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Friedrich Hebbel (1813-1863)
Auf ein schlummerndes Kind
Wenn ich, o Kindlein, vor dir stehe,
Wenn ich im Traum dich lächeln sehe,
Wenn du erglühst so wunderbar,
Da ahne ich mit süßem Grauen:
Dürft' ich in deine Träume schauen,
So wär' mir Alles, Alles klar!
Dir ist die Erde noch verschlossen,
Du hast noch keine Lust genossen,
Noch ist kein Glück, was du empfingst;
Wie könntest du so süß denn träumen,
Wenn du nicht noch in jenen Räumen,
Woher du kamest, dich erging'st?
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August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
Das Mäuselein
Still stand die Wiege, das Kind schlief fest,
Ein Mäuselein sich blicken lässt,
Wippelndes, trippelndes Ding!
Es dreht das Köpfchen hin und her,
Es hüpft und tänzelt kreuz und quer,
Hin und her, kreuz und quer.
Mach' kein Geräusch, o Mäuselein!
Sonst fängt mein Kind gleich an zu schrei'n.
Das Mäuselein nimmt sich wohl in Acht,
Es schleicht zur Wiege sacht, ganz sacht,
Wippelndes, trippelndes Ding!
Es schaut und schnuppert rings umher,
Wo wohl ein Krümchen Kuchen wär',
Kuchen wär', Kuchen wär',
Mach' kein Geräusch, o Mäuselein!
Sonst fängt mein Kind gleich an zu schrei'n.
Und alle Krümchen, die da sind,
Die gönnt dir alle gern mein Kind,
Wippelndes, trippelndes Ding!
Wie hat's geschmeckt dem Mäuslein doch!
's Ist eins zwei drei in seinem Loch,
Seinem Loch, seinem Loch.
Mäuselein, hast es gut gemacht:
Mein Kindlein schläft, nun gute Nacht.
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Matthias Claudius (1740-1815)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/matthias_claudius.php
Ein Wiegenlied, bei Mondschein zu singen
So schlafe nun du Kleine!
Was weinest du?
Sanft ist im Mondenscheine,
Und süß die Ruh.
Auch kommt der Schlaf geschwinder,
Und sonder Müh:
Der Mond freut sich der Kinder,
Und liebet sie.
Er liebt zwar auch die Knaben,
Doch Mädchen mehr,
Gießt freundlich schöne Gaben
Von oben her
Auf sie aus, wenn sie saugen,
Recht wunderbar;
Schenkt ihnen blaue Augen
Und blondes Haar.
Alt ist er wie ein Rabe,
Sieht manches Land;
Mein Vater hat als Knabe
Ihn schon gekannt.
Und bald nach ihren Wochen
Hat Mutter mal
Mit ihm von mir gesprochen:
Sie saß im Tal
In einer Abendstunde,
Den Busen bloß,
Ich lag mit offnem Munde
In ihrem Schoß.
Sie sah mich an, für Freude
Ein Tränchen lief,
Der Mond beschien uns beide,
Ich lag und schlief;
Da sprach sie! »Mond, oh! scheine,
Ich hab sie lieb,
Schein Glück für meine Kleine!«
Ihr Auge blieb
Noch lang am Monde kleben,
Und flehte mehr.
Der Mond fing an zu beben,
Als hörte er.
Und denkt nun immer wieder
An diesen Blick,
Und scheint von hoch hernieder
Mir lauter Glück.
Er schien mir unterm Kranze
Ins Brautgesicht,
Und bei dem Ehrentanze;
Du warst noch nicht.
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Paula Dehmel (1862-1918)
Geht leise
Geht leise
Es ist müd von der Reise!
Es kommt weit her:
Vom Himmel übers Meer,
Vom Meer den dunklen Weg ins Land,
Bis es die kleine Wiege fand –
Geht leise!
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Volkstümlich
Guten Abend, gute Nacht...
Guten Abend, gute Nacht,
mit Rosen bedacht,
mit Näglein besteckt,
schlüpf unter die Deck:
Morgen früh, wenn Gott will,
wirst du wieder geweckt,
morgen früh, wenn Gott will,
wirst du wieder geweckt.
Guten Abend gute Nacht,
von Englein bewacht,
die zeigen im Traum
dir Christkindleins Baum:
Schlaf nur selig und süß,
schau im Traums Paradies,
schlaf nur selig und süß,
schau im Traums Paradies.
(Musik: Johannes Brahms)
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Clemens Brentano (1778-1842)
Kindergebet
Guten Abend, gute Nacht,
Von Sternen bedacht,
Vom Mond angelacht,
Von Engeln bewacht,
Von Blumen umbaut,
Von Rosen beschaut,
Von Lilien bethaut,
Den Veilchen vertraut;
Schlupf`unter die Deck'
Dich reck' und dich streck',
Schlaf fromm und schlaf still,
Wenns Herrgottchen will,
Früh Morgen ohn' Sorgen
Das Schwälbchen dich weck'!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Clemens Brentano (1778-1842)
Lureley
Singet leise, leise, leise,
Singt ein flüsternd Wiegenlied,
Von dem Monde lernt die Weise,
Der so still am Himmel zieht.
Denn es schlummern in dem Rheine
Jetzt die lieben Kindlein klein,
Ameleya wacht alleine
Weinend in dem Mondenschein.
Singt ein Lied so süß gelinde,
Wie die Quellen auf den Kieseln,
Wie die Bienen um die Linde
Summen, murmeln, flüstern, rieseln.
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Luise Hensel (1798-1876)
Nachtgebet
Müde bin ich, geh’ zur Ruh,
Schließe beide Äuglein zu;
Vater, lass die Augen dein
Über meinem Bette sein.
Hab’ ich Unrecht heut’ getan,
Sieh’ es, lieber Gott, nicht an!
