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Matthias Jentzsch (geb. 1962)
So'n kleines Herz
Das kleine Herz da drinnen
hat derzeit ziemlich Stress,
muss sich um Dinge kümmern
vom Liebes-Business.
Da klagt der Herzensträger
so sehr vom Trennungsleid
und meint, es wird nicht besser.
Das Herz weiß gleich Bescheid.
Jetzt muss es tüchtig schlagen.
Zerbrechen darf es nicht.
Nimmt so dem Herzbesitzer
vom Schmerz ein Stück Gewicht.
Holt sich noch Unterstützung
bei der Erinnerung
genauso wie der Hoffnung.
Das hält den Chef in Schwung.
Denn eines weiß es sicher:
Die Tage sind gezählt,
bis sich zu ihm auf Dauer
ein zweites Herz gesellt.
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Charlotte von Ahlefeld (1781-1849)
Glück der Liebe
Einem Schmetterlinge gleicht die Liebe;
Wie er flatternd über Blumen schwebt,
So entflieht sie oft auf leichten Schwingen,
Und nur selten kehrt sie uns zurück.
Um gewaltsam ihre Flucht zu hemmen,
Strebt das kranke Herz mit leisem Weh;
Möcht’ ihr gern die raschen Flügel binden,
Gern sie bannen in der Treue Kreis.
Aber wie des Schmetterlinges Farben
Selbst in zarten Händen untergehn,
So vernichten Fesseln auch die Reize,
Die der Liebe freie Regung schmücken.
Darum öffne ihrem kurzen Glücke
Willig und genießend Geist und Herz;
Aber will es wankelmütig weichen
Trauere dann - doch halt es nicht zurück!
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Charlotte von Ahlefeld (1781-1849)
Frühling ohne Wiederkehr
Lieblich ist des Lenzes erstes Lächeln,
Wenn in Blütenbäumen laue Luft sich wieget,
Und des Baches eisbefreite Welle
Nicht mehr stockend, durch die Fluren rinnt.
Dann ermuntern sich zu neuem Leben
Die verblichnen Wiesen aus dem Winterschlafe,
Und das Gras wacht auf, und decket träumend
Wiederum den Schoß der Mutter Erde.
Und die Blumen öffnen ihre Kelche -
Alle die im späten Herbste starben
Richten sich aus ihrem dunklen Grabe
Neu empor im Glanz der Auferstehung.
O Natur - wie milde gibst Du wieder
Was Dein feierlicher Gang zertöret.
Fest im stillen, ewig gleichen Kreislauf,
Folgt auf Deinen Ernst ein mildes Lächeln.
Nicht Vernichtung, nur ein leiser Schlummer
Hält des Frühlings holde Lust gefangen;
Bald, bekränzt mit Veilchen, kehrt er wieder
Süß umhallt von Nachtigallentönen.
Doch wann kehrt der Liebe Frühling wieder?
Ach, verscheucht hat ihn die Nacht der Trennung
Und der Winterschauer einer ew'gen Ferne
Tötet rauh das zarte Grün der Hoffnung.
Des Beisammenlebens Stundenblumen
Starben hin im Seufzerhauch des Abschieds.
Kummervoll benetzt von heissen Tränen,
Sind der Freude Rosen längst verblichen.
Keine Sonne wird sie neu erwecken -
Keines Wiedersehens goldner Schimmer
Winkt des Glückes lichterfüllte Tage
Aus dem Grabe der Vergangenheit hervor.
Traurig zieht der Jahreszeiten Wechsel
Meinem still umwölkten Blick vorüber.
Ach es folgt der Frühling auf den Winter,
Aber nimmer kehrt der Liebe Frühling wieder!
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anonym
Ade zur guten Nacht!
Ade zur guten Nacht!
Jetzt wird der Schluss gemacht,
dass ich muss scheiden.
Im Sommer wächst der Klee,
im Winter schneit's den Schnee,
da komm ich wieder.
Es trauern Berg und Tal,
wo ich vieltausendmal
bin drüber gangen;
das hat deine Schönheit gemacht,
hat mich zum Lieben gebracht
mit großem Verlangen.
Das Brünnlein rinnt und rauscht
wohl unterm Holderstrauch,
wo wir gesessen.
Wie manchen Glockenschlag,
da Herz bei Herzen lag,
das hast du vergessen.
Die Mädchen in der Welt
Sind falscher als das Geld
Mit ihrem Lieben.
Ade zur guten Nacht!
Jetzt wird der Schluss gemacht,
dass ich muss scheiden.
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Ernst Blass (1890-1939)
Die Trennung
Als wir uns trennten, fingst du an zu weinen.
Du süßes Mädchen! Tränen und Geleit ...
Ich schwenkte aus dem Zuge langsam meinen
Strohhut nach dir, die blieb, in rotem Kleid.
Es wird schon dunkel. Dörfer, Wälder, Reise ...
Schmerzlich und klanglos ging die Zeit vorbei.
Liebte ich dich? Du warst mir einerlei.
Beim Kaffeetrinken weinte ich noch leise.
