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Petra Friedel (geb. 1963)
Heiligabend
Der Abend naht mit schnellen Schritten,
schon schleicht die Dämmerung ums Haus.
Und vor dem Tor der alte Schlitten
sieht stillvergnügt und müde aus,
als wollte er mir gleich erzählen,
wie schön sein Tag doch heute war!
Das Jubeln kleiner Kinderseelen
scheint noch zu klingen, hell und klar.
Ganz sacht und leis', in dicken Flocken,
legt weiße Unschuld sich aufs Land,
es tanzen Sternchen, die frohlocken:
Du bist im Winterwunderland!
Die Häuserfenster, eins ums and're,
erhellt nun Kerzenlicht - und dann,
indes ich durch die Gassen wand're,
fängt tief im Herzen Weihnacht an.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
peter stein graf von gereuth (geb. 1950), www.einfach-pit.de
von Zeit zu Zeit hab ich den Alten gern
von Zeit zu Zeit hab ich den Alten gern
er bringt mir Nüsse Mandelkern
leider nur in der Winterzeit
wenn die Weihnacht nicht mehr weit
leise rieselt Schnee hernieder
von fern Glocken klingen
wenn Engel schöne Lieder singen
dann ist wirklich Weihnachtszeit
und die Menschen sind bereit
die Botschaft der Heiligen Nacht
zu empfangen mit all der Pracht -
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Otto Julius Bierbaum (1865-1910)
Weihnachtsfeier
Berge und Wälder und Wiesen und See:
Schnee und Nebel, Nebel und Schnee;
Nieder der Himmel, farblos und fahl;
War er denn heiter und hoch einmal?
Hockende Krähen auf kahlem Geäst, -
Das ist des blutwarmen Lebens der Rest?
Siehe, die Sonne versinkt hinterm See:
Bronzegold taut auf dem glitzernden Schnee,
Taut und verfließt in das flockige Weiß, -
Rundum umstarrt mich lebloses Eis.
Dampfende Nebel umhüllen mich dicht,
Wehen wie Hasshauch mir nass ins Gesicht.
Stechen nicht Augen hervor aus dem Grau,
Augen der lieblosen alten Frau,
Die in der knochigen Hand zurück
Grausam mir hält mein bangsüßes Glück?
Nein doch und nein! Ein lieberes Licht
Lacht mir aus Nebelgrau hell ins Gesicht:
"G'rannt bin i schnell wie der Wind übern Schnee!"
- Mädel, oh du meine Weihnachtsfee!
Schmiegt sie sich an mich dicht und bang,
Wandern wir wortlos im Glockenklang,
Wandern durch Nebel und Nacht und Wind,
Weint an der Brust mir leise das Kind,
Weint, dss getrennt wir müssen, allein,
In der heiligen Weihenacht sein.
Küss ich die Tränen ihr lind vom Gesicht:
Weine nicht, Mädel, geh, weine nicht!
Zündet heut Andern der Liebesmann
Flimmernde Christkindlkerzen an,
Hat er in unseren Herzen entfacht
Eine ewige Weihenacht.
Sind wir auch heute Abend getrennt,
Doch uns im Herzen ein Christbaum brennt.
Dir aus dem Auge ja lacht sein Schein,
Nein doch, du Meine, wir sind nicht allein.
Trag ich dein Herz ja in meiner Brust,
Du auch das meine tragen musst.
Froh mir ein hellwarmes Lächeln dankt,
Fest mich ihr rundvoller Arm umrankt,
Tief saugt ihr Blick sich in meinen ein:
"Nein, oh du Meiner, wir sind nicht allein."
Wandern zurück wir durch Nebel und Wind,
Lacht an der Seite mir selig das Kind.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Victor Blüthgen (1844-1920)
Nun wandelt auf verschneiten Wegen...
Nun wandelt auf verschneiten Wegen
die Friedensbotschaft durch die Welt;
aus Ewigkeit ein lichter Segen
in das Gewühl des Tages fällt.
Schon blinkt die Nacht, die Glocken schwingen,
und willig macht die Menschheit halt;
das wilde Drängen, Hasten, Ringen
entschläft; der wüste Lärm verschallt.
