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Trennung im Guten – Dichter 1 2 · Titel 1 2 · Beliebteste · Neueste

Elizabeth Barrett Browning (1806-1861)

Sonette aus dem Portugiesischen Nr. 6

Geh fort von mir. So werd ich fürderhin
in deinem Schatten stehn. Und niemals mehr
die Schwelle alles dessen, was ich bin,
allein betreten. Niemals wie vorher

verfügen meine Seele. Und die Hand
nicht so wie früher in Gelassenheit
aufheben in das Licht der Sonne, seit
die deine drinnen fehlt. Mag Land um Land

anwachsen zwischen uns, so muss doch dein
Herz in dem meinen bleiben, doppelt schlagend.
Und was ich tu und träume, schließt dich ein:

so sind die Trauben überall im Wein.
Und ruf ich Gott zu mir: Er kommt zu Zwein
und sieht mein Auge Zweier Tränen tragend.

(aus dem Englischen von Rainer Maria Rilke)

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Hedwig Lachmann (1865-1918)

Spaziergang

Die Sonne steht schon tief. Wir scheiden bald.
Leis sprüht der Regen. Horch! Die Meise klagt.
Wie dunkel und verschwiegen ist der Wald!
Du hast das tiefste Wort mir nicht gesagt. -

Zwei helle Birken an der Waldeswand.
Ein Spinngewebe zwischen beiden, sieh!
Wie ist es zart von Stamm zu Stamm gespannt!
Was uns zu tiefst bewegt, wir sagen's nie. -

Fühlst du den Hauch? Ein Zittern auf dem Grund
Des Sees. Die glatte Oberfläche bebt.
Wie Schatten weht es auch um unsern Mund -
Wir haben wahrhaft nur im Traum gelebt. -

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Betty Paoli (1814-1894)

Trennung

Was wir gelitten und erduldet
Durch meine Fehler, deine Schwächen,
Was du geirrt, was ich verschuldet -
Wir wollen nicht darüber sprechen.

Wer an dem Zwiespalt unsrer Tage -
Zu lösen nicht und nicht zu schlichten, -
Die größ're Schuld, die klein're trage,
Wir wollen nicht darüber richten.

Ich weiß nur Eins! nur Eines fühle
Im Herzen ich, dem trauervollen:
Wir hätten in dem Weltgewühle
Uns nun und nimmer finden sollen.

Und da wir dennoch uns gefunden,
So lass uns zürnen nicht und klagen
Ob all den Schmerzen und den Wunden,
Die Eins dem Andern wir geschlagen.

Nicht böser Wille ist's gewesen,
Der uns gebracht so herbe Leiden;
Uns trennet unser tiefstes Wesen,
Der Gott im Innern heißt uns scheiden.

Ein Frevel war, was einst wir schwuren
Und Torheit unser Kämpfen, Weinen!
Sich widerstrebende Naturen
Die kann die Liebe nicht vereinen.

Je heißer, sehnender sie ringen
Nach sel'gen Einklangs sanften Frieden,
So tiefer wird es sie durchdringen,
Durch welche Klüfte sie geschieden. -

Und so ist es auch uns ergangen,
Gott weiß allein, mit welchen Qualen
Mit wie verzweiflungsvollem Bangen
Wir für den Irrtum mussten zahlen.

Jetzt ist der Klarheit Tag erschienen -
Lass uns ihn ohne Groll begrüßen
Und, klaglos, auf des Glücks Ruinen
Für Schuld, die nicht die unsre, büßen.

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Otto Julius Bierbaum (1865-1910)

Weihnachtsfeier

Berge und Wälder und Wiesen und See:
Schnee und Nebel, Nebel und Schnee;
Nieder der Himmel, farblos und fahl;
War er denn heiter und hoch einmal?
Hockende Krähen auf kahlem Geäst, -
Das ist des blutwarmen Lebens der Rest?

Siehe, die Sonne versinkt hinterm See:
Bronzegold taut auf dem glitzernden Schnee,
Taut und verfließt in das flockige Weiß, -
Rundum umstarrt mich lebloses Eis.
Dampfende Nebel umhüllen mich dicht,
Wehen wie Hasshauch mir nass ins Gesicht.
Stechen nicht Augen hervor aus dem Grau,
Augen der lieblosen alten Frau,
Die in der knochigen Hand zurück
Grausam mir hält mein bangsüßes Glück?
Nein doch und nein! Ein lieberes Licht
Lacht mir aus Nebelgrau hell ins Gesicht:
"G'rannt bin i schnell wie der Wind übern Schnee!"
- Mädel, oh du meine Weihnachtsfee!

Schmiegt sie sich an mich dicht und bang,
Wandern wir wortlos im Glockenklang,
Wandern durch Nebel und Nacht und Wind,
Weint an der Brust mir leise das Kind,
Weint, dss getrennt wir müssen, allein,
In der heiligen Weihenacht sein.
Küss ich die Tränen ihr lind vom Gesicht:
Weine nicht, Mädel, geh, weine nicht!
Zündet heut Andern der Liebesmann
Flimmernde Christkindlkerzen an,
Hat er in unseren Herzen entfacht
Eine ewige Weihenacht.
Sind wir auch heute Abend getrennt,
Doch uns im Herzen ein Christbaum brennt.
Dir aus dem Auge ja lacht sein Schein,
Nein doch, du Meine, wir sind nicht allein.
Trag ich dein Herz ja in meiner Brust,
Du auch das meine tragen musst.

Froh mir ein hellwarmes Lächeln dankt,
Fest mich ihr rundvoller Arm umrankt,
Tief saugt ihr Blick sich in meinen ein:
"Nein, oh du Meiner, wir sind nicht allein."
Wandern zurück wir durch Nebel und Wind,
Lacht an der Seite mir selig das Kind.

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Emanuel Geibel (1815-1884)

Wiedersehen

Nicht länger konnt’ ich’s stumm ertragen,
Hintrieb’s zu dir mich unruhvoll,
Und alles, alles wollt’ ich sagen,
Davon das Herz mir flutend schwoll.

Ich ging - mir schwankten die Gedanken
Von Angst, von Hoffnung halb erfüllt;
Du aber hattest sonder Wanken
In deinen Stolz dich eingehüllt.

Wohl warst du schön, so schön wie immer,
Nur eines, eines fand ich nicht,
Der Seele wundersamen Schimmer,
Der einst umflossen dein Gesicht.

Fast schien’s, du habest Leid und Wonne
In dir getötet mit Gewalt;
Dein Auge war wie Wintersonne,
So klar, so lächelnd und so - kalt.

Ach, gleich dem zarten Frühlingstriebe,
Den noch im März ein Nachtreif schlug,
Erfror mir da das Wort der Liebe,
Das auf den Lippen schon ich trug.

Der letzte Zauber war gebrochen,
Der mich gebannt so manches Jahr;
Ich weiß nicht mehr, was ich gesprochen,
Ich weiß nur, dass es Torheit war.

Kalt gingen wir. Doch das sind Leiden,
Wofür die Zeit nicht Balsam gibt,
Dass man sich so vermag zu scheiden,
Wenn man dereinst sich so geliebt.

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