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Ludwig Eichrodt (1827-1892)
Sehnsucht
Mitten in dem Spiel der Freuden,
In der Arbeit Drang und Lust,
Schleicht das Sehnen und das Leiden
In die unbewachte Brust.
Denn du weilst so fern, so ferne,
Und ich bin so ganz allein;
Und bei dir bin ich so gerne,
Und ich kann nicht bei dir sein!
Wie ein Röslein in dem Scherben,
Wenn es Niemand warten mag,
So verkümmern, so verderben
Muss auch ich am lichten Tag.
Alles Leben geht zu Grabe,
Und die Seel auch ganz zu Grund,
Wenn ich dich nicht wieder habe,
Werd ich nimmer mehr gesund.
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Max Dauthendey (1867-1918)
Trennen ist ein Sterben
Wie der Tag sich windet
Und kein Ende findet!
Die Minuten stehen,
Müssen rückwärts sehen.
Seit der Morgenstunde,
Die mit starrem Munde
Dich zum Abschied weckte,
Sich nur Öde streckte.
Fühl’ die Haut erkalten
Und die Stirn sich falten,
Muss ins Leere schauen
Und dem Tag misstrauen.
Trennen ist ein Sterben,
Schlägt die Welt in Scherben.
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Otto Julius Bierbaum (1865-1910)
Trennung
Es liegt in mir wie eine Wolke
Der düstre Abend, der uns schied.
Es stand kein Stern am grauen Himmel
Und von den Zweigen klang kein Lied.
Verdrossene Menschen gingen eilig
Im feuchten Dunkel uns vorbei.
Auf nasser Bank verschlungen saßen
Wortlos und herzensbang wir zwei.
Es sah der Mond durch dürre Äste.
Auf deinem Antlitz lag sein Schein
So düster-tot, - mein heimgegangnes
Glück hüllte er in Strahlen ein.
Und wenn dein Blick, dein seelenvoller,
Sich zu mir hob, in Schmerzen mild,
Aus bleichem Mondenstrahlenglanze,
Da sah ich meines Schicksals Bild:
Das Schöne, das ich still erdichtet
Und rein im Herzen aufgestellt,
Wie es vor meinem heißen Wünschen
Fliehend in Schmerz zusammenfällt.
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August von Platen (1796-1835)
Tristan
Wer die Schönheit angeschaut mit Augen,
Ist dem Tode schon anheimgegeben,
Wird für keinen Dienst auf Erden taugen,
Und doch wird er vor dem Tode beben,
Wer die Schönheit angeschaut mit Augen!
Ewig währt für ihn der Schmerz der Liebe,
Denn ein Tor nur kann auf Erden hoffen,
Zu genügen einem solchen Triebe:
Wen der Pfeil des Schönen je getroffen,
Ewig währt für ihn der Schmerz der Liebe!
Ach, er möchte wie ein Quell versiechen,
Jedem Hauch der Luft ein Gift entsaugen,
Und den Tod aus jeder Blume riechen:
Wer die Schönheit angeschaut mit Augen,
Ach, er möchte wie ein Quell versiechen!
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Emanuel Geibel (1815-1884)
Unruhe
An Wunden, schweren,
Langsam verbluten,
In heimlichen Gluten
Still sich verzehren,
Täglich voll Reue
Den Wahnsinn verschwören.
Täglich aufs neue
Sich wieder betören,
Ewig zum Meiden
Die Schritte wenden
Und doch nicht scheiden -
O Lieb', o Leiden,
Wann wirst du enden!
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Arnim/Brentano (Hrsg.)
Vergiss mein nicht
Ist es nicht eine harte Pein,
Wenn Liebende nicht beisammen sein?
Drück mich fest in dein Herz hinein,
Wachsen heraus Vergiss nicht mein.
(aus: Des Knaben Wunderhorn, erschienen 1806-08)
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Betty Paoli (1814-1894)
Vorbei
Ich hoffte einst auf schöne Tage
Und lauschte mit erschloss’ner Brust
Der märchenhaften Wundersage
Von ewig heitrer Liebeslust.
In jugendfrohem Übermute
Glaubt’ ich von jedem Glück und Gute,
Dass es mir zugewiesen sei –
Es ist vorbei!
Und als der fromme Wahn entschwunden,
Da fleht’ ich, stolz auf meine Qual:
Bleibt ewig offen, meine Wunden,
Als unvergänglich Liebesmahl.
Und mussten Freud und Glück verwehen,
So soll mein heil’ger Schmerz bestehen,
Dass Eines doch unsterblich sei – –
Es ist vorbei!
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Anastasius Grün (1808-1876)
Widerspruch
Als an ihrem Mund ich hangend
Sog noch ihren Odem ein,
Träumt' ich viel von Tod und Trennung
Und von Sarg und Leichenstein.
Nun ich steh' an ihrem Grabe,
Träum' ich nur von Liebesgruß,
Und wie ihre Wangen glühten,
Und von ihrem ersten Kuss.
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