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Der Bauer und sein Sohn
Ein guter dummer Bauerknabe,
Den Junker Hans einst mit auf Reisen nahm,
Und der trotz seinem Herrn mit einer guten Gabe,
Recht dreist zu lügen, wieder kam:
Ging kurz nach der vollbrachten Reise
Mit seinem Vater über Land.
Fritz, der im Gehn recht Zeit zum Lügen fand,
Log auf die unverschämt'ste Weise.
Zu seinem Unglück kam ein großer Hund gerannt.
»Ja, Vater«, rief der unverschämte Knabe,
»Ihr mögt mir's glauben oder nicht:
so sag' ich's Euch und jedem ins Gesicht,
Dass ich einst einen Hund bei – Haag gesehen habe,
Hart an dem Weg, wo man nach Frankreich fährt,
Der – ja, ich bin nicht ehrenwert,
Wenn er nicht größer war als Euer größtes Pferd.«
»Das«, sprach der Vater, »nimmt mich wunder;
Wiewohl ein jeder Ort läßt Wunderdinge sehn.
Wir zum Exempel gehn itzunder
Und werden keine Stunde gehn:
So wirst du eine Brücke sehn,
(Wir müssen selbst darüber gehn)
Die hat dir manchen schon betrogen;
(Denn überhaupt soll's dort nicht gar zu richtig sein)
Auf dieser Brücke liegt ein Stein,
An den stößt man, wenn man denselben Tag gelogen,
Und fällt und bricht sogleich das Bein.«
Der Bub' erschrak, sobald er dies vernommen.
»Ach!« sprach er, »lauft doch nicht so sehr!
Doch wieder auf den Hund zu kommen,
Wie groß sag' ich, dass er gewesen wär'?
Wie Euer großes Pferd? Dazu will viel gehören.
Der Hund, itzt fällt mir's ein, war erst ein halbes Jahr;
Allein das wollt' ich wohl beschwören,
Dass er so groß, als mancher Ochse, war.«
Sie gingen noch ein gutes Stücke;
Doch Fritzen schlug das Herz. Wie konnt' es anders sein?
Denn niemand bricht doch gern ein Bein.
Er sah nunmehr die richterische Brücke
Und fühlte schon den Beinbruch halb.
»Ja Vater«, fing er an, »der Hund, von dem ich red'te,
War groß, und wenn ich ihn auch was vergrößert hätte:
So war er doch viel größer als ein Kalb.«
Die Brücke kommt. Fritz! Fritz! wie wird dir's gehen!
Der Vater geht voran; doch Fritz hält ihn geschwind.
»Ach Vater!« spricht er, »seid kein Kind
Und glaubt, dass ich dergleichen Hund gesehen.
Denn kurz und gut, eh' wir darüber gehen:
Der Hund war nur so groß, wie alle Hunde sind.«
Du musst es nicht gleich übel nehmen,
Wenn hie und da ein Geck zu lügen sich erkühnt.
Lüg' auch, und mehr als er, und such' ihn zu beschämen:
So machst du dich um ihn und um die Welt verdient.
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Der Blinde und der Lahme
Von ungefähr muss einen Blinden
Ein Lahmer auf der Straße finden,
Und jener hofft schon freudenvoll,
Dass ihn der andre leiten soll.
"Dir", spricht der Lahme, "beizustehn?
Ich armer Mann kann selbst nicht gehen;
Doch scheint´s, dass du zu einer Last
Noch sehr gesunde Schultern hast.
Entschließe dich, mich fortzutragen,
So will ich dir die Stege sagen:
So wird dein starker Fuß mein Bein,
Mein helles Auge deines sein."
Der Lahme hängt mit seinen Krücken
Sich auf des Blinden breiten Rücken.
Vereint wirkt also dieses Paar,
Was einzeln keinem möglich war.
Du hast das nicht, was andre haben,
Und andern mangeln deine Gaben;
Aus dieser Unvollkommenheit
Entspringt die Geselligkeit.
Wenn jenem nicht die Gabe fehlte,
Die die Natur für mich erwählte,
So würd er nur für sich allein
Und nicht für mich bekümmert sein.
