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Sprache und Poesie – Dichter 1 2 3 · Titel 1 2 3 · Beliebteste · Neueste

Wersch (geb. 1964), literaturnische.de

sprechen wir übers sprechen...

sprechen wir übers sprechen
sprachen wir über sprachen
ich kritisiere die kritik
die übers sprechen sprechen sprechen
die über sprachen sprachen sprachen sprachen
noch kritik an der kritik der kritik
ich lache über lacher über lachen über sprachen
wer über lachen lacht lacht

(Dieser Text in ein Bild integriert findet sich in Wortvision.)

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Friedrich von Schiller (1759-1805)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/schiller.php

Übergang

Aber wie bin ich es müde, durch lauter Fratzen und Larven
Mich zu drängen; o führt, Verse, zu Menschen mich hin.

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Oskar Blumenthal (1852-1917)

Das ist ein hässliches Gebrechen...

Das ist ein hässliches Gebrechen,
wenn Menschen wie die Bücher sprechen.
Doch reich und fruchtbar sind für jeden
die Bücher, die wie Menschen reden.

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Friedrich Rückert (1788-1866)

Grammatische Deutschheit

Neulich deutschten auf deutsch vier deutsche Deutschlinge deutschend,
Sich überdeutschend am Deutsch, welcher der deutscheste sei.
Vier deutschnamig benannt: Deutsch, Deutscherig, Deutscherling, Deutschdich;
Selbst so hatten zu deutsch sie sich die Namen gedeutscht.
Jetzt wettdeutschten sie, deutschend in grammatikalischer Deutschheit,
Deutscheren Komparativ, deutschesten Superlativ.
"Ich bin deutscher als deutsch." "Ich deutscherer." "Deutschester bin ich."
"Ich bin der Deutschereste oder der Deutschestere."

Drauf durch Komparativ und Superlativ fortdeutschend,
Deutschten sie auf bis zum - Deutschesteresteresten;
Bis sie vor komparativistisch- und superlativistischer Deutschung
Den Positiv von deutsch hatten vergessen zuletzt.

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Heinrich Heine (1797-1856)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/heinrich_heine.php

Wenn du gute Augen hast...

Wenn du gute Augen hast,
Und du schaust in meine Lieder,
Siehst du eine junge Schöne
Drinnen wandeln auf und nieder.

Wenn du gute Ohren hast,
Kannst du gar die Stimme hören,
Und ihr Seufzen, Lachen, Singen
Wird dein armes Herz betören.

Denn sie wird, mit Blick und Wort,
Wie mich selber dich verwirren;
Ein verliebter Frühlingsträumer,
Wirst du durch die Wälder irren.

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Arno Holz (1863-1929)

An die Konventionellen

Ihr habt genug mein armes Hirn gebüttelt,
Ich käu nicht wieder wie das liebe Vieh;
Längst hab ich von den Schuhen ihn geschüttelt,
Den grauen Schulstaub eurer Poesie!

Ich hab mich umgesehn in meinem Volke
Und meiner Zeit bis tief ins Herz geschaut
Und nächtlich ist aus dunkler Wetterwolke
Ein heilig Feuer in mein Lied getaut.

Nun ruf ich zu des Himmels goldnen Kronen:
Dreimal verflucht sei jegliche Dressur!
Zum Teufel eure kindischen Schablonen!
Ich bin ein Mensch, ich bin ein Stück Natur!

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Hugo Ball (1886-1927)

Der Literat

Ich bin der große Gaukler Vauvert.
In hundert Flammen lauf ich einher.
Ich knie vor den Altären aus Sand,
Violette Sterne trägt mein Gewand.
Aus meinem Mund geht die Zeit hervor,
Die Menschen umfass ich mit Auge und Ohr.

Ich bin aus dem Abgrund der falsche Prophet,
Der hinter den Rädern der Sonne steht.
Aus dem Meere, beschworen von dunkler Trompete,
Flieg ich im Dunste der Lügengebete.
Das Tympanum schlag ich mit großem Schall.
Ich hüte die Leichen im Wasserfall.

Ich bin der Geheimnisse lächelnder Ketzer,
Ein Buchstabenkönig und Alleszerschwätzer.
Hysteria clemens hab ich besungen
In jeder Gestalt ihrer Ausschweifungen.
Ein Spötter, ein Dichter, ein Literat
Streu ich der Worte verfängliche Saat.

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Marie Ebner-Eschenbach (1830-1916)

Ein kleines Lied

Ein kleines Lied! Wie geht's nur an,
Dass man so lieb es haben kann,
Was liegt darin? erzähle!

Es liegt darin ein wenig Klang,
Ein wenig Wohllaut und Gesang
Und eine ganze Seele.

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Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/goethe.php

Spruch, Widerspruch

Ihr müsst mich nicht durch Widerspruch verwirren!
Sobald man spricht, beginnt man schon zu irren.

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Ludwig Uhland (1787-1862)

Der Mohn

Wie dort, gewiegt von Westen,
Des Mohnes Blüte glänzt!
Die Blume, die am besten
Des Traumgotts Schläfe kränzt;
Bald purpurhell, als spiele
Der Abendröte Schein,
Bald weiß und bleich, als fiele
Des Mondes Schimmer ein.

