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Otto Roquette (1824-1896)
Scheiden ohne Leiden
Liebster Schatz, nun sei getrost,
Traure nicht ums Scheiden,
Hab' das Wandern nun erlost,
Und du musst es leiden.
Schau, es ist die ganze Welt,
Sonne, Mond und Sterne,
Auf das Wandern ja gestellt,
Auf die weite Ferne.
Und das Meer hat Ebb' und Flut,
Wind und Wolken ziehen,
Winterschnee und Sommerglut
Kommen und entfliehen.
Wird die Welt nun alt und neu,
Sei du auch nicht strenger,
Lange Zeit war ich dir treu,
Aber nun nicht länger.
Weil mein Herz nicht mehr verlangt,
Dass ich bei dir bliebe,
Lieber Schatz, so sei bedankt
Für die schöne Liebe!
Sieh, der Mai ist vor der Tür,
Lass die Augen wandern!
Komm ich einst zurück zu dir,
Hast du längst 'nen Andern.
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Theodor Storm (1817-1888)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/theodor_storm.php
Lied des Harfenmädchens
Heute, nur heute
Bin ich so schön;
Morgen, ach morgen
Muss alles vergehn!
Nur diese Stunde
Bist du noch mein;
Sterben, ach sterben
Soll ich allein.
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Ludwig Uhland (1787-1862)
Erstorbene Liebe
Wir waren neugeboren, himmlisch helle
War uns der Liebe Morgen aufgegangen.
Wie glühten, Laura, Lippen dir und Wangen!
Dein Auge brannt, es schlug des Busens Welle.
Wie wallt' in mir des neuen Lebens Quelle!
Wie hohe Kräfte rastlos mich durchdrangen!
Sie ließen nicht des Schlafes mich verlangen,
Lebendig kurzer Traum vertrat die Stelle.
Ja! Lieb ist höher Leben im gemeinen;
Das waren ihre regen Lebenszeichen:
Nun such ich sie an dir, in mir vergebens.
Drum muss ich, Laura! dich und mich beweinen:
Wir beide sind erloschner Liebe Leichen,
Uns traf der Tod des liebelosen Lebens.
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Friedrich Wilhelm Wagner (1892-1931)
Am Morgen war unsre Liebe...
Am Morgen war unsre Liebe durchströmt von Lachen.
Nun ist es Abend -
Nun fließt sie über von Traurigkeit.
Wir beten den Mond an.
Unsre Gewänder
Umketten und erdrücken uns.
Wir streicheln uns mit müden Händen.
Wir gleiten
Aneinander ab.
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