Ein Opferduft aus Tannenzweigen,
ein Wunderbaum mit Sternenpracht,
und um den Baum ein Jubelreigen -
das ist das Fest, von Gott gemacht.
O holder Traum, lass dich genießen:
dass alles glücklich, gut und fromm!
Dann mag die Seligkeit zerfließen,
der alte Kampfplatz winken: Komm!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Joseph von Eichendorff (1788-1857)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/eichendorff.php
Weihnachten
Markt und Straßen stehn verlassen,
Still erleuchtet jedes Haus,
Sinnend geh ich durch die Gassen,
Alles sieht so festlich aus.
An den Fenstern haben Frauen
Buntes Spielzeug fromm geschmückt,
Tausend Kindlein stehn und schauen
Sind so wunderstill beglückt.
Und ich wandre aus den Mauern
Bis hinaus ins freie Feld,
Hehres Glänzen, heil'ges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!
Sterne hoch die Kreise schlingen,
Aus des Schnees Einsamkeit
Steigt's wie wunderbares Singen -
O du gnadenreiche Zeit!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Gustav Falke (1853-1916)
Weihnachtswunder
Durch den Flockenfall
klingt süßer Glockenschall,
ist in der Winternacht
ein süßer Mund erwacht.
Herz, was zitterst du
den süßen Glocken zu?
Was rührt den tiefen Grund
dir auf der süße Mund?
Was verloren war,
du meintest, immerdar,
das kehrt nun all zurück,
ein selig Kinderglück.
O du Nacht des Herrn
mit deinem Liebesstern,
aus deinem reinen Schoß
ringt sich ein Wunder los.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Gustav Falke (1853-1916)
Weihnacht
Zeit der Weihnacht, immer wieder
rührst du an mein altes Herz,
führst es fromm zurück
in sein früh’stes Glück,
kinderheimatwärts.
Sterne leuchten über Städte,
über Dörfer rings im Land.
Heilig still und weiß
liegt die Welt im Kreis
unter Gottes Hand.
Kinder singen vor den Türen:
"Stille Nacht, heilige Nacht!"
Durch die Scheiben bricht
hell ein Strom von Licht,
aller Glanz erwacht.
Und von Turm zu Turm ein Grüßen,
und von Herz zu Herz ein Sinn,
und die Liebe hält
aller Welt
ihre beiden Hände hin.
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Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/goethe.php
Weihnachten
Bäume leuchtend, Bäume blendend,
Überall das Süße spendend,
In dem Glanze sich bewegend,
Alt und junges Herz erregend -
Solch ein Fest ist uns bescheret,
Mancher Gaben Schmuck verehret;
Staunend schaun wir auf und nieder,
Hin und her und immer wieder.
(gekürzt)
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Arno Holz (1863-1929)
Und wieder nun lässt aus dem Dunkeln...
Und wieder nun lässt aus dem Dunkeln
Die Weihnacht ihre Sterne funkeln!
Die Engel im Himmel hört man sich küssen
Und die ganze Welt riecht nach Pfeffernüssen...
So heimlich war es die letzten Wochen,
Die Häuser nach Mehl und Honig rochen,
Die Dächer lagen dick verschneit
Und fern, noch fern schien die schöne Zeit.
Man dachte an sie kaum dann und wann.
Mutter teigte die Kuchen an
Und Vater, dem mehr der Lehnstuhl taugte,
Saß daneben und las und rauchte.
Da plötzlich, eh man sich's versah,
Mit einem Mal war sie wieder da.
Mitten im Zimmer steht nun der Baum!
Man reibt sich die Augen und glaubt es kaum ...
Die Ketten schaukeln, die Lichter wehn,
Herrgott, was gibt's da nicht alles zu sehn!
Die kleinen Kügelchen und hier
Die niedlichen Krönchen aus Goldpapier!
Und an all den grünen, glitzernden Schnürchen
All die unzähligen, kleinen Figürchen:
Mohren, Schlittschuhläufer und Schwälbchen,
Elefanten und kleine Kälbchen,
Schornsteinfeger und trommelnde Hasen,
Dicke Kerle mit roten Nasen,
Reiche Hunde und arme Schlucker
Und Alles, Alles aus purem Zucker!
Ein alter Herr mit weißen Bäffchen
Hängt grade unter einem Äffchen.
