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Trauergedichte – Dichter 1 2 · Titel 1 2 · Beliebteste · Neueste

Petra Friedel (geb. 1963)

Mutter

In meinem Herzen wirst Du bleiben.
Denn alle Wasser, Liebes, treiben
ja doch dem Anfang zu.
In meiner Seele klingt es leise,
dort singst Du immer unsre Weise.
Ich mach die Augen zu

und spüre Deine Frühlingslieder.
Sie klingen in mir, bringen wieder,
was Du in mich gelegt.
Da ist kein Hadern und kein Ringen,
denn Deine Lieder, Liebes, singen
von dem, was mich bewegt.

Du fehlst mir so! Und wenn ich weine,
dann nur, weil ich uns still vereine.
Was immer ich auch tu,

in meinen Liedern wirst Du bleiben.
Denn alle Wasser, Liebes, treiben
ja doch dem Anfang zu.

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Friedrich Rückert (1788-1866)

Oft denk’ ich...

Oft denk’ ich, sie sind nur ausgegangen,
Bald werden sie wieder nach Hause gelangen,
Der Tag ist schön, o sei nicht bang,
Sie machen nur einen weiten Gang.

Jawohl, sie sind nur ausgegangen,
Und werden jetzt nach Hause gelangen;
O sei nicht bang, der Tag ist schön,
Sie machen nur den Gang zu jenen Höh’n.

Sie sind uns nur voraus gegangen,
Und werden nicht hier nach Haus verlangen,
Wir holen sie ein auf jenen Höh'n
Im Sonnenschein, der Tag ist schön.

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Werner Tiltz (geb. 1944), werner-tiltz.de

Start ins Jenseits

Wenn ich einmal sterben werde,
spielt mir froh das Lied vom Tod!
Und auf jede Schaufel Erde
gebt ein Stückchen Weizenbrot!

Auch zwei Flaschen Blauburgunder
stellt mir in das Grab hinein!
Aber keinen Wegtrinkplunder -
vom Allerbesten muss er sein.

Und, weil ich sie nie beendet',
legt Schillers Werke mit zu Ruh!
Bitte, da ich's gern verwendet',
packt mein Notebook gleich dazu.

Schart euch dann in weitem Kreise
um das offne Grab herum,
startet meine Seelenreise
mit Gesang ad libitum!

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Nikolaus Lenau (1802-1850)

Tod und Trennung

Gottes Milde mocht es fügen,
Liegt ein Mensch in letzten Zügen,
Stehn am Sterbepfühl die Seinen,
Dass sie müssen weinen, weinen;

Dass sie nicht vor Tränen schauen
Das unnennbar bange Grauen,
Wie der Geist verlässt die Hülle,
Letztes Zucken, tiefe Stille.

Weh dem Tränenlosen, wehe,
Der sich wagt in Sterbens Nähe,
Denn ihm kann durchs ganze Leben
Jenes Grauen heimlich beben.

Doch ein Anblick tiefrer Trauer,
Bänger als des Sterbens Schauer,
War es, könnt ein Aug es fassen,
Wie zwei Herzen sich verlassen.

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Nikolaus Lenau (1802-1850)

Trauer

Blumen, Vögel, duftend, singend,
Seid doch nicht so ausgelassen,
Ungestüm ans Herz mir dringend;
Lasst allein mich ziehn die Straßen!

Vieles ist vorübergangen,
Seit wir uns zuletzt begegnet,
Und es hat von meinen Wangen
Meines Glückes Herbst geregnet.

Winter kam hereingeschlichen
In mein Herz, die Tränen starben,
Und schneeweiß sind mir verblichen
Alle grünen Hoffnungsfarben.

Blumen, Vögel, rings im Haine,
All ihr frohen Bundsgenossen,
Mahnt mich nicht, dass ich alleine
Bin vom Frühling ausgeschlossen!

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Albrecht von Haller (1708-1777)

Trauer-Ode

Soll ich von Deinem Tode singen?
O Mariane! welch ein Lied!
Wenn Seufzer mit den Worten ringen,
Und ein Begriff den andern flieht.
Die Lust, die ich an Dir gefunden,
Vergrößert jetzund meine Not;
Ich öffne meines Herzens Wunden,
Und fühle nochmals Deinen Tod.

