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Abschied
(kurz vor der Abfahrt zum Kriegsschauplatz)
Vorm Sterben mache ich noch mein Gedicht.
Still, Kameraden, stört mich nicht.
Wir ziehn zum Krieg. Der Tod ist unser Kitt.
O, heulte mir doch die Geliebte nit.
Was liegt an mir. Ich gehe gerne ein.
Die Mutter weint. Man muß aus Eisen sein.
Die Sonne fällt zum Horizont hinab.
Bald wirft man mich ins milde Massengrab.
Am Himmel brennt das brave Abendrot.
Vielleicht bin ich in dreizehn Tagen tot.
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An Frida
Zwischen uns sind Wände Trennung.
Spinnetze Sonderbares.
Doch oft fliege ich schmal in meiner sinkenden
Händeringenden Stube, ein blutender Piepmatz.
Wärst du da.
Ich bin so ermordet.
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Aschermittwoch
Gesten noch ging ich gepudert und süchtig
In der vielbunten tönenden Welt.
Heute ist alles schon lange ersoffen.
Hier ist ein Ding.
Dort ist ein Ding.
Etwas sieht so aus.
Etwas sieht anders aus.
Wie leicht pustet einer die ganze
Blühende Erde aus.
Der Himmel ist kalt und blau.
Oder der Mond ist gelb und platt.
Ein Wald hat viele einzelne Bäume.
Ist nichts mehr zum Weinen.
Ist nichts mehr zum Schreien.
Wo bin ich -
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Capriccio
So will ich sterben:
Dunkel ist es. Und es hat geregnet.
Doch du spürst nicht mehr den Druck der Wolken,
Die da hinten noch den Himmel hüllen
In sanften Sammet.
Alle Straßen fließen, schwarze Spiegel,
An den Häuserhaufen, wo Laternen,
Perlenschnüre, leuchtend hängen.
Und hoch oben fliegen tausend Sterne,
Silberne Insekten, um den Mond –
Ich bin inmitten. Irgendwo. Und blicke
Versunken und sehr ernsthaft, etwas blöde,
Doch ziemlich überlegen auf die raffinierten,
Himmelblauen Beine einer Dame,
Während mich ein Auto so zerschneidet,
Dass mein Kopf wie eine rote Murmel
Ihr zu Füßen rollt ...
Sie ist erstaunt. Und schimpft dezent. Und stößt ihn
Hochmütig mit dem zierlich hohen Absatz
Ihres Schuhchens
In den Rinnstein –
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Der Türke
Ein ganz und gar perverser Türke kaufte sich
Aus Trauer über den erst jüngst erfolgten Tod
Der fetten Fatme, seines Lieblingsweibes,
Bei seinem Mädchenhändler zwei noch ziemlich gut erhaltne –
Man kann fast sagen: beinah nagelneue –
Und eben frisch aus Frankreich importierte,
Ehemalge Mannequins.
Als er sie hatte, sang er, sich zur Feier:
Setzt euch doch auf meine Schenkel.
Fasset mich um meine Lenden.
Streichelt mit den süßen Zungen
Mir die weinerlichen Wangen.
Ach, ihr habt so schön geschmückte
Augen und so helle Hände,
Müdeste von meinen Frauen,
Und so lange, laue Beine.
Morgen kauf ich sechs Paar neue
Strümpfe euch aus dünnster Seide
Und dazu ganz kleine schwarze
Sammetschuhchen.
Und am Abend sollt ihr tanzen
Ganz verlogne, weiche Tänze
In den kleinen Sammetschuhchen
Und den neuen seidnen Strümpfen.
In dem Garten. Vor der Sonne.
Dicht am Wasser.
Doch zur Nacht lass ich euch peitschen
Von vier lächelnden Eunuchen.
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Der Winter
Von einer Brücke schreit vergrämt ein Hund
Zum Himmel ... der wie alter grauer Stein
Auf fernen Häusern steht. Und wie ein Tau
Aus Teer liegt auf dem Schnee ein toter Fluss.
Drei Bäume, schwarzgefrorne Flammen, drohn
Am Ende aller Erde. Stechen scharf
Mit spitzen Messern in die harte Luft,
In der ein Vogelfetzen einsam hängt.
Ein paar Laternen waten zu der Stadt,
Erloschne Leichenkerzen. Und ein Fleck
Aus Menschen schrumpft zusammen und ist bald
Ertrunken in dem schmählich weißen Sumpf.
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Die Dämmerung
Ein dicker Junge spielt mit einem Teich.
Der Wind hat sich in einem Baum gefangen.
Der Himmel sieht verbummelt aus und bleich,
Als wäre ihm die Schminke ausgegangen.
Auf lange Krücken schief herabgebückt
Und schwatzend kriechen auf dem Feld zwei Lahme.
Ein blonder Dichter wird vielleicht verrückt.
Ein Pferdchen stolpert über eine Dame.
An einem Fenster klebt ein fetter Mann.
Ein Jüngling will ein weiches Weib besuchen.
Ein grauer Clown zieht sich die Stiefel an.
Ein Kinderwagen schreit und Hunde fluchen.
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Ein Nebel hat die Welt...
Ein Nebel hat die Welt so weich zerstört.
Blutlose Bäume lösen sich in Rauch.
Und Schatten schweben, wo man Schreie hört.
Brennende Biester schwinden hin wie Hauch.
