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Ferdinand von Saar (1833-1906)
Alter
Das aber ist des Alters Schöne,
Dass es die Saiten reiner stimmt,
Dass es der Lust die grellen Töne,
Dem Schmerz den herbsten Stachel nimmt.
Ermessen lässt sich und verstehen
Die eig’ne mit der fremden Schuld,
Und wie auch rings die Dinge gehen,
Du lernst dich fassen in Geduld.
Die Ruhe kommt erfüllten Strebens,
Es schwindet des Verfehlten Pein -
Und also wird der Rest des Lebens
Ein sanftes Rückerinnern sein.
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Friedrich Rückert (1788-1866)
Du bist ein Schatten am Tage...
Du bist ein Schatten am Tage
Und in der Nacht ein Licht;
Du lebst in meiner Klage
Und stirbst im Herzen nicht.
Wo ich mein Zelt aufschlage,
Da wohnst du bei mir dicht;
Du bist mein Schatten am Tage
Und in der Nacht mein Licht.
Wo ich auch nach dir frage,
Find' ich von dir Bericht,
Du lebst in meiner Klage
Und stirbst im Herzen nicht.
Du bist ein Schatten am Tage,
Doch in der Nacht ein Licht;
Du lebst in meiner Klage
Und stirbst im Herzen nicht.
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Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel (1633-1714)
Sterbelied
Es ist genug, mein matter Sinn
Sehnt sich dahin, wo meine Väter schlaffen.
Ich hab es endlich guten Fug,
Es ist genug! Ich muss mir Rast verschaffen.
Ich bin ermüdt, ich hab geführt
Die Tages Bürd: Es muss eins Abend werden.
Erlös mich, Herr, spann aus den Pflug,
Es ist genug! Nimm von mir die Beschwerden.
Die große Last hat mich gedrückt,
Ja schier erstickt, so viele lange Jahre.
Ach lass mich finden, was ich such:
Es ist genug! Mit solcher Kreuzes Ware.
Nun gute Nacht, ihr meine Freund,
Ihr meine Feind, ihr Guten und ihr Bösen,
Euch folg die Treu, euch folg der Trug -
Es ist genug! Mein Gott will mich auflösen.
So nimm nun, Herr, hin meine Seel,
Die ich befehl in deine Händ und Pflege.
Schreib sie ein in dein Lebens-Buch.
Es ist genug! Dass ich mich schlafen lege.
Nicht besser soll es mir ergehn,
Als wie geschehn den Vätern, die erworben
Durch ihren Tod des Lebens Ruch.
Es ist genug! Es sei also gestorben.
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Joachim Ringelnatz (1883-1934)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/ringelnatz.php
Es ist besser so
Es ist besser so.
Reich mir die Hand. Wir wollen froh
Und lachend voneinandergehn.
Wir würden uns vielleicht nach Jahren
Nicht mehr so gut wie heut verstehn.
So lass uns bis auf Wiedersehn
Ein reines, treues Bild bewahren.
Du wirst in meiner Seele lesen,
Wie mich ergreift dies harte Wort.
Doch unsre Freundschaft dauert fort.
Und ist kein leerer Traum gewesen,
Aus dem wir einst getäuscht erwachen.
Nun weine nicht; wir wollen froh
Noch einmal miteinander lachen. ---
Es ist besser so.
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Karl Herloßsohn (1804-1849)
Abschied
Wenn die Schwalben heimwärts zieh'n,
Wenn die Rosen nicht mehr blühn,
Wenn der Nachtigall Gesang
Mit der Nachtigall verklang;
Fragt das Herz in bangem Schmerz:
Ob ich Euch wohl wiederseh'? -
Scheiden, ach Scheiden tut weh! -
Wenn die Schwäne südwärts ziehn,
Dorthin, wo Orangen blüh'n,
Wenn das Abendrot versinkt,
Durch die grünen Wipfel blinkt;
Fragt das Herz in bangem Schmerz:
Ob ich Euch auch wiederseh'?
Scheiden, ach Scheiden tut weh! -
Armes Herz, was klagest Du!
Ach Du gehst auch einst zur Ruh!