Doch meine Liebe war zu heftig,
Und Du verdienst sie allzuwohl,
Dein Bild bleibt in mir viel zu kräftig,
Als daß ich von Dir schweigen soll.
Es wird im Ausdruck meiner Liebe
Mir etwas meines Glückes neu;
Als wann von Dir mir etwas bliebe,
Ein zärtlich Abbild unsrer Treu.

Nicht Reden, die der Geist gebieret,
Nicht Dichter-Klagen fang ich an;
Nur Seufzer, die ein Herz verlieret,
Wann es sein Leid nicht fassen kann.
Ja, meine Seele will ich schildern
Von Lieb' und Traurigkeit verwirrt,
Wie sie, ergetzt an Trauer-Bildern,
In Kummer-Labyrinthen irrt.

Ich seh Dich noch, wie Du erblaßest,
Wie ich verzweifelnd zu Dir trat,
Wie Du die letzten Kräfte faßtest,
Um noch ein Wort, das ich erbat.
O Seele voll der reinsten Triebe!
Wie ängstig warst Du für mein Leid?
Dein letztes Wort war Huld und Liebe,
Dein letztes Tun, Gelassenheit.

Wo flieh ich hin? in diesen Toren
Hat jeder Ort, was mich erschreckt!
Das Haus hier, wo ich Dich verloren;
Der Tempel dort, der Dich bedeckt;
Hier Kinder ... ach! mein Blut muß lodern
Beim zarten Abdruck Deiner Zier,
Wann sie Dich stammelnd von mir fodern;
Wo flieh ich hin? ach! gern zu Dir.

O soll mein Herz nicht um Dich weinen!
Hier ist kein Freund Dir nah als ich.
Wer riß Dich aus dem Schoß der Deinen?
Du ließest sie, und wähltest mich.
Ein Vaterland, das Dir gewogen,
Verwandtschaft, die Dir liebreich war,
Dem allem hab ich Dich entzogen:
Wohin zu eilen? auf die Bahr.

Dort in der bittern Abschieds-Stunde
Wie Deine Schwester an Dir hing,
Wie nach und nach das Land verschwunde,
Und uns ihr letzter Blick entging;
Sprachst Du zu mir, mit holder Güte,
Die mit gelaßner Wehmut stritt;
Ich geh mit ruhigem Gemüthe,
Was fehlt mir? Der Haller kömmt ja mit.

Wie kann ich ohne Tränen denken
An jenen Tag, der Dich mir gab;
Noch jetzt, mischt Lust sich mit Kränken,
Entzückung löst mit Wehmut ab.
Wie ungemein war Deine Liebe!
Die Schönheit, Stand und Gut vergaß,
Und mich, so arm ich selbst mich schriebe,
Allein nach meinem Herzen maß.

Wie bald verließest Du die Jugend,
Und mied'st die Welt, um mein zu sein;
Du wich'st vom Weg gemeiner Tugend,
Und warest schön, für mich allein.
Dein Herz hing ganz an meinem Herzen,
Und sorgte nicht für Dein Geschick;
Voll Angst, bei meinem kleinsten Schmerzen,
Entzückt auf einen frohen Blick.

Ein nie am eiteln fester Wille,
Der sich nach Gottes Fügung bog;
Vergnüglichkeit und sanfte Stille,
Die weder Mut noch Leid bewog;
Ein Vorbild kluger Zucht an Kindern;
Ein ohne Blindheit zartes Herz;
Ein Herz, gemacht mein Leid zu lindern;
War meine Lust, und ist mein Schmerz.

Ach! herzlich hab ich Dich geliebet,
Weit mehr als ich Dir kund gemacht,
Mehr als die Welt mir Glauben giebet,
Mehr als ich selbst vorhin gedacht.
Wie oft, wann ich Dich innigst küßte,
Erzitterte mein Herz, und sprach:
Wie! wann ich sie verlassen müßte!
Und heimlich folgten Tränen nach.

Ja, mein Betrübnüs soll noch währen,
Wann schon die Zeit die Tränen hemmt:
Das Herz kennt andre Arten Zähren,
Als die die Wangen überschwemmt.
Die erste Liebe meiner Jugend,
Ein innig Denkmal Deiner Huld,
Und die Verehrung Deiner Tugend,
Sind meines Herzens stäte Schuld.

