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Karl Herloßsohn (1804-1849)
Abschied
Wenn die Schwalben heimwärts zieh'n,
Wenn die Rosen nicht mehr blühn,
Wenn der Nachtigall Gesang
Mit der Nachtigall verklang;
Fragt das Herz in bangem Schmerz:
Ob ich Euch wohl wiederseh'? -
Scheiden, ach Scheiden tut weh! -
Wenn die Schwäne südwärts ziehn,
Dorthin, wo Orangen blüh'n,
Wenn das Abendrot versinkt,
Durch die grünen Wipfel blinkt;
Fragt das Herz in bangem Schmerz:
Ob ich Euch auch wiederseh'?
Scheiden, ach Scheiden tut weh! -
Armes Herz, was klagest Du!
Ach Du gehst auch einst zur Ruh!
Was auf Erden, - muss vergeh'n;
Gibt es dort ein Wiedersehn?
Fragt das Herz im bangen Schmerz. -
Tut auch hier das Scheiden weh:
Glaub', dass ich Dich wiederseh.
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Theodor Fontane (1819-1898)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/theodor_fontane.php
Am Jahrestag
Heut ist’s ein Jahr, dass man hinaus dich trug,
Hin durch die Gasse ging der lange Zug,
Die Sonne schien, es schwiegen Hast und Lärmen,
Die Tauben stiegen auf in ganzen Schwärmen.
Und rings der Felder herbstlich buntes Kleid,
Es nahm dem Trauerzuge fast sein Leid,
Ein Flüstern klang mit ein in den Choral,
Nun aber schwieg’s, - wir hielten am Portal.
Der Zug bog ein, da war das frische Grab,
Wir nächsten beide sahen still hinab,
Der Geistliche, des Tages letztes Licht
Umleuchtete sein freundlich ernst Gesicht,
Und als er nun die Abschiedsworte sprach,
Da sank der Sarg und Blumen fielen nach,
Spätrosen, rot und weiße, weiße Malven
Und mit den Blumen fielen die drei Salven.
Das klang so frisch in unser Ohr und Herz,
Hinschwand das Leid uns, aller Gram und Schmerz,
Das Leben, war dir’s wenig, war dir’s viel?
Ich weiß das eine nur, du bist am Ziel,
In Blumen durftest du gebettet werden,
Du hast die Ruh nun, Erde wird zu Erden,
Und kommt die Stund’ uns, dir uns anzureihn,
So lass die Stunde, Gott, wie diese sein.
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Klabund (1890-1928)
Am Luganer See
Durchs Fenster strömt der See zu mir herein,
Der Himmel auch mit seinem Mondenschein.
Die Wogen ziehen über mir dahin,
Ich träume, dass ich längst gestorben bin.
Ich liege auf dem Grunde alles Seins
Und bin mit Kiesel, Hecht und Muschel eins.
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John Milton (1608-1674)
An die Zeit
Flieh neidsche Zeit, bis du dein Ziel erreichet,
Beschleunige der Stunden schweren Gang,
Des Eile nur dem Schritt des Senkbleis gleichet,
Es sättige dich was dein Rachen schlang,
Das Eitle, Falsche, denn nur das wird dein,
Nur Erdentand und Staub;
So wenig ist dein Raub,
Und der Verlust so klein.
Wirst endlich alles Böse du begraben,
Zuletzt die eigne Gier verzehret haben,
Dann nahet Ewigkeit mit hohem Gruß
Und bringt den unteilbaren Kuss;
Und einer Flut gleich wird die Freude steigen,
Wenn jedes wahrhaft Gute sich wird zeigen,
Das Göttliche hell scheinen
Und Wahrheit, Friede, Liebe sich vereinen
Um dessen Thron zu schweben,
Zu dem wir uns im Himmelsflug erheben,
Ihn anzuschaun durch alle Ewigkeit,
Tief unter uns die dunkle Erdenbahn,
Ruhn ewig wir, in Sternen angetan,
Erhaben über Zufall, Tod und dich, o Zeit.
(aus dem Englischen von Arthur Schopenhauer)
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Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679)
An einen Missvergnügten
Ach! was benebelt doch die Kräfte deiner Sinnen?
Wirst du bei Sonnenschein Nichts mehr erkiesen können?
Kennst du dich selber nicht?
Dich hungert bei der Kost, dich dürstet bei den Flüssen,
Du wirst zu Eis und Schnee beim Feuer werden müssen,
Du klagst bei Überfluss, dass Alles dir gebricht.
