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Erklärung
Für meine Augen bist du eine Murmel,
wie Kinder sie zum Spielen haben.
Für meine Arme bist du
ein belebter Gegenstand, der zittert.
In meiner Erinnerung bist du ein Tag am Meer
angefüllt mit einem gleichmäßigen Rauschen.
In der Gegenwart bist du eine Gärtnerin,
und deine Hände sind rau und voll Erde.
In der Zukunft bist du ein verplauderter
Nachmittag, der langsam dunkelt.
Auf meinen Fingerspitzen bist du eine Tänzerin
aus leichtem Papier, die Balance hält
über der Zeit.
In meinem Mund bist du die Zunge
und überall meine Frau.
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Mitternachtssonne
Langsam nimmt die Welt ab
und verschwindet.
Der Mond steigt noch einmal
in der Mitte des Himmels auf
und geht aus.
Die Mitternachtssonne
ist nicht sichtbar. Sie ist
eine nicht vorhandene Sonne,
genauso wie wir nicht
vorhanden sind. Genau wie ich
nicht sagen kann, ob ich
ein Stück deiner erotischen
Fantasie bin oder was sonst.
Wenn freilich aus dem Raum
hinter deinen Augen
der erleuchtete Mond vortritt,
sich auf deiner Stirn niederlässt,
wenn dein offener Mund
eine lebendige Zunge preisgibt,
sind eine Zeit lang alle
nicht vorhandenen Dinge
ganz wirklich.
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Spiegelung
Ich gehe, bis an den Rand der Dunkelheit gehe ich,
ein bitterer Kelch, öffne und schließe mich.
Wie eine Muschel atme ich Welt ein und aus,
gehe durch mich hindurch.
Ich trinke mich selber aus,
Dunkelheit um Dunkelheit.
Ich erkenne mich als Bild im Spiegel,
das sich als Bild im Spiegel betrachtet,
Bild um Bild, immer kleiner, immer tiefer.
Im Spiegel betrete ich eines meiner Abbilder
nach dem andern, häute mich
und komme mir selbst nicht näher:
Ich verschlinge mich.
Bild um Bild
brauche ich auf.
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