Deine Gnad’ und Jesu Blut
Macht ja allen Schaden gut.
Alle, die mir sind verwandt,
Gott, lass ruhn in deiner Hand.
Alle Menschen, groß und klein,
Sollen dir befohlen sein.
Kranken Herzen sende Ruh,
Nasse Augen schließe zu;
Lass den Mond am Himmel stehn,
Und die stille Welt besehn!
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August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
Nun gute Nacht...
Nun gute Nacht!
Du hast für heut genug gelacht,
Doch hast du auch geweint gar sehr,
Als ob dir Leids geschehen wär'.
Das kann nicht sein!
Drum, liebes Kind, schlaf' ruhig ein.
Was deiner Mutter widerfuhr,
Das war dein ganzes Leiden nur.
So schlaf' denn ein!
Die Wieg' ist deine Welt allein,
Drin Sonn' und Mond nicht untergehn,
Noch Wolken ziehn und Winde wehn.
Das kennst noch nicht,
Und kennst, mein Kind, gar vieles nicht;
Doch weißt genug, wenn Eins du weißt,
Was Vater und was Mutter heißt.
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Volksgut
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Da draußen sind die Schaf,
Die schwarzen und die weißen,
Die täten's Kindlein beißen.
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Der Vater hüt't die Schaf;
Die Mutter sitzt im Rosenparten,
Tut die kleinen Kindlein warten.
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Und schrei' nicht wie ein Schaf,
Sonst kommt des Schäfers Hündelein
Und beißt mein böses Kindelein.
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Dein Vater ist ein Graf,
Dein' Mutter ist eine Edelfrau
Und d' Kindsmagd ist ein' rechte Sau.
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Dann schenk' ich dir ein Schaf;
Dann kriegst du eine Meerkatz',
Schlaf endlich, sapperments Fratz.
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Dann schenk' ich dir ein Schaf
Mit einer gold'nen Schelle fein,
Das soll dein Spielgeselle sein.
Schlaf, Kindlein, schlaf!
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Friedrich Wilhelm Gotter (1746-1797)
Schlafe, mein Prinzchen...
Schlafe, mein Prinzchen! Es ruhn
Schäfchen und Vögelchen nun.
Garten und Wiese verstummt,
Auch nicht das Bienchen mehr summt;
Luna mit silbernem Schein
Gucket zum Fenster herein.
Schlafe beim silbernen Schein,
Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein!
Auch in dem Schlosse schon liegt
Alles in Schlummer gewiegt;
Reget kein Mäuschen sich mehr,
Keller und Küche sind leer.
Nur in der Zofe Gemach
Tönet ein schmelzendes Ach.
Was für ein Ach mag das sein?
Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein!
Wer ist beglückter als du?
Nichts als Vergnügen und Ruh!
Spielwerk und Zucker vollauf
Und noch Karessen im Kauf1
Alles besorgt und bereit,
Daß nur mein Prinzchen nicht schreit!
Was wird das künftig erst sein?
Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Selma Meerbaum-Eisinger (1924-1942)
Schlaflied
Schlaf, mein Kindchen, so schlaf schon ein,
so schlaf doch und weine nicht mehr.
Sieh nur, im Schlaf ist die Welt ja dein,
so schlaf schon und wein nicht so sehr.
Schließe die Augen und schlafe schon,
hör nur, es rauschet der Wald.
Im Schlafe da gibt es nicht Hass, nicht Hohn,
im Schlafe, da ist es nicht kalt.
Schlafe, mein Liebling, und lächle, Kind,
höre, der Fluss singt sein Lied.
Schlafe, dann singt dir vom Glück der Wind
und singt dir vom Frühling, der blüht.
Schlafe mein Kind und vergiss, was dich schmerzt,
dunkel ist für dich der Tag.
Hell ist die Nacht, wenn der Traum dich herzt,
so schlafe mein Kindchen, so schlaf.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Christian Morgenstern (1871-1914)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/morgenstern.php
Schlummerlied
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Es war einmal ein Schaf.
Das Schaf, das ward geschoren,
da hat das Schaf gefroren.
Da zog ein guter Mann
ihm seinen Mantel an.
Jetzt brauchts nicht mehr zu frieren,
kann froh herumspazieren.
Schlaf, Kindlein, schlaf!
Es war einmal ein Schaf.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Joachim Ringelnatz (1883-1934)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/ringelnatz.php
Schlummerlied
Will du auf Töpfchen?
Fühlst du ein Dürstchen?
Oder ein Würstchen?
Senke dein Köpfchen.
Draußen die schwarze, kalte
Nacht ist böse und fremd.
Deine Hände falte.
Der liebe Gott küsst dein Hemd.
Gute Ruh!
Ich bin da,
Deine Mutter, Mama;
Müde wie du.
Nichts mehr sagen -
Nicht fragen -
Nichts wissen -
Augen zu.
Horch in dein Kissen:
Es atmet wie du.
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Richard Leander (1830-1889)
Schlummerliedchen
Schlaft mir allzusammen ein,
Meine sieben Kinderlein,
In euren weichen Betten.
Schlummert süß und schlafet aus,
Steckt mir keins die Beinchen raus
Unter eurer Decke!
Seid ihr dann geschlafen ein,
Fliegt ein Engel ins Zimmer rein,
Besieht sich alle sieben:
Deine Kinder sind alle weiß und rot,
Ein schönen Gruß vom lieben Gott,
Ob sie auch fromm geblieben.
Meine sieben Kinder sind alle fromm,
Sie wolln gern in den Himmel komm'n,
Schön Dank für Milch und Wecken.
Bring wieder einen Gruß nach Haus:
Es stecke auch keins die Beinchen raus
Mehr unter seiner Decke.
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