Was marterst du dich selbst mit dürftigen Gedanken,
Drängst bei gesunder Haut dich in die Reih' der Kranken
Und seufzest bei der Lust?
Wer sich am Herzen nagt, der speiset allzuteuer.
Ach, mache dich nicht selbst zu einem Ungeheuer,
Das sich die Nägel schärft, zu schaden seiner Brust!
Will denn der Liebesbaum stets Argwohnsfrüchte tragen?
Soll denn sein Schatten uns die beste Lust verjagen
Und bringen Ach und Weh?
Man weint oft ohne Not und zweifelt ohne Gründe,
Plagt seiner Sinne Schiff mit ungestümem Winde
Und stürzt sich ohne Sturm tief in die Trauersee.
Die Rosen blühen dir; was willst du Nesseln hegen,
Und Disteln, reich an Angst, zu Lustnarzissen legen?
Was Übels stößt dich an?
Bemüh' dich, deinen Geist in süße Ruh' zu setzen,
Und reiß' dich mit Gewalt aus Schmerz und Trauernetzen!
Dem schadet nicht Verzug, wer Zeit erwarten kann.
Wen blinder Eifer wiegt, der träumt von Ungelücke,
Ruft, frei und ungelähmt, nach Rettung und nach Krücke,
Meint stets auf Eis zu stehn.
Erwach' und streich dir doch die Schuppen vom Gesichte!
Kein Kluger macht sich selbst durch Wahn und Dunst zu nichte.
Was säumest du doch, selbst ins Paradies zu gehn?
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Leopold Friedrich Günther von Goeckingk (1748-1828)
An seine Freunde
Hört ihr einst, ich sei gestorben,
O! dann spielet auf Theorben
Keine Trauermelodie.
Ich, der euch im Leben nie
Eure Freude hat verdorben:
Ich verdürb' im Sterben sie?
Nein! Ihr sollt um mich nicht klagen!
Freuen mögt ihr euch, und sagen:
»Wohl! Geborgen ist auch der!
Und wer gab die Hand wie er
Dem Befreier ohne Zagen?
Darum klatschet hinterher!«
Dann so holt aus meinem Keller
Die paar Flaschen Muskateller,
Aufgespart für euch, heraus,
Trinkt, als wär' ich noch zu Haus,
Sie auf meinem Lieblingssöller
Mit einander fröhlich aus.
Und erinnert euch der Zeiten,
Wo beim Klange süßer Saiten
Meine Laun', im Vogelflug',
Mich von Scherz zu Scherze trug.
Stunden, die mich nicht gereuten,
Als der Tod nun sprach: Genug!
Lasst von mir die Leute sprechen,
Was sie wollen; von Verbrechen
War mein ganzes Leben rein,
Und so darf man Mensch nur sein,
Um auch mir so manche Schwächen
Nach dem Tode zu verzeihn.
Meine Lieder tadeln hören,
Soll nicht eure Ruhe stören.
Nie verschwand noch ein Gesang,
Den ein reiner Geist durchdrang.
Nichts, wenn meine den entbehren,
Rettet sie vom Untergang'.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Peter Rosegger (1843-1918)
Auch der andre, der bist du
Was die Erde mir geliehen,
Fordert sie schon jetzt zurück.
Naht sich, mir vom Leib zu ziehen
Sanft entwindend Stück für Stück.
Um so mehr, als ich gelitten,
Um so schöner ward die Welt.
Seltsam, dass, was ich erstritten,
Sachte aus der Hand mir fällt.
Um so leichter, als ich werde,
Um so schwerer trag' ich mich.
Kannst du mich, du feuchte Erde,
Nicht entbehren? frag' ich dich.
"Nein, ich kann dich nicht entbehren,
Muss aus dir ein' andern bauen,
Muss aus dir ein' andern nähren,
Soll sich auch die Welt anschauen.
Doch getröste dich in Ruh'.
Auch der andre, der bist du."
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Walter Hasenclever (1890-1940)
Auf den Tod einer Frau
Wenn Du Dich neigst am Saum des Himmels,
Sommerentlaubt:
Wir bleiben zurück,
Wir öffnen die Augen,
Wir sehen Dein ewiges Bild.
Nun weißt Du alles,
Träne und Hoffnung,
Die Welt des Leides, die Welt des Glücks.
Erlöste Seele, geliebte Seele,
Schwester unser,
Die Heimat ist da!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
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Ludwig Uhland (1787-1862)
Auf den Tod eines Kindes
Du kamst, Du gingst mit leiser Spur,
Ein flücht'ger Gast im Erdenland;
Woher? Wohin? Wir wissen nur:
Aus Gottes Hand in Gottes Hand.