Viel Stunden kann noch unser Leben währen
Mit Krampf, Musike, mancher Einsamkeit.
Meist aber füllen einen die Miseren
Und Späße aus, und so vergeht die Zeit.
Grau ist der Abend in der Eisenbahn.
Ich gehe nach dem Speisewagen, essen,
Ich habe Angst: wir werden uns vergessen,
Erblindet, eh wir je uns wiedersahn.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Emanuel Geibel (1815-1884)
Am Meere
O leiser Wogenschlag, eintönig Lied,
Dazu die Harfe rührt der müde Wind,
Wenn Well' auf Welle blinkend strandwärts zieht
Und dann auf goldnem Ufersand verrinnt,
Wie oft in märchenhaftes Traumgebiet
Verlockte mich dein Wohllaut schon als Kind!
Versunken stand ich dann und lauschte tief,
Bis mich die Nacht vom lieben Strande rief.
Und alles, was Geheimnisvolles je
Mir kund ward, dämmert' auf in meinen Sinnen:
Durchsicht'ge Schlösser auf dem Grund der See
Mit Silberpfeilern und Korallenzinnen;
Meerkönig saß mit seinem Bart von Schnee
Auf buntem Muschelstuhl und harfte drinnen,
Und Nixen spannen zu dem süßen Schall
Von goldnen Spindeln Fäden von Kristall.
Doch als ich älter ward, da lauscht' ich nicht
Auf weiße Nixen mehr noch auf Sirenen;
Mein eigen Leben blühte zum Gedicht,
Und wieder trug zum Strand ich all mein Sehnen.
Dem Seewind bot ich mein erhitzt Gesicht,
Er kühlte mich und küsste mir die Tränen
Vom Auge fort - ich aber sprang ins Boot
Und steuert' heiß hinaus ins Abendrot.
Und überm Wasser sang ich - mild und wild,
Reimlose Weisen, wie des Herzens Drang
Sie eingibt, wenn's bis zum Zerspringen schwillt,
Nun jauchzend, nun in Sehnsucht todesbang;
Heiß wie die Träne, die bewußtlos quillt,
So flutet' aus der Seele mein Gesang,
Der jungen Liebe kunstlos raues Lied,
Das erste, das die Muse mir beschied.
Und wenn des Mondes klares Auge dann
Im Blauen aufging, und auf weiter Flut
Sein kühles Silber irren Scheines rann,
Da ward mir still und friedensvoll zumut.
Das Ruder zog ich ein und saß und sann
Von goldner Zukunft. O, es sinnt sich gut
Im Kahne - nichts umher in Näh' und Ferne
Als Lieb' und Meer und über uns die Sterne.
Einst kehrt' ich heim - O, wie ich da sie fand,
Mein lockig Kind, das spät zum Strand gegangen,
Und wie ich schwieg, und sie mich doch verstand
Und selig glüht' und doch verstummt' in Bangen,
Wie meine Lippe brannt' auf ihrer Hand
Gleich Flamm' auf Schnee und dann auf ihren Wangen,
Und dann in wonn'gen Zähren all ihr Stolz,
In langen Küssen all ihr Wesen schmolz:
Wer sänge das! - Ein Jüngrer könnt' es kaum,
Von ros'ger Schönheit zum Gesang geweiht,
Ein Jüngrer, dem der Seele duft'gen Flaum
Noch nie versehrt des Schicksals Bitterkeit.
Mir aber liegst du fern schon wie ein Traum,
Du meines Herzens süße Veilchenzeit,
Du goldne Dämmrung, ach, mit allen Wonnen
Verweht im Wind, wie Flut und Schaum zerronnen. -
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803)
Liebe und Freundschaft
Liebe, weg! Du zankst dich nur,
Bist nur immer eifersüchtig!
Siehst nur immer nach der Uhr,
Bist, wie ihre Stunden, flüchtig!
Freundschaft, bleib'! Du zankst dich nicht,
Bist nicht immer eifersüchtig!
Siehst ins helle Sonnenlicht,
Bist nicht unstet, bist nicht flüchtig!
Komm' und sitz' auf meinem Schoß,
Herrsch' in meinem kleinen Staate! -
Wie werd' ich die Liebe los?
Rate, liebe Freundschaft, rate!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/goethe.php
Glück und Traum
Du hast uns oft im Traum gesehen
zusammen zum Altare gehen,
und dich als Frau, und mich als Mann.
Oft nahm ich wachend deinem Munde,
in einer unbewachten Stunde,
So viel man Küsse nehmen kann.
Das reinste Glück, das wir empfunden,
die Wollust mancher reichen Stunden
floh, wie die Zeit, mit dem Genuss.
Was hilft es mir, dass ich genieße?
Wie Träume fliehn die wärmsten Küsse,
und alle Freude wie ein Kuss.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Friedrich Hebbel (1813-1863)
Sie sehn sich nicht wieder
Von dunkelnden Wogen
Hinunter gezogen,
Zwei schimmernde Schwäne, sie schiffen daher,
Die Winde, sie schwellen
Allmählich die Wellen,
Die Nebel, sie senken sich finster und schwer.
