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Karoline Stahl (1776-1837)
Die vier Brüder
Vier Brüder ziehn Jahr aus Jahr ein
Im ganzen Jahr spazieren;
Doch Jeder kömmt für sich allein,
Uns Gaben zuzuführen.
Der erste kömmt mit leichtem Sinn,
In reines Blau gehüllet,
Streut Knospen, Blätter, Blüten hin,
Die er mit Düften füllet.
Der zweite tritt schon ernster auf,
Mit Sonnenschein und Regen,
Streut Blumen aus in seinem Lauf,
Der Ernte reichen Segen.
Der dritte naht mit Überfluss
Und füllet Küch und Scheune;
Bringt uns, zum süßesten Genuss,
Viel Früchte, Korn und Weine.
Verdrießlich braust der vierte her,
In Nacht und Graus gehüllet,
Sieht zürnend Wald und Wiesen leer,
die er mit Schnee erfüllet.
Wer sagt mir wer die Brüder sind,
Die so einander jagen?
Leicht rät sie wohl ein jedes Kind,
Drum brauch ich’s nicht zu sagen.
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Christian Morgenstern (1871-1914)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/morgenstern.php
Der Flügelflagel
Der Flügelflagel gaustert
durchs Wiruwaruwolz,
die rote Fingur plaustert,
und grausig gutzt der Golz.
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Joachim Ringelnatz (1883-1934)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/ringelnatz.php
Ernster Rat an Kinder
Wo man hobelt, fallen Späne.
Leichen schwimmen in der Seine.
An dem Unterleib der Kähne
Sammelt sich ein zäher Dreck.
An die Strähnen von den Mähnen
Von den Löwen und Hyänen
Klammert sich viel Ungeziefer.
Im Gefieder von den Hähnen
Nisten Läuse; auch bei Schwänen.
(Menschen gar nicht zu erwähnen,
Denn bei ihnen geht's viel tiefer.)
Nicht umsonst gibt's Quarantäne.
Allen graust es, wenn ich gähne.
Ewig rein bleibt nur die Träne
Und das Wasser der Fontäne.
Kinder, putzt euch eure Zähne!!
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Paula Dehmel (1862-1918)
Rätsel
Ich habe Flügel, rate Kind,
doch flieg ich nur im Kreise,
und singen tu ich, wenn der Wind
mir vorpfeift, laut und leise,
was ihr den Feldern abgewinnt,
kau ich auf meine Weise,
doch – was mir durch die Kehle rinnt,
das mundet euch als Speise.
(Fußnote: Windmühle)
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Volksgut
Möchte wohl wissen, wer das ist
Ich weiß ein kleines, weißes Haus,
hat keine Fenster, keine Tore,
und will der kleine Wirt heraus,
so muss er erst die Wand durchbohren.
Möchte wohl wissen, wer das ist,
der immer mit zwei Löffeln frisst.
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August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
Ein Männlein steht im Walde...
Ein Männlein steht im Walde ganz still und stumm,
Es hat von lauter Purpur ein Mäntlein um.
Sagt, wer mag das Männlein sein,
Das da steht im Wald allein
Mit dem purpurroten Mäntelein?
Das Männlein steht im Walde auf einem Bein,
Und hat auf seinem Haupte schwarz Käpplein klein.
Sagt, wer mag das Männlein sein,
Das da steht im Wald allein
Mit dem kleinen, schwarzen Käppelein?
(Musik: Volkslied vom Niederrhein)
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Friedrich Wilhelm Güll (1812-1879)
Nusssäcklein
Wer will mir mit seinen Backen
Hier das Säcklein Nüsse knacken?
Beißt nur, dass die Schale kracht,
Doch nehmt nur den Kern in acht. -
Welcher Kopf hat keine Nase,
Welche Stadt hat keine Straße,
Welcher laden hat keine Türe,
Welches Netz hat keine Schnüre,
Welcher Flügel hat keine Feder,
Welche Mühle hat keine Räder,
Welcher Mantel hat keinen Kragen,
Welcher Bauer hat keinen Wagen,
Welches Wasser hat keine Quelle,
Welcher Schneider hat keine Elle,
Welcher Hut hat keinen Rand,
Welcher König hat kein Land,
Welche Nadel hat kein Öhr,
Welche Mühle hat kein Wehr,
Welches Pferd hat keinen Huf,
Welcher Hahn hat keinen Ruf,
Welches Pflaster hat keinen Stein,
Welcher Stern hat keinen Schein,
Welches Schiff hat keinen Mast,
Welcher Baum hat keinen Ast,
Welches Fass hat keinen Spund,
Welches Haus hat keinen Grund,
Welcher Mann hat keine Frau,
Welcher Fuchs hat keinen Bau,
Welcher Schimmel hat keinen Stall,
Welche Büchse gibt keinen Knall,
Welche Glocke gibt keinen Schall,
Welcher Acker trägt kein Getreid,
Welche Jungfer trägt kein Geschmeid,
Welcher Mann hat nie ein Kleid?
So, nun packt und knackt gescheit.
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