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Emanuel Geibel (1815-1884)
Auferstehung
Wenn einer starb, den du geliebt hienieden,
So trag hinaus zur Einsamkeit dein Wehe,
Dass ernst und still es sich mit dir ergehe
Im Wald, am Meer, auf Steigen längst gemieden.
Da fühlst du bald, dass jener, der geschieden,
Lebendig dir im Herzen auferstehe;
In Luft und Schatten spürst du seine Nähe,
Und aus den Tränen blüht ein tiefer Frieden.
Ja, schöner muss der Tote dich begleiten,
Ums Haupt der Schmerzverklärung lichten Schein,
Und treuer - denn du hast ihn alle Zeiten.
Das Herz auch hat sein Ostern, wo der Stein
Vom Grabe springt, dem wir den Staub nur weihten;
Und was du ewig liebst, ist ewig dein.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Klabund (1890-1928)
Ballade vom toten Kind
Wie ward mein Überfluss so karg!
Ich muss mich mein erbarmen.
Ich halte auf den Armen
Einen kleinen Sarg.
Es reichen sich die Hände
Geschlechter ohne Ende –
Wer endet? wer begann?
Ich bin nun Sinn und Sitte,
Und meine Hand ist Mittelshand,
Ich bin der Erde Mitte
Und bin der Mittelsmann.
Ich stehe an der Leiter,
Die in die Grube führt.
Und reich der Erde weiter
Das Herz, das ihr gebührt.
Schon stürmt es in den Lüften,
Der Frühling stürzt herein.
Es knien alle Berge,
Es brechen alle Särge,
Und aus den Veilchengrüften
Wie Jesus Christus weiland
Steigt schon der neue Heiland
Und will dein Kindlein sein.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Bruno Wille (1860-1928)
Berg
Über Felsen, windumflattert,
Klimm ich hoch hinan zum Freien;
Droben will ich mich entladen
Dieser Qual, im Sturme baden,
Neugeboren meine Seele weihen.
Berg, vor deinem Riesenantlitz
Kann mein Kleinmut nicht bestehen.
Sturm, im Brausen deiner Kraft,
Die den Forst zusammenrafft,
Muss mein Seufzer wie ein Staub verwehen.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Nikolaus Lenau (1802-1850)
Blick in den Strom
Sahst du ein Glück vorübergehn,
Das nie sich wiederfindet,
Ist’s gut in einen Strom zu sehn,
Wo alles wogt und schwindet.
O! starre nur hinein, hinein,
Du wirst es leichter missen,
Was dir, und soll’s dein Liebstes sein,
Vom Herzen ward gerissen.
Blick unverwandt hinab zum Fluss,
Bis deine Tränen fallen,
Und sieh durch ihren warmen Guss
Die Flut hinunterwallen.
Hinträumend wird Vergessenheit
Des Herzens Wunde schließen;
Die Seele sieht mit ihrem Leid
Sich selbst vorüberfließen.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Theodor Däubler (1876 - 1934)
Dämmerung
Am Himmel steht der erste Stern,
Die Wesen wähnen Gott den Herrn,
Und Boote laufen sprachlos aus,
Ein Licht erscheint bei mir zu Haus.
Die Wogen steigen weiß empor,
Es kommt mir alles heilig vor.
Was zieht in mich bedeutsam ein?
Du sollst nicht immer traurig sein.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Henry Scott Holland (1847-1918)
Der Tod ist nichts...
Der Tod ist nichts,
ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen.
Ich bin ich, ihr seid ihr.
Das, was ich für euch war, bin ich immer noch.
Gebt mir den Namen, den ihr mir immer gegeben habt.
Sprecht mit mir, wie ihr es immer getan habt.
Gebraucht keine andere Redeweise,
seid nicht feierlich oder traurig.
Lacht weiterhin über das,
worüber wir gemeinsam gelacht haben.
Betet, lacht, denkt an mich,
betet für mich,
damit mein Name ausgesprochen wird,
so wie es immer war,
ohne irgendeine besondere Betonung,
ohne die Spur eines Schattens.
Das Leben bedeutet das, was es immer war.
Der Faden ist nicht durchschnitten.
Weshalb soll ich nicht mehr in euren Gedanken sein,
nur weil ich nicht mehr in eurem Blickfeld bin?
Ich bin nicht weit weg,
nur auf der anderen Seite des Weges.
(Übersetzer aus dem Englischen unbekannt)
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