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Louise Otto (1819-1895)
Christbescherung
Der Christnacht heilig’ Offenbaren,
Das einst an alles Volk erging,
Die Kunde, die durch Engelscharen
Zuerst das arme Volk empfing:
»Die Liebe ist zur Welt gekommen,
Um einen neuen Bund zu weihn,
Ein reines Licht ist hell entglommen
Ein Stern mit wunderreichem Schein!« -
Die Kunde klingt aufs neue wieder
Zu uns in jeder Weihnachtszeit
Sie tönt durch alle Festeslieder
In jedem Gruß von nah und weit.
»Die Liebe soll die Welt regieren!«
Das ist die Losung allerwärts,
Die Lichter, die den Christbaum zieren
Wie strahlen sie in jedes Herz;
Und all die Gaben, lichtumschwommen,
Für jung und alt, für groß und klein:
Vom Himmel scheinen sie gekommen
In einer Wundernacht zu sein! -
Doch all das Wunder zu vollenden,
Viel Sorgen gab es Tag und Nacht.
Viel Mühen von geschäft'gen Händen,
Viel Opfer freudig dargebracht.
Die Liebe soll die Welt regieren,
Und Weihnacht zeigt, dass sie's vermag,
Doch höhres Ziel muss sie sich küren,
Als schaffen nur für einen Tag,
Der eine Tag soll allen lehren;
Solch Mühn und Opfern wohl uns ziert,
Die wir das Wort der Weihnacht ehren:
Dass Liebe nur die Welt regiert -
Auch Völkerwünsche sich erfüllen
Nicht durch das Wunder einer Nacht,
Drum mühe jeder sich im stillen
Bis einst das Liebeswerk vollbracht;
Bis dass im ganzen Vaterlande
Der Freiheit Christbaum leuchtend glüht -
Solch Wunder kommt gewiss zu Stande
Wenn alles Volk darum sich müht.
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Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/goethe.php
Christgeschenk
Mein süßes Liebchen! Hier in Schachtelwänden
Gar mannigfalt geformte Süßigkeiten.
Die Früchte sind es heil'ger Weihnachtszeiten,
Gebackne nur, den Kindern auszuspenden!
Dir möcht ich dann mit süßem Redewenden
Poetisch Zuckerbrot zum Fest bereiten;
Allein was soll's mit solchen Eitelkeiten?
Weg den Versuch, mit Schmeichelei zu blenden!
Doch gibt es noch ein Süßes, das vom Innern
Zum Innern spricht, genießbar in der Ferne,
Das kann nur bis zu dir hinüberwehen.
Und fühlst du dann ein freundliches Erinnern,
Als blinkten froh dir wohlbekannte Sterne,
Wirst du die kleinste Gabe nicht verschmähen.
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Heinrich Seidel (1842-1906)
Der kleine Nimmersatt
Ich wünsche mir ein Schaukelpferd,
’ne Festung und Soldaten
und eine Rüstung und ein Schwert,
Wie sie die Ritter hatten.
Drei Märchenbücher wünsch’ ich mir
Und Farbe auch zum Malen
und Bilderbogen und Papier
Und Gold- und Silberschalen.
Ein Domino, ein Lottospiel,
Ein Kasperletheater,
Auch einen neuen Pinselstiel
Vergiss nicht, lieber Vater!
Ein Zelt und sechs Kanonen dann
Und einen neuen Wagen
Und ein Geschirr mit Schellen dran,
Beim Pferdespiel zu tragen.
Ein Perspektiv, ein Zootrop,
’ne magische Laterne,
Ein Brennglas, ein Kaleidoskop -
Dies alles hätt’ ich gerne.
Mir fehlt - ihr wisst es sicherlich -
Gar sehr ein neuer Schlitten,
Und auch um Schlittschuh’ möchte ich
Noch ganz besonders bitten.
Um weiße Tiere auch von Holz
Und farbige von Pappe,
Um einen Helm mit Federn stolz
Und eine Flechtemappe.
Auch einen großen Tannenbaum,
Dran hundert Lichter glänzen,
Mit Marzipan und Zuckerschaum
Und Schokoladenkränzen.
Doch dünkt dies alles euch zu viel,
Und wollt ihr daraus wählen,
So könnte wohl der Pinselstiel
Und auch die Mappe fehlen.
Als Hänschen so gesprochen hat,
Sieht man die Eltern lachen:
"Was willst du, kleiner Nimmersatt,
Mit all den vielen Sachen?
Wer so viel wünscht" - der Vater spricht’s -
"Bekommt auch nicht ein Achtel -
Der kriegt ein ganz klein wenig Nichts
In einer Dreierschachtel."
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Arno Dippert (geb. 1973)
Ein Hauch von Nichts
Eine Seifenblase schenk ich dir
Schau sie gut an und lass dir Zeit
Es gibt sie nur im Jetzt und Hier
Ein Augenblick der Ewigkeit.
Die Hülle, so zart und rund
Schwebt ohne sich zu plagen
Scheinbar farblos und doch so bunt
Von deinem Blick getragen.
Öffne dein Herz, hör wie es lacht
Sich von der Traurigkeit entbindet
Ein Hauch von Nichts dich glücklich macht
Geräuschlos sie verschwindet.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
aus Sachsen
Heil'ger Christ
Ei du lieber, heil'ger Christ,
komm nur nicht, wenn's finster ist.
Komm im hellen Mondenschein,
wirf mir Nüss' und Äpfel rein!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Carl Salm (1888-1939)
Kinderweihnachtslied
Lasset uns das Christkind suchen,
Kommt, ihr lieben Kinderlein!
