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Eduard Mörike (1804-1875)
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Meines Vetters Brautfahrt
Freut er sich denn auch ein wenig, die künftige Braut zu begrüßen?
Aber wo bleibt er so lang? Sagt ihm, die Kutsche sei da! -
Droben im Bett noch liegt er, verdrießlich, und lieset in Schellers
Lexikon! Als ich ihn schalt, rief er halb grimmig: "Nun ja,
Gebt mir andere Strümpf! die haben Löcher - ach freilich
Eine Frau muss ins Haus, die mich von Fuß auf kuriert!"
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Eduard Mörike (1804-1875)
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Bei einer Trauung
Vor lauter hochadligen Zeugen
Kopuliert man ihrer zwei;
Die Orgel hängt voll Geigen,
Der Himmel nicht, mein’ Treu!
Seht doch, sie weint ja greulich,
Er macht ein Gesicht abscheulich!
Denn leider freilich, freilich
Keine Lieb’ ist nicht dabei.
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Christian Morgenstern (1871-1914)
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Der Nachtschelm und das Siebenschwein oder eine glückliche Ehe
Der Nachtschelm und das Siebenschwein,
die gingen eine Ehe ein,
o wehe!
Sie hatten dreizehn Kinder, und
davon war eins der Schluchtenhund,
zwei andre waren Rehe.
Das vierte war die Rabenmaus,
das fünfte war ein Schneck samt Haus,
o Wunder!
Das sechste war ein Käuzelein,
das siebte war ein Siebenschwein
und lebte in Burgunder.
Acht war ein Gürteltier nebst Gurt,
neun starb sofort nach der Geburt,
o wehe!
Von zehn bis dreizehn ist nicht klar; -
doch wie dem auch gewesen war,
es war eine glückliche Ehe!
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Johannes Plavius (? - nach 1630)
Beschreibung des ehlosen Standes
Ein Fass, welchs niemand füllen kann,
Ein Durst, den niemand stillen kann,
Ein Hass, den man nicht enden kann,
Ein Zorn, den man nicht wenden kann,
Ein Hoffen, voller Angst und Forcht,
Ein Förchten, das auf Hoffnung horcht,
Ein ungetröste Traurigkeit,
Ein angestellte Fröhlichkeit,
Ein Haus, da keine Sonne scheint,
Ein Garten, da nicht Bäume seind,
Ein Garten, da man irre geht,
Ein fest-verschlossen Rosenbeet,
Ein Obest, das nicht feste steht,
Ein Apfel, den der Wind abweht,
Ein Ohne-Frucht und Weiden-Baum,
Ein Selten-Schlaf, ein steter Traum,
Ein Witwerbett, ein wüster Raum,
Ein mutig Pferd, frei, ohne Zaum,
Ein kühner Reiter ohne Pferd.
Ein reicher Schatz, bedeckt mit Erd',
Ein Orgelwerk, ohn' Organist',
Ein Sparer, da kein Zehrer ist,
Ein Saitenspiel, ohn' allen Klang,
Ein Auferwachsen, ohne Zwang,
Ein schöner Becher, ohne Trank,
Ein Wohlverdienen, ohne Dank,
Ist Einsamkeit und Jungfrauschaft,
Wo man der starken Liebekraft
Erfahren muss. Drum lob' ich euch,
Herr Bräutigam, und auch zugleich
Euch Jungfrau Braut, dass ihr dem Weh
Jetzt abzusterben durch die Eh
Bereit seid, und wünsch' euch dazu,
Nach diesem Tode, sanfte Ruh',
Und nach der Ruhe solche Lust,
Die solchen Toden ist bewusst,
Und nach der Lust denn wieder Ruh.
So bringt man tot sein Leben zu!
(Auszug)
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Joachim Ringelnatz (1883-1934)
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Genau besehn
Wenn man das zierlichste Näschen
Von seiner liebsten Braut
Durch ein Vergrößerungsgläschen
Näher beschaut,
Dann zeigen sich haarige Berge,
Dass einem graut.
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Joachim Ringelnatz (1883-1934)
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Ein Taschenkrebs und ein Känguru...
Ein Taschenkrebs und ein Känguru,
Die wollten sich ehelichen.
Das Standesamt gab es nicht zu,
Weil beide einander nicht glichen.
Da riefen sie zornig: »Verflucht und verdammt
Sei dieser Bürokratismus!«
Und hingen sich auf vor dem Standesamt
An einem Türmechanismus.
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Kurt Tucholsky (1890-1935)
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Versunkenes Träumen
Lieblich ruht der Busen, auf dem Tisch,
jener Jungfrau, welche rosig ist und frisch.
Ach, er ist so kugelig und gerundet,
dass er mir schon in Gedanken mundet.
Heil und Sieg dereinst dem feinen Knaben,
dem es freisteht, sich daran zu laben.
Jener wird erst stöhnen und sich recken;
aber nachher bleibt er sicher stecken.
Heirat, Kinder und ein häusliches Frangssäh -
nichts von Liebesnacht und jenem Kanapee...
Ich hingegen sitz bei ihren Brüsten,
und - gedanklich - dient sie meinen Lüsten.
Doch dann steh ich auf und schlenkre froh mein Bein,
schiebe ab,
bin frei -
und lasse Jungfer Jungfer sein.
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Ludwig Uhland (1787-1862)
Verspätetes Hochzeitlied
Die Muse fehlt nicht selten,
Wenn man sie eben will;
Sie schweift in fernen Welten,
Und nirgends hält sie still.
Die Schwärmerin verträumet
Gar oft den Glockenschlag,
Was sag ich? Sie versäumet
Selbst einen Hochzeittag.
So auch zu eurem Feste
Erscheinet sie zu spät
Und bittet nun aufs Beste
Dass ihr sie nicht verschmäht.
Des schönsten Glückes Schimmer
Erglänzt euch eben dann,
Wenn man euch jetzt und immer
Ein Brautlied singen kann.
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unbekannt
Die Jugend, wie sie immer war
Ein Junge will vom Weihnachtsmann
am liebsten einen Hampelmann.
Die Mädchen, anders als die Knaben,
die möchten gern ein Püppchen haben.
Wenn sie dann groß und aufgeklärt,
ist das Verhältnis umgekehrt.
Ein Püppchen suchen sich die Knaben,
'nen Hampelmann will's Mädchen haben,
den es fest an der Strippe hält
und zappeln lässt, wie's ihr gefällt.
Vielleicht wird mancher protestieren:
"Mir könnte so was nicht passieren,
ich bin ein gewiefter Frauenkenner!"
Das sind die größten Hampelmänner.
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