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Christliche Weihnachtsgedichte – Dichter 1 2 · Titel 1 2 · Beliebteste · Neueste

Nikolaus Lenau (1802-1850)

Weihnacht

O Nacht des Mitleids und der Güte,
die auf Judäa niedersank,
als einst der Menschheit sieche Blüte
den frischen Tau des Himmels trank!

O Weihnacht! Weihnacht! höchste Feier!
Wir fassen ihre Wonne nicht,
sie hüllt in ihre heil'gen Schleier
das seligste Geheimnis dicht.

Denn zöge jene Nacht die Decken
vom Abgrund uns der Liebe auf,
wir stürben vor entzücktem Schrecken,
eh' wir vollbracht den Erdenlauf. -

Der Menschheit schmachtendes Begehren
nach Gott; die Sehnsucht, tief und bang,
die sich ergoss in heißen Zähren,
die als Gebet zum Himmel rang;

Die Sehnsucht, die zum Himmel lauschte
nach dem Erlöser je und je;
die aus Prophetenherzen rauschte
in das verlass'ne Erdenweh;

Die Sehnsucht, die so lange Tage
nach Gott hier auf der Erden ging
als Träne, Lied, Gebet und Klage:
Sie ward Maria - und empfing.

Das Paradies war uns verloren,
uns blieb die Sünde und das Grab;
da hat die Jungfrau Ihn geboren,
der das Verlor'ne wiedergab;

Der nur geliebt und nie gesündet,
Versöhnung unsrer Schuld erwarb,
erlosch'ne Sonnen angezündet,
als er für uns am Kreuze starb.

Der Hohepriester ist gekommen,
der lächelnd weiht sein eignes Blut,
es ist uns der Prophet gekommen,
der König mit dem Dornenhut. -

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Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898)

Friede auf Erden

Da die Hirten ihre Herde
Ließen und des Engels Worte
Trugen durch die niedre Pforte
Zu der Mutter und dem Kind,
Fuhr das himmlische Gesind
Fort im Sternenraum zu singen,
Fuhr der Himmel fort zu klingen:
»Friede, Friede! auf der Erde!«

Seit die Engel so geraten,
O wie viele blut'ge Taten
Hat der Streit auf wildem Pferde,
Der geharnischte, vollbracht!
In wie mancher heil'gen Nacht
Sang der Chor der Geister zagend,
Dringlich flehend, leis verklagend:
»Friede, Friede... auf der Erde!«

Doch es ist ein ew'ger Glaube,
Dass der Schwache nicht zum Raube
Jeder frechen Mordgebärde
Werde fallen allezeit:
Etwas wie Gerechtigkeit
Webt und wirkt in Mord und Grauen
Und ein Reich will sich erbauen,
Das den Frieden sucht der Erde.

Mählich wird es sich gestalten,
Seines heil'gen Amtes walten,
Waffen schmieden ohne Fährde,
Flammenschwerter für das Recht,
Und ein königlich Geschlecht
Wird erblühn mit starken Söhnen,
Dessen helle Tuben dröhnen:
Friede, Friede auf der Erde!

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Wilhelm Müller (1794-1827)

Weihnachten

Unser Gott ist Kind geworden,
Auf, ihr Kindlein aller Orten,
Tretet an die Wiege sein!
All ihr Alten dieser Erden
Müsset neu zu Kindern werden,
Soll das Kind euch freundlich sein.

Leget ab die Eisenröcke,
Leget ab die goldnen Röcke,
Wollt ihr zu dem Kindlein gehn;
Leget ab die weisen Falten,
Die um eure Stirne walten,
Wird das Kind euch gerne sehn.

Lasset Zorn und Hader fahren,
Feind mit Feind sich freundlich paaren,
Ausgestrichen alle Schuld!
Wie ja Gott zu einem Kinde,
Will vergeben alle Sünde,
Recht in süßer Kindeshuld.

Legt auch ab das Glanzgeschmeide,
Kleidet euch mit weißem Kleide,
Wies den Kindern wohlgefällt;
Dazu wolln wir Blumen pflücken,
Unser Haupt damit zu schmücken,
Kleine Blumen aus dem Feld.

Mutter, laß dein Kind uns sehen!
Auch drei Kön'ge draußen stehen,
Kommen her aus fernem Land.
Heb die Decke von der Wiege,
Dass es offen vor uns liege,
Das vielholde Liebespfand!