Mandeln bringt es mit und Kuchen,
Froh soll unsre Weihnacht sein!
Ei, wo mag es sich verstecken,
Zimmer sind gar viel im Haus,
Suchet darum alle Ecken
Eifrig nach dem Christkind aus.
Doch es geht gar fein zu Werke
Und durchs Fenster fliegt es sacht,
Und dass niemand etwas merke
Schafft es heimlich in der Nacht.
Und derweil wir zaghaft dringen
Nach dem Wunder, das geschah,
Hören wir ein Olöcklein klingen,
Und auf einmal ist es da.
Lasst uns dann das Christkind herzen
In der selgen Weihenacht,
Das uns Christbaumglück und Kerzen
Und viel Schönes hat gebracht!
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Anna Ritter (1865-1921)
Raureif vor Weihnachten
Das Christkind ist durch den Wald gegangen,
Sein Schleier blieb an den Zweigen hangen,
Da fror er fest in der Winterluft
Und glänzt heut' morgen wie lauter Duft.
Ich gehe still durch des Christkinds Garten,
Im Herzen regt sich ein süß Erwarten:
Ist schon die Erde so reich bedacht,
Was hat es mir da erst mitgebracht!
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Theodor Fontane (1819-1898)
Ruhig sein...
Ruhig sein, nicht ärgern, nicht kränken,
Ist das allerbeste Schenken;
Aber mit diesem Pfefferkuchen
Will ich es noch mal versuchen.
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Joachim Ringelnatz (1883-1934)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/ringelnatz.php
Schenken
Schenke groß oder klein,
Aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten
Die Gaben wiegen,
Sei dein Gewissen rein.
Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei
Was in dir wohnt
An Meinung, Geschmack und Humor,
So dass die eigene Freude zuvor
Dich reichlich belohnt.
Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk,
Dass dein Geschenk
Du selber bist.
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Anna Ritter (1865-1921)
Vom Christkind
Denkt euch, ich habe das Christkind gesehen!
Es kam aus dem Walde, das Mützchen voll Schnee,
mit rotgefrorenem Näschen.
Die kleinen Hände taten ihm weh,
denn es trug einen Sack, der war gar schwer,
schleppte und polterte hinter ihm her.
Was drin war, möchtet ihr wissen?
Ihre Naseweise, ihr Schelmenpack -
denkt ihr, er wäre offen der Sack?
Zugebunden bis oben hin!
Doch war gewiss etwas Schönes drin!
Es roch so nach Äpfeln und Nüssen!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Friedrich Wilhelm Güll (1812-1879)
Vor dem Christbaum
Da guck einmal, was gestern Nacht
Christkindlein alles mir gebracht:
ein Räppchen,
ein Wägelein;
ein Käppchen
und ein Krägelein;
ein Tütchen
und ein Rütchen;
ein Büchlein
voller Sprüchlein;
das Tütchen, wenn ich fleißig lern,
ein Rütchen, tät ich es nicht gern,
und nun erst gar den Weihnachtsbaum,
ein schönrer steht im Walde kaum.
Ja, schau nur her und schau nur hin
und schau, wie ich so glücklich bin!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
Was bringt der Weihnachtsmann?
Was bringt der Weihnachtsmann dem Fränzchen?
Weihnachtsmann!
Eine Puppe mit dem Kränzchen
Bringt der Weihnachtsmann dem Fränzchen.
Weihnachtsmann!
Was bringt der Weihnachtsmann Mathildchen?
Weihnachtsmann!
Ausgeschnittne bunte Bildchen
Bringt der Weihnachtsmann Mathildchen.
Weihnachtsmann!
Was bringt der Weihnachtsmann Johannen?
Weihnachtsmann!
Teller, Schüsseln, Näpf' und Kannen
Bringt der Weihnachtsmann Johannen.
Weihnachtsmann!
Was bringt der Weihnachtsmann Kathrinchen?
Weihnachtsmann!
Seidenhasen und Kaninchen
Bringt der Weihnachtsmann Kathrinchen.
Weihnachtsmann!
Was bringt der Weihnachtsmann Emilien?
Weihnachtsmann!
Einen Strauß von Rosen und Lilien
Bringt der Weihnachtsmann Emilien.
Weihnachtsmann!
Was bringt der Weihnachtsmann Marien?
Weihnachtsmann!
Arien und Melodien
Bringt der Weihnachtsmann Marien.
Weihnachtsmann!
Was bringt der Weihnachtsmann Agathen?
Weihnachtsmann!
Eine Schachtel voll Dukaten
Bringt der Weihnachtsmann Agathen.
Weihnachtsmann!
Was bringst du Weihnachtsmann denn mir doch?
Weihnachtsmann!
"Überlasse du das mir doch!
Was du wünschest, bringt auch dir noch
Weihnachtsmann!"
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August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
Weihnachten
Zwar ist das Jahr an Festen reich,
Doch ist kein Fest dem Feste gleich,
Worauf wir Kinder Jahr aus Jahr ein
Stets harren in süßer Lust und Pein.
O schöne, herrliche Weihnachtszeit,
Was bringst du Lust und Fröhlichkeit!
Wenn der heilige Christ in jedem Haus
Teilt seine lieben Gaben aus.
Und ist das Häuschen noch so klein,
So kommt der heilige Christ hinein,
Und Alle sind ihm lieb wie die Seinen,
Die Armen und Reichen, die Großen und Kleinen.
Der heilige Christ an Alle denkt,
Ein Jedes wird von ihm beschenkt.
Drum lasst uns freu'n und dankbar sein!
Er denkt auch unser, mein und dein.
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