Was auf Erden, - muss vergeh'n;
Gibt es dort ein Wiedersehn?
Fragt das Herz im bangen Schmerz. -
Tut auch hier das Scheiden weh:
Glaub', dass ich Dich wiederseh.
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Horst Winkler
www.versschmiede.de/themen/trauer
Lebt wohl
Mein Erdenweg, er ging zu Ende
Ich war sehr gerne hier zu Gast
Nun ruht mein Herz, wie auch die Hände
Bin ledig aller Sorgenlast
Seid nur getrost; denn dieses Leben
Es war erfüllt und segensreich
Das Schicksal hat mir viel gegeben
Zur Wehmut fühl ich Dank zugleich
Gedenket mein in stiller Stunde
Doch grämt euch nicht, ich bin nun frei
Und wenn ihr sitzt in froher Runde
Dann bin ich sicher mit dabei
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Theodor Fontane (1819-1898)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/theodor_fontane.php
Am Jahrestag
Heut ist’s ein Jahr, dass man hinaus dich trug,
Hin durch die Gasse ging der lange Zug,
Die Sonne schien, es schwiegen Hast und Lärmen,
Die Tauben stiegen auf in ganzen Schwärmen.
Und rings der Felder herbstlich buntes Kleid,
Es nahm dem Trauerzuge fast sein Leid,
Ein Flüstern klang mit ein in den Choral,
Nun aber schwieg’s, - wir hielten am Portal.
Der Zug bog ein, da war das frische Grab,
Wir nächsten beide sahen still hinab,
Der Geistliche, des Tages letztes Licht
Umleuchtete sein freundlich ernst Gesicht,
Und als er nun die Abschiedsworte sprach,
Da sank der Sarg und Blumen fielen nach,
Spätrosen, rot und weiße, weiße Malven
Und mit den Blumen fielen die drei Salven.
Das klang so frisch in unser Ohr und Herz,
Hinschwand das Leid uns, aller Gram und Schmerz,
Das Leben, war dir’s wenig, war dir’s viel?
Ich weiß das eine nur, du bist am Ziel,
In Blumen durftest du gebettet werden,
Du hast die Ruh nun, Erde wird zu Erden,
Und kommt die Stund’ uns, dir uns anzureihn,
So lass die Stunde, Gott, wie diese sein.
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Theodor Storm (1817-1888)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/theodor_storm.php
Wer je gelebt in Liebesarmen
Wer je gelebt in Liebesarmen,
Der kann im Leben nie verarmen;
Und müsst er sterben fern, allein,
Er fühlte noch die sel'ge Stunde,
Wo er gelebt an ihrem Munde,
Und noch im Tode ist sie sein.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
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Matthias Claudius (1740-1815)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/matthias_claudius.php
Zum Tode der Schwester
Der Säemann säet den Samen,
Die Erde empfängt ihn, und über ein kleines
Keimet die Blume heraus -
Du liebtest sie. Was auch dies Leben
Sonst für Gewinn hat, war klein dir geachtet,
Und sie entschlummerte dir!
Was weinest du neben dem Grabe,
Und hebst die Hände zur Wolke des Todes
Und der Verwesung empor?
Wie Gras auf dem Felde sind Menschen
Dahin, wie Blätter! Nur wenige Tage
gehn wir verkleidet einher!
Der Adler besuchet die Erde,
Doch säumt nicht, schüttelt vom Flügel den Staub und
Kehret zur Sonne zurück!
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Joseph von Eichendorff (1788-1857)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/eichendorff.php
Abschied
O Täler weit, o Höhen,
O schöner, grüner Wald,
Du meiner Lust und Wehen
Andächtger Aufenthalt.
Da draußen, stets betrogen,
Saust die geschäftge Welt;
Schlag noch einmal die Bogen,
Um mich, du grünes Zelt.
Wenn es beginnt zu tagen,
Die Erde dampft und blinkt,
Die Vögel lustig schlagen,
Dass dir dein Herz erklingt:
Da mag vergehn, verwehen
Das trübe Erdenleid,
Da sollst du auferstehen
In junger Herrlichkeit!
Da steht im Wald geschrieben
Ein stilles, ernstes Wort
Von rechtem Tun und Lieben,
Und was des Menschen Hort.