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Robert Eduard Prutz (1816-1872)

Christnacht

Heil'ge Nacht, auf Engelsschwingen
nahst du leise dich der Welt,
und die Glocken hör' ich klingen,
und die Fenster sind erhellt.
Selbst die Hütte trieft von Segen,
und der Kindlein froher Dank
jauchzt dem Himmelskind entgegen,
und ihr Stammeln wird Gesang.

Mit der Fülle süßer Lieder,
mit dem Glanz um Tal und Höh'n,
Heil'ge Nacht, so kehrst du wieder,
wie die Welt dich einst gesehn,
da die Palmen lauter rauschten,
und, versenkt in Dämmerung,
Erd' und Himmel Worte tauschten,
Worte der Verkündigung.

Da, mit Purpur übergossen,
aufgetan von Gottes Hand,
alle Himmel sich erschlossen,
glänzend über Meer und Land;
da, den Frieden zu verkünden,
sich der Engel niederschwang,
auf den Höhen, in den Gründen
die Verheißung wiederklang;

Da, der Jungfrau Sohn zu dienen,
Fürsten aus dem Morgenland
in der Hirten Kreis erschienen,
Gold und Myrrhen in der Hand!
Da mit seligem Entzücken
sich die Mutter niederbog,
sinnend aus des Kindes Blicken
nie gefühlte Freude zog.

Heil'ge Nacht, mit tausend Kerzen
steigst du feierlich herauf,
o, so geh' in unsern Herzen,
Stern des Lebens, geh' uns auf!
Schau, im Himmel und auf Erden
glänzt der Liebe Rosenschein:
Friede soll's noch einmal werden
und die Liebe König sein!

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Rainer Maria Rilke (1875-1926)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/rilke.php

Es gibt so wunderweiße Nächte...

Es gibt so wunderweiße Nächte,
drin alle Dinge silbern sind.
Da schimmert mancher Stern so lind,
als ob er fromme Hirten brächte
zu einem neuen Jesuskind.

Weit wie mit dichtem Demantstaube
bestreut, erscheinen Flur und Flut,
und in die Herzen, traumgemut,
steigt ein kapellenloser Glaube,
der leise seine Wunder tut.

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Rainer Maria Rilke (1875-1926)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/rilke.php

Geburt Christi

Hättest du der Einfalt nicht, wie sollte
dir geschehn, was jetzt die Nacht erhellt?
Sieh, der Gott, der über Völkern grollte,
macht sich mild und kommt in dir zur Welt.

Hast du dir ihn größer vorgestellt?

Was ist Größe? Quer durch alle Maße,
die er durchstreicht, geht sein grades Los.
Selbst ein Stern hat keine solche Straße.
Siehst du, diese Könige sind groß,

und sie schleppen dir vor deinen Schoß

Schätze, die sie für die größten halten,
und du staunst vielleicht bei dieser Gift -:
aber schau in deines Tuches Falten,
wie er jetzt schon alles übertrifft.

Aller Amber, den man weit verschifft,

jeder Goldschmuck und das Luftgewürze,
das sich trübend in die Sinne streut:
alles dieses war von rascher Kürze,
und am Ende hat man es bereut.

Aber (du wirst sehen): Er erfreut.

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Ferdinand von Saar (1833-1906)

Christnacht

Wieder mit Flügeln, aus Sternen gewoben,
Senkst du herab dich, o heilige Nacht;
Was durch Jahrhunderte Alles zerstoben –
Du noch bewahrst deine leuchtende Pracht!

Ging auch der Welt schon der Heiland verloren,
Der sich dem Dunkel der Zeiten entrang,
Wird er doch immer auf's neue geboren,
Nahst du, Geweihte, dem irdischen Drang.

Selig durchschauernd kindliche Herzen,
Bist du des Glaubens süßester Rest;
Fröhlich begangen bei flammenden Kerzen,
Bist du das schönste, das menschlichste Fest.

Leerend das Füllhorn beglückender Liebe,
Schwebst von Geschlecht zu Geschlecht du vertraut –
Wo ist die Brust, die verschlossen dir bliebe,
Nicht dich begrüßte mit innigstem Laut?

Und so klingt heut' noch das Wort von der Lippe,
Das einst in Bethlehem preisend erklang,
Strahlet noch immer die liebliche Krippe –
Tönt aus der Ferne der Hirten Gesang...

