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Fred Endrikat (1890-1942) · Titel: 1 2 · Beliebteste

An meinen Apfelbaum

Ich sah hinterm Zaun dein verzagtes Gesicht,
von Dornen und Sträuchern umgeben.
Du strebtest vergebens nach Sonne und Licht,
die Zweige verbogen. Nein, schön warst du nicht.
Ich half dir im Kampf um dein Leben.

Ich habe gegraben, gehackt und gesägt,
befreite vom Moos deine Rinde,
die Krone gesäubert, den Stamm freigelegt.
Ich hab' dich nach all der Entbehrung gepflegt
gleich einem verwahrlosten Kinde.

Du bist wie verjüngt aus dem Schlafe erwacht
im Frühling, dem sonnigen, warmen.
Wie hast du geleuchtet in blühender Pracht,
glückstrahlend mir morgens entgegengelacht:
Oh, komm doch und lass dich umarmen.

Nun stehst du im Herbst als ein prächtiger Baum
mit köstlich beladenen Zweigen.
Es duftet wie Weihnacht im festlichen Raum,
rot schimmern die Äpfel, ein kindlicher Traum.
So schön ist dies dankbare Schweigen.

Du hast mir unzählige Freuden beschert,
uns allen, dem Fink und der Meise.
Du warst mir die Liebe und Mühe schon wert.
Das wirkliche Danken hast du mich gelehrt,
so reichlich, so herzlich, so leise.

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Bestimmung

Soviel Dinge gehn im Leben
auf dich zu, noch mehr daneben.
Mensch, dein Weg ist dir bestimmt.
Nimm das Schicksal, wie es kimmt.

Jeder muss sein Päcklein tragen,
teils mit Wohl-, teils Unbehagen.
Schau nach vorn, dort gehen sie:
Hans im Glück und Pechmarie.

Etwas Sonne, sehr viel Regen,
Freude folgt den Nackenschlägen,
oder manchmal umgedreht,
wie es so im Leben geht.

Wieviel Blüten an dem Baume
werden nie zur reifen Pflaume.
Wieviel Pulver, wieviel Blei
schießt der Feind an dir vorbei.

Weine nicht um das Verpasste.
Denke: Was du hast, das haste.
Kriegst du nicht, was du gewollt,
hat es wohl nicht sein gesollt.

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Das ewig Weibliche

Es streiten sich die großen Philosophen
seit alters her schon um das Thema Frau.
Per eine singt ihr Lied in schönsten Strophen,
der andre wünscht sie in den Höllenofen.
Nur leider stimmt das meiste nicht genau.

Das Thema lässt sich nur von Fall zu Fall behandeln,
weil unterschiedlich und sehr delikat.
Die Frauen wandeln sich, wie sich die Zeiten wandeln,
auch soll man sie nicht öffentlich verschandeln -
Volksgut in Ehren, doch Frauen sind privat.

Die Frau ist wie ein Dom, vor dem wir stehen,
geheimnisvoll, voll Mystik, wunderbar.
Man kennt sie nicht, von außen nur gesehen,
es fehlt der Schlüssel, um hineinzugehen.
Die Liebe ist der Schlüssel zum Altar.

Bist du dann endlich zum Altar gekommen -
in welcher Rolle, das liegt ganz an dir -
vielleicht hast du das höchste Glück erklommen,
wirst feierlich als Priester aufgenommen,
wer weiß? Vielleicht nur als ein Opferstier.

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Der Humor

Humor ist sozusagen unser Senf des Lebens.
Er macht ein Stücklein trocken Brot zum Leibgericht.
Wer ihn nicht selbst besitzt, der hamstert ihn vergebens,
so hat man ihn entweder - oder hat ihn nicht.

Humor ist schwierig oder gar nicht zu ergründen.
Er ist stets taktvoll, niemals vorlaut und nicht spitz.
Humor ist zu erleben und nicht zu erfinden,
im Gegensatz zu seinem kleinen Bruder Witz.

Humor ist unser Freund in allen Lebenslagen,
weil er dem Herz entspringt und nicht dem Intellekt.
Man kann zum Beispiel mit Humor die Wahrheit sagen,
so dass sie uns bekommt und halb so bitter schmeckt.