Ich habe treu gelesen
Die Worte schlicht und wahr,
Und durch mein ganzes Wesen
Wards unaussprechlich klar.
Bald werd ich dich verlassen,
Fremd in der Fremde gehn,
Auf buntbewegten Gassen
Des Lebens Schauspiel sehn;
Und mitten in dem Leben
Wird deines Ernsts Gewalt
Mich Einsamen erheben,
So wird mein Herz nicht alt.
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Vaganten (12. Jahrhundert)
Letzter Wille
Mein Begehr und Willen ist:
In der Kneipe sterben!
Nah den Lippen sei der Wein,
Eh sie sich entfärben.
Und der Englein Sterbechor
Möge für mich werben:
"Lass den wackern Zechkumpan,
Herr, dein Reich ererben!"
Jeder Zecher gehet ein
Zu des Himmel Toren,
So der Jüngling wie der Greis;
Doch im Feuer schmoren
Muss das schlechte Bauernpack;
Die sind nicht geboren
Zu verkosten solchen Trunk
Fein und auserkoren.
Leib und Leben lasst dem Wein
Uns, dem guten, weihen,
Sintemal er innerlich
Schafft ein gut Gedeihen!
Bringt man uns nur Wein genug,
Wann wir darum schreien,
Wöll'n in deinem Himmel wir,
Herr, dich benedeien.
Vinus, Vina, Vinum heißt
Weiner, Weine, Weines.
Masculin und Feminin
Braucht man für Gemeines,
Doch im sächlichen Geschlecht
Liegt was götterfeines,
Das den Trinker kundig macht
Trefflichsten Lateines.
Für die Kirche nicht so sehr
Ist mein Herz erglommen,
Doch die Kneipe war mir stets,
Ist mir stets willkommen,
Bis dereinst die Engel nahn,
Bis mein Ohr vernommen
Ihren Lustgenbruder-Gruß:
"Ewge Ruh den Frommen!"
(aus dem Lateinischen von Ludwig Laistner)
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Friedrich Hölderlin (1770-1843)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/hoelderlin.php
An die Parzen
Nur Einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen!
Und einen Herbst zu reifem Gesange mir,
Dass williger mein Herz, vom süßen
Spiele gesättiget, dann mir sterbe.
Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht
Nicht ward, sie ruht auch drunten im Orkus nicht;
Doch ist mir einst das Heilge, das am
Herzen mir liegt, das Gedicht, gelungen,
Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt!
Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenspiel
Mich nicht hinab geleitet; Einmal
Lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht.
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Ferdinand von Saar (1833-1906)
Herbst
Der du die Wälder färbst,
Sonniger, milder Herbst,
Schöner als Rosenblüh'n
Dünkt mir dein sanftes Glüh'n.
Nimmermehr Sturm und Drang,
Nimmermehr Sehnsuchtsklang;
Leise nur atmest du
Tiefer Erfüllung Ruh'.
Aber vernehmbar auch
Klaget ein scheuer Hauch,
Der durch die Blätter weht:
Dass es zu Ende geht.
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Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/goethe.php
Abschied
War unersättlich nach viel tausend Küssen,
Und musst mit einem Kuss am Ende scheiden.
Nach herber Trennung tiefempfundnem Leiden
War mir das Ufer, dem ich mich entrissen,
Mit Wohnungen, mit Bergen, Hügeln, Flüssen,
Solang ich's deutlich sah, ein Schatz der Freuden;
Zuletzt im Blauen blieb ein Augenweiden
An fernentwichnen lichten Finsternissen.
Und endlich, als das Meer den Blick umgrenzte,
Fiel mir zurück ins Herz mein heiß Verlangen;
Ich suchte mein Verlornes gar verdrossen.
Da war es gleich, als ob der Himmel glänzte;
Mir schien, als wäre nichts mir, nichts entgangen,
Als hätt ich alles, was ich je genossen.
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Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/goethe.php
Wandrers Nachtlied
Über allen Gipfeln
Ist Ruh,
In allen Wipfeln
Spürest du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde,
Warte nur, balde
Ruhest du auch.
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