Im dicksten Wald, bei finstern Buchen,
Wo niemand meine Klagen hört,
Will ich Dein holdes Bildnüs suchen,
Wo niemand mein Gedächtnis stört.
Ich will Dich sehen, wie Du gingest,
Wie traurig, wann ich Abschied nahm;
Wie zärtlich, wann Du mich umfingest;
Wie freudig, wann ich wieder kam.

Auch in des Himmels tiefen Fernen,
Will ich im Dunkeln nach Dir sehn;
Und forschen, weiter als die Sternen,
Die unter Deinen Füßen drehn.
Dort wird jetzt Deine Unschuld glänzen
Vom Licht verklärter Wissenschaft:
Dort schwingt sich, aus den alten Grenzen,
Der Seele neu entbundne Kraft.

Dort lernst Du Gottes Licht gewöhnen,
Sein Rat, wird Seligkeit für Dich;
Du mischest mit der Engel Tönen,
Dein Lied, und ein Gebet für mich.
Du lernst den Nutzen meines Leidens,
Gott schlägt des Schicksals Buch Dir auf:
Dort steht die Absicht unsres Scheidens,
Und mein bestimmter Lebens-Lauf.

Vollkommenste! die ich auf Erden
So stark, und doch nicht genug geliebt,
Wie liebens-würdig wirst Du werden!
Nun Dich ein himmlisch Licht umgiebt.
Mich überfällt ein brünstig Hoffen,
O! sprich zu meinem Wunsch nicht nein!
O! halte Deine Arme offen!
Ich eile, ewig Dein zu sein.

(Beim Absterben Seiner geliebtesten Mariane gebornen Wyß November 1736)

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Friedrich Rückert (1788-1866)

Über alle Gräber wächst...

Über alle Gräber wächst zuletzt das Gras,
Alle Wunden heilt die Zeit, ein Trost ist das,
Wohl der schlechteste, den man dir kann erteilen;
Armes Herz, du willst nicht, dass die Wunden heilen.
Etwas hast du noch, solang es schmerzlich brennt;
Das Verschmerzte nur ist tot und abgetrennt.

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Friedrich Rückert (1788-1866)

Wer in dem Winter stirbt...

Wer in dem Winter stirbt, warum sollt' er nicht sterben,
Wo alle Blätter von des Frostes Hauch verderben?
Und wer im Sommer stirbt, wo alle Blumen blühn,
Wie wär' er tot? sein Grab macht Lebenshoffnung grün.
Drum wer im Sommer dir und wer im Winter starb,
Natur hat einen Trost, Heil dem, der ihn erwarb.

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Justinus Kerner (1786-1862)

Werd' ich einst gestorben sein ...

Werd’ ich einst gestorben sein,
Werden dies und das sie sagen,
Dir doch ist bekannt allein,
Wofür hier mein Herz geschlagen.

Lass sie schwatzen immerhin
Über dem verscharrten Herzen,
Stumm, wie ich im Grabe bin,
Sei du stumm in deinen Schmerzen.

Meinen Schatten sollen nicht
Stören deines Auges Tränen,
Wenn er aus dem Sarge bricht,
Zu dir schwebt in seinem Sehnen.

Denn solang du lebest hier,
Kann ich nicht die Erde lassen,
Ohne dich, ich sag’s nur dir,
Würd’ ich selbst den Himmel hassen.

Bis gebrochen auch dein Herz,
Löst sich nicht mein Bann hienieden,
Dann erst schweb’ ich himmelwärts
Mit dir in der Sterne Frieden.

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Theodor Storm (1817-1888)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/theodor_storm.php

Wie wenn das Leben...

Wie wenn das Leben wär nichts andres
als das Verbrennen eines Lichts!
Verloren geht kein einzig Teilchen,
jedoch wir selber gehn ins Nichts!

Denn was wir Leib und Seele nennen,
so fest in eins gestaltet kaum,
es löst sich auf in tausend Teilchen
und wimmelt durch den öden Raum.

Es waltet stets dasselbe Leben,
Natur geht ihren ewgen Lauf;
in tausend neu erschaffnen Wesen,
stehn diese tausend Teilchen auf.

Das Wesen aber ist verloren,
das nur durch diesen Bund bestand,
wenn nicht der Zufall die verstaubten
aufs Neue zu einem Sein verband.

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