Saaten
Und das Menschenherz beraten,
Bete heiß und immerdar,
Dass er, unsre Not zu wenden,
Wolle Licht und Wärme senden
Und ein gutes Menschenjahr!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Gottfried Keller (1819-1890)
Trübes Wetter
Es ist ein stiller Regentag,
So weich, so ernst, und doch so klar,
Wo durch den Dämmer brechen mag
Die Sonne weiß und sonderbar.
Ein wunderliches Zwielicht spielt
Beschaulich über Berg und Tal;
Natur, halb warm und halb verkühlt,
Sie lächelt noch und weint zumal.
Die Hoffnung, das Verlorensein
Sind gleicher Stärke in mir wach;
Die Lebenslust, die Todespein,
Sie ziehn auf meinem Herzen Schach.
Ich aber, mein bewusstes Ich,
Beschau das Spiel in stiller Ruh,
Und meine Seele rüstet sich
Zum Kampfe mit dem Schicksal zu.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Nikolaus Lenau (1802-1850)
Stimme des Regens
Die Lüfte rasten auf der weiten Heide,
Die Disteln sind so regungslos zu schauen,
So starr, als wären sie aus Stein gehauen,
Bis sie der Wandrer streift mit seinem Kleide.
Und Erd und Himmel haben keine Scheide,
In eins gefallen sind die nebelgrauen,
Zwei Freunden gleich, die sich ihr Leid vertrauen,
Und Mein und Dein vergessen traurig beide.
Nun plötzlich wankt die Distel hin und wider,
Und heftig rauschend bricht der Regen nieder,
Wie laute Antwort auf ein stummes Fragen.
Der Wandrer hört den Regen niederbrausen,
Er hört die windgepeitschte Distel sausen,
Und eine Wehmut fühlt er, nicht zu sagen.
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Selma Meerbaum-Eisinger (1924-1942)
Regen
Du gehst. Und der Asphalt ist plötzlich nass
und plötzlich ist das Grün der Bäume neu
und ein Geruch wie von ganz frischem Heu
schlägt dir in dein Gesicht, das heiß und blass
auf diesen Regen wohl gewartet hat.
Die Gräser, welche staubig, müd und matt
sich bis zur Erde haben hingebeugt,
sehen beglückt die Schwalbe, welche nahe fleugt,
und scheinen plötzlich stolz zu sein.
Du aber gehst. Gehst einsam und allein
und weißt nicht, sollst du lachen oder weinen.
Und hier und da sind Sonnenstrahlen, welche scheinen,
als ginge sie der Regen gar nichts an.
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Joachim Ringelnatz (1883-1934)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/ringelnatz.php
Landregen
Der Regen rauscht. Der Regen
Rauscht schon seit Tagen immerzu.
Und Käferchen ertrinken
Im Schlammrinn an den Wegen. - -
Der Wald hat Ruh.
Gelabte Blätter blinken.
Im Regenrauschen schweigen
Alle Vögel und zeigen
Sich nicht.
Es rauscht urewige Musik.
Und dennoch sucht mein Blick
Ein Streifchen helles Licht.
Fast schäm ich mich, zu sagen:
Ich sehne mich nach etwas Staub.
Ich kann das schwere, kalte Laub
Nicht länger mehr ertragen.
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