Beschwer die Götter nicht mit Klagen!
Der Vorteil, den sie dir versagen
Und jenem schenken, wird gemein,
Wir dürfen nur gesellig sein.
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Ein Eh'stand ist alsdann beglückt...
Ein Eh'stand ist alsdann beglückt,
wenn eins sich in das andre schickt,
wenn eins das andre liebt und scheut,
er nicht befiehlt, sie nicht gebeut,
und beide so behutsam sind,
als wollten's erst einander frein.
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Freundschaft
Der Freund, der mir den Spiegel zeiget,
Den kleinsten Flecken nicht verschweiget,
Mich freundlich warnt, mich ernstlich schilt,
Wenn ich nicht meine Pflicht erfüllt:
Der ist mein Freund,
So wenig er es scheint.
(Auschnitt; zum kompletten Text.)
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Freundschaft
Der Freund, der mir den Spiegel zeiget,
Den kleinsten Flecken nicht verschweiget,
Mich freundlich warnt, mich ernstlich schilt,
Wenn ich nicht meine Pflicht erfüllt:
Der ist mein Freund,
So wenig er es scheint.
Doch der, der mich stets schmeichelnd preiset,
Mir Alles lobt und nichts verweiset,
Zu Fehlern gern die Hände beut
Und mir vergibt, eh´ ich bereut:
Der ist mein Feind,
So freundlich er auch scheint.
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In Krankheit
Ich hab in guten Stunden
Des Lebens Glück empfunden;
Und Freuden ohne Zahl:
So will ich denn gelassen
Mich auch in Leiden fassen;
Welch Leben hat nicht seine Qual?
(Auschnitt)
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Osterlied
Erinnre dich, mein Geist, erfreut
Des hohen Tags der Herrlichkeit;
Halt im Gedächtnis Jesum Christ,
Der von dem Tod erstanden ist!
Fühl alle Dankbarkeit für ihn,
Als ob er heute dir erschien,
Als spräch er: Friede sei mit dir!
So freue dich, mein Geist, in mir!
Schau über dich, und bet ihn an.
Er misst den Sternen ihre Bahn;
Er lebt und herrscht mit Gott vereint,
Und ist dein König und dein Freund.
Macht, Ruhm und Hoheit immerdar
Dem, der da ist, und der da war!
Sein Name sei gebenedeit,
Von nun an bis in Ewigkeit!
O Glaube, der das Herz erhöht!
Was ist der Erde Majestät,
Wenn sie mein Geist mit der vergleicht,
Die ich durch Gottes Sohn erreicht?
Vor seinem Thron, in seinem Reich,
Unsterblich, heilig, Engeln gleich,
Und ewig, ewig selig sein;
Herr, welche Herrlichkeit ist mein!
Mein Herz erliegt froh unter ihr;
Lieb und Verwundrung kämpft in mir,
Und voll von Ehrfurcht, Dank und Pflicht,
Fall ich, Gott, auf mein Angesicht.
Du, der du in den Himmeln thronst,
Ich soll da wohnen, wo du wohnst?
Und du erfüllst einst mein Vertraun,
In meinem Fleische dich zu schaun?
Ich soll, wenn du, des Lebens Fürst,
In Wolken göttlich kommen wirst,
Erweckt aus meinem Grabe gehn,
Und rein zu deiner Rechten stehn?
Mit Engeln und mit Seraphim,
Mit Thronen und mit Cherubim,
Mit allen Frommen aller Zeit
Soll ich mich freun in Ewigkeit?
Zu welchem Glück, zu welchem Ruhm
Erhebt uns nicht das Christentum!
Mit dir gekreuzigt, Gottes Sohn,
Sind wir auch auferstanden schon.
Nie komm es mir aus meinem Sinn,
Was ich, mein Heil, dir schuldig bin;
Damit ich mich, in Liebe treu,
Zu deinem Bilde stets erneu.
Er ist's, der alles in uns schafft,
Sein ist das Reich, sein ist die Kraft.
Halt im Gedächtnis Jesum Christ,
Der von dem Tod erstanden ist.
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