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Ferdinand von Saar (1833-1906) · Titel · Beliebteste

Alter

Das aber ist des Alters Schöne,
Dass es die Saiten reiner stimmt,
Dass es der Lust die grellen Töne,
Dem Schmerz den herbsten Stachel nimmt.

Ermessen lässt sich und verstehen
Die eig’ne mit der fremden Schuld,
Und wie auch rings die Dinge gehen,
Du lernst dich fassen in Geduld.

Die Ruhe kommt erfüllten Strebens,
Es schwindet des Verfehlten Pein -
Und also wird der Rest des Lebens
Ein sanftes Rückerinnern sein.

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Christnacht

Wieder mit Flügeln, aus Sternen gewoben,
Senkst du herab dich, o heilige Nacht;
Was durch Jahrhunderte Alles zerstoben –
Du noch bewahrst deine leuchtende Pracht!

Ging auch der Welt schon der Heiland verloren,
Der sich dem Dunkel der Zeiten entrang,
Wird er doch immer auf's neue geboren,
Nahst du, Geweihte, dem irdischen Drang.

Selig durchschauernd kindliche Herzen,
Bist du des Glaubens süßester Rest;
Fröhlich begangen bei flammenden Kerzen,
Bist du das schönste, das menschlichste Fest.

Leerend das Füllhorn beglückender Liebe,
Schwebst von Geschlecht zu Geschlecht du vertraut –
Wo ist die Brust, die verschlossen dir bliebe,
Nicht dich begrüßte mit innigstem Laut?

Und so klingt heut' noch das Wort von der Lippe,
Das einst in Bethlehem preisend erklang,
Strahlet noch immer die liebliche Krippe –
Tönt aus der Ferne der Hirten Gesang...

Was auch im Sturme der Zeiten zerstoben –
Senke herab dich in ewiger Pracht,
Leuchtende du, aus Sternen gewoben,
Frohe, harzduftende, heilige Nacht!

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Der du die Wälder färbst ...

Der du die Wälder färbst,
Sonniger, milder Herbst,
Schöner als Rosenblüh'n
Dünkt mir dein sanftes Glüh'n.

(Ausschnitt; zum kompletten Text.)

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Drahtklänge

Ihr dunklen Drähte, hingezogen
So weit mein Aug’ zur Ferne schweift,
Wie tönt ihr, wenn der Lüfte Wogen
In euch so wie in Saiten greift!

O welch’ ein seltsam leises Klingen,
Durchzuckt von schrillem Klagelaut,
Als hallte nach, was euren Schwingen
Zu raschem Flug ward anvertraut.

Als zitterten in euch die Schmerzen,
Als zitterte in euch die Lust,
Die ihr aus Millionen Herzen,
Verkündend, tragt von Brust zu Brust.

Und so, ihr wundersamen Saiten,
Wenn euch des Windes Hauch befällt,
Ertönt ihr in die stillen Weiten
Als Äolsharfe dieser Welt!

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Herbst

Der du die Wälder färbst,
Sonniger, milder Herbst,
Schöner als Rosenblüh'n
Dünkt mir dein sanftes Glüh'n.

Nimmermehr Sturm und Drang,
Nimmermehr Sehnsuchtsklang;
Leise nur atmest du
Tiefer Erfüllung Ruh'.

Aber vernehmbar auch
Klaget ein scheuer Hauch,
Der durch die Blätter weht:
Dass es zu Ende geht.

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Herbstgedichte

 
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Ostern

Ja, der Winter ging zur Neige,
holder Frühling kommt herbei,
lieblich schwanken Birkenzweige,
und es glänzt das rote Ei.

Schimmernd wehn die Kirchenfahnen
bei der Glocken Feierklang,
und auf oft betretnen Bahnen
nimmt der Umzug seinen Gang.

Nach dem dumpfen Grabchorale
tönt das Auferstehungslied,
und empor im Himmelsstrahle
schwebt er, der am Kreuz verschied.

So zum schönsten der Symbole
wird das frohe Osterfest,
dass der Mensch sich Glauben hole,
wenn ihn Mut und Kraft verlässt.

Jedes Herz, das Leid getroffen,
fühlt von Anfang sich durchweht,
dass sein Sehnen und sein Hoffen
immer wieder aufersteht!

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Wieder!

Wieder die ersten sonnigen Hauche,
Lockend hinaus vor die düstere Stadt;
Wieder am zitternden, treibenden Strauche
Die ersten Knospen, das erste Blatt.

Wieder auf leis' ergrünenden Hängen
Ersten Veilchens lieblicher Fund;
Wieder mit ersten Jubelgesängen
Hebt sich die Lerche vom scholligen Grund.

Werdenden Frühlings verkündende Zeichen,
Alte Genossen von Lust und Schmerz,
Ach, wie entzückt ihr, ihr ewig Gleichen,
Ewig auf's neue das Menschenherz!

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Ferdinand von Saar (1833-1906) · Titel · Beliebteste

 

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