Humor blüht auch an kühlen Dauerregentagen
und stimmt uns fröhlich, wenn es noch so schaurig ist.
Ja, mit Humor lässt sich sogar ein Humorist ertragen,
und wenn er wirklich noch so traurig ist.

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Der triftige Grund

Freunde, die Sonne scheint, lasset uns trinken,
hebet die Becher und führt sie zum Mund.
Seht, wie die Strahlen im Wein lieblich blinken,
Sonne ist immer ein triftiger Grund.
Trinket den goldnen Wein,
trínket den Sonnenschein.
Rund ist die Erde, die Erde ist rund.
Freunde, die Sonne scheint, das ist ein Grund.

Freunde, der Regen fällt, lasset uns trinken.
Glaubt mir, im Herbst ist das Trinken gesund.
Seht, wie die feindlichen Nebel dort sinken,
Regen ist immer ein triftiger Grund.
Träufelt das edle Nass
wie in ein Regenfass.
Rund ist die Traube, die Traube ist rund.
Freunde, der Regen fällt, das ist ein Grund.

Freunde, bald schneit es, drum lasset uns trinken,
lasst uns genießen die fröhliche Stund.
Seht, wie die Nasen im Kerzenschein blinken,
Schnee ist zum Trinken ein triftiger Grund.
Trinke im Lenz und Herbst,
trinke, bis dass du sterbst.
Bunt ist das Leben, das Leben ist bunt.
Freunde, zum Trinken ist immer ein Grund.

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Trinklieder

 
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Die Wühlmaus

Die Wühlmaus nagt von einer Wurzel
das W hinfort, bis an die -urzel.
Sie nagt dann an der hintern Stell
auch von der -urzel noch das l.
Die Wühlmaus nagt und nagt, o weh,
auch von der -urze- noch das e.
Sie nagt die Wurzel klein und kurz,
bis aus der -urze- wird ein -urz--.

Die Wühlmaus ohne Rast und Ruh
nagt von dem -urz-- auch noch das u.
Der Rest ist schwer zu reimen jetzt,
es bleibt zurück nur noch ein --rz--.
Nun steht dies --rz-- im Wald allein.
Die Wühlmäuse sind so gemein.

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Ein Stückchen Sonntag

Hat man bei der Arbeit eine Pause eingeschaltet,
halten die Gedanken eine kleine Weile Rast.
Sieht ganz nebenbei, indem man seine Hände faltet,
durch das Fenster einen Vogel drüben auf dem Ast.

Wie durch dichten Nebel hört man die Fabriksirene.
Sie erinnert an das Meer, an eine ferne Zeit.
Man durchträumt aus vielen Jahren das erlebte Schöne
in den wenigen Minuten der Beschaulichkeit.

Auf dem Hofe spielen, munter lachend, kleine Mädchen.
Durch das Fenster blickt ein heller, zukunftsreicher Schein. In der Pause webt, gleich einem zarten Silberfädchen,
sich ein Stückchen Sonntag in den grauen Alltag ein.

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Einem Freund ins Stammbuch

Hat dir der Frühling ein Blümlein gesandt,
wenn es auch winzig und klein,
frag nicht, in welchem Garten es stand.
Freu dich - das Blümlein ist dein.

Hat dir das Schicksal ein Mädchen beschert,
das dir sein Herz freudig gibt,
frage nicht, ob es dir ewig gehört.
Küsst euch - solang ihr euch liebt.

Hat dir das Glück einen Menschen gesandt,
der dich als Mensch liebt und ehrt,
den du als wirklichen Freund hast erkannt,
das ist ein bleibender Wert.

Er teilt deine Freude - trägt mit dir dein Leid,
weil er dich niemals verlässt.
Drum freu dich des Blümleins - und küsse die Maid,
aber den Freund halte fest.

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Elegischer Rauchermonolog

Lebe wohl, es ist genug
mit dem langen Erdenrummel.
Bald geht unser letzter Zug,
lebe wohl, du alter Stummel.
Anfangs ging es flott voran,
plötzlich kam die große Wende.
Funkensprühend fängt man an,
und ein Stummel ist das Ende.
So verpafft man seine Zeit,
und man streicht uns von der Liste,
Sinnbild der Vergänglichkeit,
Inbegriff der leeren Kiste.
Alles muss in Rauch vergehn,
aufwärts zu den Cherubimen.
War der Anfang noch so schön,
doch der letzte Rest heißt: Priemen.
Alter Bursche, glaube mir,
Stummel sein, ist kein Vergnügen.
Schau mich an, jetzt stehen wir
beide vor den letzten Zügen.
Zeig dich stark und fasse dich,
dass man uns nicht überrasche.
Du bist so verkohlt wie ich,
darum Friede unsrer Asche.

