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Augusta Burchardt-Nienstein (1855-?)
Knecht Ruprechts Stoßseufzer
Soviel hundert Jahre lang
Geh ich schon den Weihnachtsgang,
Um mit Gaben, gut und fein,
Erdenkinder zu erfreun.
Aber jetzt — potz Hagelstern ! —
Wird die Welt mir zu modern.
Hat man mir ins freie Feld
Gar ein Telephon gestellt,
Trägt mir drauf in wirrem Chor
Hunderttausend Wünsche vor.
Klingelingling — o, was für Sachen! —
Soll ich weinen, soll ich lachen?...
Was nur Menschengeist ersinnt,
Wünscht zum Spiel das Großstadtkind:
Autodroschken, Phonographen,
Luftschiff, Fahrrad, Flotte, Hafen,
Zauberkästen, Schreibmaschinen,
Uhrwerkspuppen, Treibmaschinen...
Alles nur mit Kniff und Pfiff,
Hebel, Kurbel, Rad und Griff...
Jedes Spielzeug, — ist es möglich! —
Wünscht man lebend und beweglich.
Und die Tannen will man heuer
Gar mit buntem Glühlichtfeuer. —
Lirum, larum, dummer Schnack!
Das steckt nicht in meinem Sack!
Kinder, kindlich und bescheiden,
Die nur kann Knecht Ruprecht leiden.
Wird ihm so sein Amt erschwert,
Macht der Alte schleunigst kehrt,
Zieht mit seinem schlichten Kram
Grollend fort, woher er kam.
Menschen, die das Echte ehren
Wird er doppelt einbescheren:
Einen Zentner Heiterkeit,
Einen Sack Zufriedenheit,
Hundert Perlenschnüre Lachen,
Die das Ärmste kostbar machen...
Ein Familienfässlein Kraft,
Dass man frisch sein Tagwerk schafft,
Einen Maßkrug Selbstvertraun,
Einen Kelch voll Gottvertraun...,
Dann erst heißt es fern und nah:
„Weihnacht, kling, klang, Gloria!"
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Paula Dehmel (1862-1918)
Sankt Niklas' Auszug
Sankt Niklas zieht den Schlafrock aus,
klopft seine lange Pfeife aus
und sagt zur heiligen Kathrein:
Öl mir die Wasserstiefel ein,
bitte hol auch den Knotenstock
vom Boden und den Fuchspelzrock,
die Mütze lege oben drauf,
und schütte dem Esel tüchtig auf,
halt auch sein Sattelzeug bereit;
wir reisen, es ist Weihnachtszeit.
Und dass ich's nicht vergess, ein Loch
ist vorn im Sack, das stopfe noch!
Ich geh derweil zu Gottes Sohn
und hol mir meine Instruktion.
Die heilige Käthe, sanft und still,
tut alles, was Sankt Niklas will.
Der klopft indes beim Herrgott an,
Sankt Peter hat ihm aufgetan
und sagt: Grüß Gott! wie schaut's denn aus?
und führt ihn ins himmlische Werkstättenhaus.
Da sitzen die Englein an langen Tischen,
ab und zu Feen dazwischen,
die den kleinsten zeigen, wie's zu machen,
und weben und kleben die niedlichsten Sachen,
hämmern und häkeln, schnitzen und schneidern,
fälteln die Stoffe zu zierlichen Kleidern,
packen die Schachteln, binden sie zu
und haben so glühende Bäckchen wie Du.
Herr Jesus sitzt an seinem Pult
und schreibt mit Liebe und Geduld
eine lange Liste. Potz Element,
wieviel artige Kinder Herr Jesus kennt!
Die sollen die schönen Engelsgaben
zu Weihnachten haben.
Was fertig ist, wird eingepackt
und auf das Eselchen gepackt.
Sankt Niklas zieht sich recht warm an;
Kinder, er ist ein alter Mann,
und es fängt tüchtig an zu schnein,
da muss er schon vorsichtig sein.
So geht es durch die Wälder im Schritt,
manch Tannenbäumchen nimmt er mit;
und wo er wandert, bleibt im Schnee
manch Futterkörnchen für Hase und Reh.
Aus Haus und Hütte strahlt es hell,
da hebt er dem Esel den Sack vom Fell,
macht leise alle Türen auf,
jubelnd umdrängt ihn der kleine Hauf:
Sankt Niklas, Sankt Niklas,
was hast du gebracht?
was haben die Englein
für uns gemacht?
»Schön Ding, gut Ding,
aus dem himmlischen Haus;
langt in den Sack! holt euch was raus!«
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Kurt Tucholsky (1890-1935)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/kurt_tucholsky.php
Weihnachten
Nikolaus der Gute
kommt mit einer Rute,
greift in seinen vollen Sack –
dir ein Päckchen – mir ein Pack.