Die Schwäne, sie meiden
Einander und leiden,
Nun tun sie es nicht mehr, sie können die Glut
Nicht länger verschließen,
Sie wollen genießen,
Verhüllt von den Nebeln, gewiegt von der Flut.
Sie schmeicheln, sie kosen,
Sie trotzen dem Tosen
Der Wellen, die Zweie in eines verschränkt.
Wie die sich auch bäumen,
Sie glühen und träumen,
In Liebe und Wonne zum Sterben versenkt.
Nach innigem Gatten
Ein süßes Ermatten,
Da trennt sie die Woge, bevor sies gedacht.
Lasst ruhn das Gefieder!
Ihr seht euch nicht wieder,
Der Tag ist vorüber, es dämmert die Nacht.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Heinrich Heine (1797-1856)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/heinrich_heine.php
Wir haben viel füreinander gefühlt...
Wir haben viel füreinander gefühlt,
Und dennoch uns gar vortrefflich vertragen.
Wir haben oft "Mann und Frau" gespielt,
Und dennoch uns nicht gerauft und geschlagen.
Wir haben zusammen gejauchzt und gescherzt,
Und zärtlich uns geküsst und geherzt.
Wir haben am Ende, aus kindischer Lust,
"Verstecken" gespielt in Wäldern und Gründen,
Und haben uns so zu verstecken gewusst,
Dass wir uns nimmermehr wiederfinden.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Heinrich Heine (1797-1856)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/heinrich_heine.php
Sag, wo ist dein schönes Liebchen...
"Sag, wo ist dein schönes Liebchen,
Das du einst so schön besungen,
Als die zaubermächt'gen Flammen
Wunderbar dein Herz durchdrungen?"
Jene Flammen sind erloschen,
Und mein Herz ist kalt und trübe,
Und dies Büchlein ist die Urne
Mit der Asche meiner Liebe.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Klabund (1890-1928)
Die letzte Kornblume
Sie ging, den Weg zu kürzen, übers Feld.
Es war gemäht. Die Ähren eingefahren.
Die braunen Stoppeln stachen in die Luft,
Als hätte sich der Erdgott schlecht rasiert.
Sie ging und ging. Und plötzlich traf sie
Auf die letzte blaue Blume dieses Sommers.
Sie sah die Blume an. Die Blume sie. Und beide dachten
(Sofern die Menschen denken können, dachte die Blume...)
Dachten ganz das gleiche:
Du bist die letzte Blüte dieses Sommers,
Du blühst, von lauter totem Gras umgeben.
Dich hat der Sensenmann verschont,
Damit ein letzter lauer Blütenduft
Über die abgestorbene Erde wehe –
Sie bückte sich. Und brach die blaue Blume.
Sie rupfte alle Blütenblätter einzeln:
Er liebt mich – liebt mich nicht – er liebt mich... nicht. –
Die blauen Blütenfetzen flatterten
Wie Himmelsfetzen über braune Stoppeln.
Ihr Auge glänzte feucht – vom Abendtau,
Der kühl und silbern auf die Felder fiel
Wie aus des Mondes Silberhorn geschüttet.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Nikolaus Lenau (1802-1850)
Lebewohl an Eugenie
Lebewohl! ach, jene Abendstunde
Und mein Glück ist schnell verrauscht,
Wie das holde Wort aus deinem Munde,
Dem mein zitternd Herz gelauscht;
Wie der Wellen dunkle Sprachen,
Die umbrausten unsern Nachen.
Lebewohl! kein räuberisch Geschicke
Meinem Herzen rauben kann,
Wie in deinem seelentiefen Blicke
Auf mein Glück der Himmel sann.
Stund und Welle rauschten nieder,
Und wir sehen uns nicht wieder!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
August von Platen (1796-1835)
Aschermittwoch
Wirf den Schmuck, schönbusiges Weib, zur Seite,
Schlaf und Andacht teilen den Rest der Nacht nun;
Lass den Arm, der noch die Geliebte festhält,
Sinken, o Jüngling!
Nicht vermummt mehr schleiche die Liebe, nicht mehr
Tret im Takt ihr schwebender Fuß den Reigen,
Nicht verziehn mehr werde des leisen Wortes
Üppige Keckheit!
Mitternacht ankünden die Glocken, ziehn euch
Rasch vom Mund weg Küsse zugleich und Weinglas:
Spiel und Ernst trennt stets ein gewagter, kurzer,
Fester Entschluss nur.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
August von Platen (1796-1835)
Du sprichst, dass ich mich täuschte...
Du sprichst, dass ich mich täuschte,
Beschwörst es hoch und hehr,
Ich weiß ja doch, du liebtest,
Allein, du liebst nicht mehr!
Dein schönes Auge brannte,
Die Küsse brannten sehr,
Du liebtest mich, bekenn es,
Allein, du liebst nicht mehr!
Ich zähle nicht auf neue,
Getreue Wiederkehr:
Gesteh nur, dass du liebtest,
Und liebe mich nicht mehr!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~