Was auch im Sturme der Zeiten zerstoben –
Senke herab dich in ewiger Pracht,
Leuchtende du, aus Sternen gewoben,
Frohe, harzduftende, heilige Nacht!

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Max von Schenkendorf (1783-1817)

In der heiligen Weihnacht

Kommt ihr Hirten, kommt ihr Armen,
Seht das ewige Erbarmen,
Das sich uns hat zugesellt,
Nicht den Königen der Erden,
Hirten will er ähnlich werden,
Er, der Herr der ganzen Welt.

Lass mich von der Erde Götzen,
Ihren Freuden, ihren Schätzen
Hin an deine Krippe fliehn;
Und mit dir, du Himmelsknabe,
Unter deinem Hirtenstabe
Bis zur Schädelstätte ziehn.

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Francisca Stoecklin (1894-1931)

Stern von Bethlehem

Unendlich Blau.
Geweihte Nacht.
Und immer fällt der Schnee
In zarten Sternen.
Deckt die weite Erde sacht.
Heilige Nacht ...
Durchglüht vom Leidensblut
Des lieben Herrn.

Wir pilgern noch im Dunkel.
Doch wir sehen seinen Stern.

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Ludwig Thoma (1867-1921)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/thoma.php

Frieden

Die stille Nacht ist gar so kalt,
Weiß ist das Feld und weiß der Wald,
Es zittern in der Ferne
Vor Frost die kleinen Sterne.

Und führt ein Engel bei der Hand
Das Christkind her in deutsches Land,
So muss es heute kommen,
Das hoffen alle Frommen.

Und watet es durch tiefen Schnee,
Dann horcht im Wald ein armes Reh,
Ein Baum erschauert leise
Und grüßt es auf der Reise.

Wir horchen in die stille Nacht,
Die alle Menschen glücklich macht.
Hört keiner wohl die Kunde
Aus froher Engel Munde?

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Sidonia Hedwig Zäunemann (1711-1740)

Andächtige Weihnachts-Gedanken

Willkommen allerliebstes Kind
Du Herr der Potentaten!
O Glück! dass man dich jetzo findt.
Wo bist du hingeraten?
Du kömmst auf dieses Jammertal,
Verlässt den schönen Himmels-Saal,
Erwählst der Menschen Orden,
Und bist ein Kind geworden!

Jedoch ich wundre mich nicht mehr,
Dass du den Thron verlassen,
Dass du die allergrößte Ehr
Auf eine Zeit willst hassen,
Herr, deine Liebe hats gemacht,
Die hat dich auf die Welt gebracht,
Uns dadurch von den Ketten
Der Finsternis zu retten.

Allein, o Herr der ganzen Welt
Und aller Herrlichkeiten!
Wie hast du dich so sehr verstellt,
Legst allen Pracht zur Seiten;
Nimmst einen Stall zur Wohnung ein,
Wo Ochsen und wo Esel sein,
Du willst anstatt der Wiegen,
In einer Krippe liegen.

Um meinetwillen bist du arm,
Und sehr gering erschienen;
Doch deine Kälte macht mich warm,
Du kömmst, nun mir zu dienen.
Dein Elend machet mich recht groß,
Erwirbet mir des Vaters Schoß:
Weil deine Niedrigkeiten,
Mir lauter Glück bereiten.

Wie? soll das Stroh dein Lager sein?
Lass dir den Tausch belieben,
Komm nimm davor mein Herze ein,
Ich hab es dir verschrieben.
Ach! schenke mir dein Angesicht,
Zieh ein, verschmäh mein Bitten nicht,
Bleib doch nicht draußen stehen;
Ich muss dich bei mir sehen.

Der Glaube soll die Windel sein,
Darein will ich dich winden,
Es soll der böse Heuchel-Schein
Sich nicht mit mir verbinden.
Nimm an mein Herz, bereit es zu,
Auf dass du deine sanfte Ruh
Darinnen mögest halten,
Und nur nach Willen schalten.

O Jesu! allerliebstes Kind,
Erhör mein herzlich Beten,
Gib, dass ich Gnade vor dir find,
Dein Geist wird mich vertreten.
Erhöre doch mein heißes Flehn,
Und lass es alsobald geschehn,
So hab ich, was mir nützet,
Und vor den Tod beschützet.

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