(Ausschnitt; zum kompletten Text.)
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Erotisches Variété
Auf offner Straße in der Nacht
Entkleidet sich ein Kneipenwirt.
Ein Ingenieur ist aufgebracht,
Der sich bei seinem Weib verirrt.
Nach gleichgesinnten Viechern schielt
Ein homosexueller Hund.
Ein Greis, der mit sich selber spielt,
Merkt: Allzuviel ist ungesund.
In schmutzig grüner Tunke hockt
Ein blauer Syphilitiker.
Ein Boxer bebt. Ein Baby bockt.
Verstiert fault ein Zylinderherr.
Ein Auto bringt ein Fräulein um.
Ein Junge bricht ein Mädchen an.
Verbittert ist ein Mensch. Warum?
Weil er nicht coitieren kann.
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Gebet vor der Schlacht
Inbrünstig singt die Mannschaft, jeder für sich:
Gott, behüte mich vor Unglück,
Vater, Sohn und heiliger Geist,
Dass mich nicht Granaten treffen,
Dass die Luder, unsre Feinde,
Mich nicht fangen, nicht erschießen,
Dass ich nicht wie'n Hund verrecke
Für das teure Vaterland.
Sieh, ich möchte gern noch leben,
Kühe melken, Mädchen stopfen
Und den Schuft, den Sepp, verprügeln,
Mich noch manches Mal besaufen
Bis zu meinem selgen Ende.
Sieh, ich bete gut und gerne
Täglich sieben Rosenkränze,
Wenn du, Gott, in deiner Gnade
Meinen Freund, den Huber oder
Meier, tötest, mich verschonst.
Aber muss ich doch dran glauben,
Lass mich nicht zu schwer verwunden.
Schick mir einen leichten Beinschuss,
Eine kleine Armverletzung,
Dass ich als ein Held zurückkehr,
Der etwas erzählen kann.
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In den Abend
Aus krummen Nebeln wachsen Köstlichkeiten.
Ganz winzge Dinge wurden plötzlich wichtig.
Der Himmel ist schon grün und undurchsichtig
Dort hinten, wo die blinden Hügel gleiten.
Zerlumpte Bäume strolchen in die Ferne.
Betrunkne Wiesen drehen sich im Kreise,
Und alle Flächen werden grau und weise ...
Nur Dörfer hocken leuchtend: rote Sterne –
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Liebeslied
Helle Länder sind deine Augen.
Vögelchen sind deine Blicke,
Zierliche Winke aus Tüchern beim Abschied.
In deinem Lächeln ruh ich wie in spielenden Booten.
Deine kleinen Geschichten sind aus Seide.
Ich muss dich immer ansehen.
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Mädchen
Sie halten den Abend der Stuben nicht aus.
Sie schleichen in tiefe Sternstraßen hinaus.
Wie weich ist die Welt im Laternenwind!
Wie seltsam summend das Leben zerrinnt..
Sie laufen an Gärten und Häusern vorbei,
Als ob ganz fern ein Leuchten sei,
Und sehen jeden lüsternen Mann
Wie einen süßen Herrn Heiland an.
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Man hat mich glücklich eingesperrt ...
Man hat mich glücklich eingesperrt,
Dran ist mir nichts gelegen,
Und für total verrückt erklärt
Des Dichtens nämlich wegen.
Denn erstens dicht' ich unerlaubt,
Grob und unmanierlich.
Und zweitens dicht' ich überhaupt
Und drittens zu natürlich.
Und viertens dicht' ich viel zu viel
Und viel zu atheistisch.
Und fünftens sei mein ganzer Stil
Sozusagen mystisch.
Und sechstens sei die Poesie
Von mir durchaus entbehrlich.
Und endlich sei ich ein Genie
Und auch noch sonst gefährlich.
Und achtens sei ich nicht von hier
Und fürchterlich versoffen.
Und deshalb, neuntens, stände mir
Die Gummizelle offen.
Das Urteil ließ mich völlig kalt.
Was sollt' mir denn passieren?
Ganz nett ist dort der Aufenthalt.
Man kann sich konzentrieren.
Die Gummizelle hat Kultur,
Das lässt sich nicht verhehlen.
Was mich betrifft – ich kann sie nur
Zum Dichten sehr empfehlen.
Rein kommt man doch, 's fragt sich nur wann.
Doch eins ist zu beklagen:
Der alte Zellenwärter kann
Das Reimen nicht vertragen.
Denn fange ich zu reimen an,
Dann wird er ungemütlich
Und ruft empört, der alte Mann:
»Nun sein Sie doch bloß friedlich!«
Drum schreib ich Ungereimtes meist
In der Gummizelle
Und was ich sonst mir etwas dreist
Von der Seele pelle.
Auch diese Verse tat ich da
Mir aus der Seele lutschen.
Wem's nicht behagt, der kann mir ja
Den Buckel runterrutschen.
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Nächtliches Abenteuer
Ging da neulich über den Potsdamer Platz
Um 1 Uhr nachts ein allerliebster Fratz.
Ich sprach die Kleine an mit frecher Stirne:
„3 Mark mein Schatz?"
Sagte, sie sei empört
Und finde so etwas unerhört,
Und sagte, sie sei keine Dirne
Und es sei ihr etwas wert, ihr Name,
Und sie sei eine anständige Dame
Und sie gäbe sich nicht für 3 Mark her
Und sie nähme mehr.
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