Und hier gar schält sich aus seinem Ei
Ein kleiner, geflügelter Nackedei.
Und oben, oben erst in der Krone!!
Da hängt eine wirkliche, gelbe Kanone
Und ein Husarenleutnant mit silbernen Tressen -
Ich glaube wahrhaftig, man kann ihn essen!
In den offenen Mäulerchen ihre Finger,
Stehn um den Tisch die kleinen Dinger,
Und um die Wette mit den Kerzen
Puppern vor Freuden ihre Herzen.
Ihre großen, blauen Augen leuchten,
Indes die unsern sich leise feuchten.
Wir sind ja leider schon längst "erwachsen",
Uns dreht sich die Welt um andre Achsen
Und zwar zumeist um unser Büro.
Ach, nicht wie früher mehr macht uns froh
Aus Zinkblech eine Eisenbahn,
Ein kleines Schweinchen aus Marzipan.
Eine Blechtrompete gefiel uns einst sehr,
Der Reichstag interessiert uns heut mehr;
Auch sind wir verliebt in die Regeldetri
Und spielen natürlich auch Lotterie.
Uns quälen tausend Siebensachen.
Mit einem Wort, um es kurz zu machen,
Wir sind große, verständige, vernünftige Leute!
Nur eben heute nicht, heute, heute!
Über uns kommt es wie ein Traum,
Ist nicht die Welt heut ein einziger Baum,
An dem Millionen Kerzen schaukeln?
Alte Erinnerungen gaukeln
Aus fernen Zeiten an uns vorüber
Und jede klagt: Hinüber, hinüber!
Und ein altes Lied fällt uns wieder ein:
O selig, o selig, ein Kind noch zu sein!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Gottfried Keller (1819-1890)
Christmarkt vor dem Berliner Schloss
Welch lustiger Wald um das hohe Schloss
hat sich zusammengefunden,
ein grünes, bewegliches Nadelgehölz,
von keiner Wurzel gebunden!
Anstatt der warmen Sonne scheint
das Rauschgold durch die Wipfel;
hier zurückt man Kuchen, dort brät man Wurst,
das Rüchlein zieht an die Gipfel.
Es ist ein fröhliches Leben im Wald,
das Volk erfüllet die Räume;
die nie mit Tränen ein Reis gepflanzt,
die fällen am frohesten die Bäume.
Der eine kauft ein bescheidnes Gewächs
zu überreichen Geschenken,
der andre einen gewaltigen Strauch,
drei Nüsse daran zu henken.
Dort feilscht um ein winziges Kieferlein
ein Weib mit scharfen Waffen;
der dünne Silberling soll zugleich
den Baum und die Früchte verschaffen.
Mit rosiger Nase schleppt der Lakai
die schwere Tanne von hinnen;
das Zöfchen trägt ein Leiterchen nach,
zu ersteigen die grünen Zinnen.
Und kommt die Nacht, so singt der Wald
und wiegt sich im Gaslichtscheine;
bang führt die ärmste Mutter ihr Kind
vorüber dem Zauberhaine.
Einst sah ich einen Weihnachtsbaum:
im düstern Bergesbanne
stand reifbezuckert auf dem Grat
die alte Wettertanne.
Und zwischen den Ästen waren schön
die Sterne aufgegangen;
am untersten Ast sah man entsetzt
die alte Wendel hangen.
Hell schien der Mond ihr ins Gesicht,
das festlich still verkläret;
weil auf der Welt sie nichts besaß,
hatt´ sie sich selbst bescheret.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Hermann von Lingg (1820-1905)
Die weiße Weihnachtsrose
Wenn über Wege tiefbeschneit
der Schlitten lustig rennt,
im Spätjahr in der Dämmerzeit,
die Wochen im Advent,
wenn aus dem Schnee das junge Reh
sich Kräuter sucht und Moose,
blüht unverdorrt im Frost noch fort
die weiße Weihnachtsrose.
Kein Blümchen sonst auf weiter Flur;
in ihrem Dornenkleid
nur sie, die niedre Distel nur
trotz allem Winterleid;
das macht, sie will erwarten still,
bis sich die Sonne wendet,
damit sie weiß, dass Schnee und Eis
auch diesmal wieder endet.