Ruth Maria kriegt ein Buch
und ein Baumwolltaschentuch,
Noske einen Ehrensäbel
und ein Buch vom alten Bebel,
sozusagen zur Erheiterung,
zur Gelehrsamkeitserweiterung ...
Marloh kriegt ein Kaiserbild
und nen blanken Ehrenschild.
Oberst Reinhard kriegt zum Hohn
die gesetzliche Pension ...
Tante Lo, die, wie ihr wisst,
immer, immer müde ist,
kriegt von mir ein dickes Kissen. –
Und auch hinter die Kulissen
kommt der gute Weihnachtsmann:
Nimmt sich mancher Leute an,
schenkt da einen ganzen Sack
guten alten Kunstgeschmack.
Schenkt der Orska alle Rollen
Wedekinder, kesse Bollen –
(Hosenrollen mag sie nicht:
dabei sieht man nur Gesicht ...).
Der kriegt eine Bauerntruhe,
Fräulein Hippel neue Schuhe,
jener hält die liebste Hand –
Und das Land? Und das Land?
Bitt ich dich, so sehr ich kann:
Schenk ihm Ruhe – lieber Weihnachtsmann!
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Gerhard P. Steil (geb. 1952)
Nikolaus und die Weihnachtsmaus
Der Nikolaus, so steht zu lesen,
sei stets ein alter Mann gewesen.
Was irrig zu der Meinung führte,
dass jener nie die Liebe spürte.
Jedoch ich traf vor ein paar Jahren,
in Ruprechts Bar beim 10. Klaren,
den guten alten Santa Klaus
beschwipst mit einer Weihnachtsmaus.
Und jeder, der die Maus gesehen,
der konnte Nikolaus verstehen.
Sie war der Typ von Weihnachtsbraut,
die jeden Mann vom Schemel haut.
Der Nikolaus, schon leicht betrunken,
war tief in ihrem Blick versunken
und trug die kleine Weihnachtsmaus
behutsam in die Nacht hinaus.
Was hinterher jedoch passiert
weiß nicht einmal der Kneipenwirt.
Denn Nikolaus mit seiner Braut
hat nie mehr bei ihm reingeschaut.
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Hans Retep (geb. 1956)
www.ziemlichkraus.de/hans-retep/nikolausgedichte.php
Als beim Nikolaus der Bart ab war
Ja, der kleine Peter, der ist schlau,
kennt den guten Nikolaus genau.
Als er schaut ins weiße Bartgesicht,
er zum Alten ohne Zögern spricht:
Nikolaus, du kluger, weiser Mann,
hör mich bitte ganz kurz an.
Brav war ich das liebe, lange Jahr,
hast für mich Geschenke da?
Und was sagt der Nikolaus dazu?
Fein, mein Kind, Geschenke gibt’s im Nu.
Doch dein Lob ist dir so rasch enteilt,
sag mir, hast du Gaben stets geteilt?
Aber ja, ruft Peter blitzeschnell
und in seinen Augen leuchtet’s grell,
alle Prügel, die mir Papa gab,
gab ich meiner Schwester ab.
Drauf der Nikolaus ist wutentbrannt,
reißt den Bart ab, nimmt die Rut zur Hand,
drischt den Peter bis der Stecken bricht,
schreit: Du falscher Hund! Ich schlag dich nicht!
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Volkstümlich
Nikolaus, sei unser Gast...
Nikolaus, sei unser Gast,
wenn du was im Sacke hast.
Hast du was, so lass dich nieder,
hast du nichts, so pack dich wieder!
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Volkstümlich
Sankt Niklas, komm in unser Haus...
Sankt Niklas, komm in unser Haus,
leer deine großen Taschen aus,
stell dein Esel auf den Mist,
dass er Heu und Hafer frisst.
Heu und Hafer frisst er nicht,
Zuckerbrezel kriegt er nicht.
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unbekannt
Ruprecht, Ruprecht, guter Gast...
Ruprecht, Ruprecht, guter Gast
Hast du mir was mitgebracht?
Hast du was, dann setz dich nieder,
Hast du nichts, dann geh nur wieder.
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unbekannt
Lieber, guter Nikolaus...
Lieber, guter Nikolaus,
lösch uns unsre Fünfen aus,
mache lauter Einsen draus,
bist ein braver Nikolaus!
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aus Frankfurt
Herr Nikolas, Herr Nikolas...
Herr Nikolas, Herr Nikolas,
bring mir zum sechsten Dezember was!
Ich stell des Vaters Schuh vors Fenster,
den meinen fand ich viel zu klein.
Gelt, Nikolaus, du tust was hinein?
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