Zur Warnung hört ich sagen,
Dass, der im Mohne schlief,
Hinunter ward getragen
In Träume, schwer und tief;
Dem Wachen selbst geblieben
Sei irren Wahnes Spur,
Die Nahen und die Lieben
Halt' er für Schemen nur.

In meiner Tage Morgen,
Da lag auch ich einmal,
Von Blumen ganz verborgen,
In einem schönen Tal.
Sie dufteten so milde!
Da ward, ich fühlt es kaum,
Das Leben mir zum Bilde,
Das Wirkliche zum Traum.

Seitdem ist mir beständig,
Als wär es so nur recht,
Mein Bild der Welt lebendig,
Mein Traum nur wahr und echt;
Die Schatten, die ich sehe,
Sie sind wie Sterne klar.
O Mohn der Dichtung! wehe
Ums Haupt mir immerdar!

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Alfred Lichtenstein (1889-1914)

Man hat mich glücklich eingesperrt ...

Man hat mich glücklich eingesperrt,
Dran ist mir nichts gelegen,
Und für total verrückt erklärt
Des Dichtens nämlich wegen.

Denn erstens dicht' ich unerlaubt,
Grob und unmanierlich.
Und zweitens dicht' ich überhaupt
Und drittens zu natürlich.

Und viertens dicht' ich viel zu viel
Und viel zu atheistisch.
Und fünftens sei mein ganzer Stil
Sozusagen mystisch.

Und sechstens sei die Poesie
Von mir durchaus entbehrlich.
Und endlich sei ich ein Genie
Und auch noch sonst gefährlich.

Und achtens sei ich nicht von hier
Und fürchterlich versoffen.
Und deshalb, neuntens, stände mir
Die Gummizelle offen.

Das Urteil ließ mich völlig kalt.
Was sollt' mir denn passieren?
Ganz nett ist dort der Aufenthalt.
Man kann sich konzentrieren.

Die Gummizelle hat Kultur,
Das lässt sich nicht verhehlen.
Was mich betrifft – ich kann sie nur
Zum Dichten sehr empfehlen.

Rein kommt man doch, 's fragt sich nur wann.
Doch eins ist zu beklagen:
Der alte Zellenwärter kann
Das Reimen nicht vertragen.

Denn fange ich zu reimen an,
Dann wird er ungemütlich
Und ruft empört, der alte Mann:
»Nun sein Sie doch bloß friedlich!«

Drum schreib ich Ungereimtes meist
In der Gummizelle
Und was ich sonst mir etwas dreist
Von der Seele pelle.

Auch diese Verse tat ich da
Mir aus der Seele lutschen.
Wem's nicht behagt, der kann mir ja
Den Buckel runterrutschen.

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Nikolaus Lenau (1802-1850)

Guter Rat

Willst du richten
Unser Dichten,
Obs geflattert
Und geschnattert,
Obs geschwungen
Und gesungen,
Birg doch klüglich
Unverzüglich
Deinen Ungeschmack,
Und verscharre
Das Geschnarre:
Deinen Dudelsack.

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Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-1791)

Gellerts Grabschrift

Hier liegt, steh Wanderer, und schau!
Die Wahrheit schreibt:
»Der beste Mann für eine Frau –
Und unbeweibt.
Der beste Vater eines Sohns –
Und ohne Sohn.
Der Würdigste des größten Lohns –
Und ohne Lohn.
Der erste Weise seiner Zeit –
Und ohne Rang.
Es lauschten alle Söhne Teuts,
Wenn Gellert sang.
Sein Lohn ist dieser schlechte Stein.«

Der Wandrer geht,
Wünscht alles in der Welt zu sein,
Nur kein Poet.

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Wilhelm Müller (1794-1827)

Der Dichter, als Prolog

Ich lad' euch, schöne Damen, kluge Herrn,
Und die ihr hört und schaut was Gutes gern,
Zu einem funkelnagelneuen Spiel
Im allerfunkelnagelneusten Stil;
Schlicht ausgedrechselt, kunstlos zugestutzt,
Mit edler deutscher Rohheit aufgeputzt,
Keck wie ein Bursch im Stadtsoldatenstrauß,
Dazu wohl auch ein wenig fromm für's Haus:
Das mag genug mir zur Empfehlung sein,
Wem die behagt, der trete nur herein.
Erhoffe, weil es grad' ist Winterzeit,
Tut euch ein Stündlein hier im Grün nicht Leid;
Denn wisst es nur, dass heut' in meinem Lied
Der Lenz mit allen seinen Blumen blüht.
Im Freien geht die freie Handlung vor,
In reiner Luft, weit von der Städte Tor,
Durch Wald und Feld, in Gründen, auf den Höhn;
Und was nur in vier Wänden darf geschehn,
Das schaut ihr halb durch's offne Fenster an,
So ist der Kunst und euch genug getan.

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Abraham Gotthelf Kästner (1719-1800)

Buchhändler-Bemerkung

Auf schön Papier, weitläufig gesetzt,
Schrift, die das Auge des Lesers ergetzt,
Aber Verstand und Herzen nichts sagt,
Ist, was jetzo den Käufern behagt.

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