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Schwarzer Humor

 
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Frühling ist's

Frühling ist's! Die Hennen glucksen
Veilchen raus - und weiße Buxen.
Frauen schnüren sich geringer,
und der Bauer schiebt den Dünger.
Fliegen klettern unverdrossen
auf den Nasensommersprossen.
Ringsum blüht's an allen Hecken -
und es riecht aus den Ap'theken.
Ich steck mir voll Übermut
'nen Sonnenstrahl an meinen Hut.
Freudig jubeln und frohlocken
Kirchen-, Kuh- und Käseglocken.
Frühling wird's mit Vehemenz.
Auf grünen Filzpantoffeln naht der Lenz!

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Frühlingsgedichte

 
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Gedanken beim steifen Grog

Wo ein Grog ist - da ist auch ein Keller.
Wo eine Zeche - ist auch ein Preller.
Wo ein Tsching - da ist auch ein Bum.
Wo ein Kümmel - da ist auch ein Rum.

Wo ein Mat ist - ist auch ein rose.
Wo ein Wind - ist auch eine Hose.
Wo ein Luv ist - ist auch ein Lee.
Wo ein W - da ist auch ein C.

Wo eine Ana - ist auch die lyse.
Wo eine Kom ist - ist auch die büse.
Wo ein Kauta - da ist auch ein bak.
Wo ein Dudel - da ist auch ein Sack.

Wo ein Säbel - da ist auch die Scheide.
Wo ein Schorf ist - da ist auch die Heide.
Wo ein Labs ist - da ist auch ein kaus.
Wo eine Freude - da ist auch ein Haus.

Wo ein Stein ist - da ist auch ein häger.
Wo ein Schorn - ist auch ein steinfeger.
Wo ein Kampf ist - da ist auch ein Sieg.
Wo eine Jungfer - da ist auch ein Stieg.

Wo ein Amboss - da ist auch ein Hammer.
Wo eine Katze - ist auch ein Jammer.
Wo eine Hexe - da ist auch ein Schuss.
Wo ein Kurz ist - da ist auch ein Schluss.

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Trinklieder

 
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Giebelspruch

O lieber Gott, mein Haus beschütz
vor Dieben, Wanzen, Sturm und Blitz.
Oh, halte fern vom Leibe mir
den Doktor und Gerichtsvollzieh'r.

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Gleichschaltung

Jeder fasse sich an seine eigne Neese,
jeder fege vor dem eigenen Portal.
Was des einen Veilchen, ist des andern Käse,
und im Himmel riechen alle ganz egal.

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Höhere Gewalt

Wenn Stürme brausen und Gewitter dräun,
gefährden sie zuerst des Turmes Spitze.
Der Maulwurfshügel drunten kann sich freun,
in einen Misthauf' schlagen keine Blitze.

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Mein Herrgott ist kein Bürokrat

Mein Herrgott ist kein Bürokrat,
verkalkt, verknöchert und veraltet,
der jedes Menschen Wort und Tat
notiert und Buch führt früh und spat
und streng darüber staatsanwaltet
Mein Herrgott wohnt in Wald und Flur.
Ich liebe ihn und seine Werke.
Er zeigt sich uns in der Natur,
sein Blitz, sein Sturm sind Zeichen nur
der Größe seiner Macht und Stärke.
Der Herrgott schuf die Menschen nicht
als arme und geduckte Sünder.
Er schenkte uns das Sonnenlicht,
dass wir ihm schauen ins Gesicht
als freie, frohe Menschenkinder.
Mein Herrgott ist kein Bürokrat,
er lebt in jeder Erdenkrume,
wenn aus ihr keimt die junge Saat.
Sein Geist uns von den Sternen naht,
aus jedem Baum und jeder Blume.

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Fred Endrikat (1890-1942) · Titel: 1 2 · Beliebteste

 

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