Doch ist's geschehn, nimmt fühlbar kaum
der Nächte Dunkel ab,
dann sinkt mit einem Hoffnungstraum
auch sie zurück ins Grab.
Nun schläft sie gern; sie hat von fern
des Frühlings Gruß vernommen,
und o wie bald wird glanzumwallt
er sie zu wecken kommen.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Jakob Loewenberg (1856-1929)
An der Straßenecke
An der Straßenecke, in der Häuser Gedränge,
in der Großstadt wogender Menschenmenge,
inmitten von Wagen, Karren, Karossen
ist heimlich ein Märchenwald entsprossen,
von leisem Glockenklingen durchhallt:
von Weihnachtsbäumen ein Tannenwald.
Da hält ein Wagen, ein Diener steigt aus
und nimmt den größten Baum mit nach Haus.
Ein Mütterchen kommt, und prüft und wägt,
bis endlich den rechten sie heimwärts trägt.
Verloren zur Seite ein Stämmchen stand,
das fasste des Werkmanns ruhige Hand.
So sah ich einen Baum nach den andern
in Schloss und Haus und Hütte wandern,
und schimmernd zog mit jedem Baum
ein duftiger, glänzender Märchentraum. -
Frohschaukelnd auf der Zweige Spitzen
schneeweißgeflügelte Englein sitzen.
Die einen spielen auf Zinken und Flöten,
die andern blasen die kleinen Trompeten,
die wiegen Puppen, die tragen Konfekt,
die haben Bleisoldaten versteckt,
die schieben Puppentheaterkulissen,
die werfen sich mit goldenen Nüssen,
und ganz zuhöchst, in der Hand einen Kringel,
steht triumphierend ein pausbackiger Schlingel.
Da tönt ein Singen, ein Weihnachtsreigen -
verschwunden sind alle zwischen den Zweigen.
Am Tannenbaum hängt, was in Händen sie trugen.
Ein Jubelschrei schallt; und von unten lugen
mit Äuglein, hell wie Weihnachtslichter,
glückselig lachende Kindergesichter.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898)
Weihnacht in Ajaccio
Reife Goldorangen fallen sahn wir heute, Myrte blühte,
Eidechs glitt entlang der Mauer, die von Sonne glühte.
Uns zu Häupten neben einem morschen Laube flog ein Falter -
Keine herbe Grenze scheidet Jugend hier und Alter.
Eh das welke Blatt verweht ist, wird die Knospe neu geboren -
Eine liebliche Verwirrung, schwebt der Zug der Horen.
Sprich, was träumen deine Blicke? Fehlt ein Winter dir, ein bleicher?
Teures Weib, du bist um einen lichten Frühling reicher!
Liebst du doch die langen Sonnen und die Kraft und Glut der Farben!
Und du sehnst dich nach der Heimat, wo sie längst erstarben?
Horch! durch paradieseswarme Lüfte tönen Weihnachtsglocken!
Sprich, was träumen deine Blicke? Von den weißen Flocken?
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Rainer Maria Rilke (1875-1926)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/rilke.php
Es gibt so wunderweiße Nächte...
Es gibt so wunderweiße Nächte,
drin alle Dinge silbern sind.
Da schimmert mancher Stern so lind,
als ob er fromme Hirten brächte
zu einem neuen Jesuskind.
Weit wie mit dichtem Demantstaube
bestreut, erscheinen Flur und Flut,
und in die Herzen, traumgemut,
steigt ein kapellenloser Glaube,
der leise seine Wunder tut.
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Joachim Ringelnatz (1883-1934)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/ringelnatz.php
Vorfreude auf Weihnachten
Ein Kind - von einem Schiefertafel-Schwämmchen
Umhüpft - rennt froh durch mein Gemüt.
Bald ist es Weihnacht! - Wenn der Christbaum blüht,
Dann blüht er Flämmchen.
Und Flämmchen heizen. Und die Wärme stimmt
Uns mild. - Es werden Lieder, Düfte fächeln. –
Wer nicht mehr Flämmchen hat, wem nur noch Fünkchen glimmt,
Wird dann doch gütig lächeln.
Wenn wir im Traume eines ewigen Traumes
Alle unfeindlich sind - einmal im Jahr! -
Uns alle Kinder fühlen eines Baumes.
Wie es sein soll, wie’s allen einmal war.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~