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Gedichte an Freunde – Dichter 1 2 · Titel 1 2 · Beliebteste · Neueste

Wersch (geb. 1964), literaturnische.de

Einladung

Komm zu mir
wenn dir zwischen gerafften
Sekunden die Seele zerspellt
wenn habgierige Pflichten
an deinem Lächeln nagen

Komm zu mir
ich will dir eine Wiese sein
spiele mit sanften Faltern
kuschle dich ins Gras
wo Lerchen über dir singen

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Joachim Ringelnatz (1883-1934)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/ringelnatz.php

An Peter Scher

Mein lieber Peter Scher,
Horch her:

Ich hätte dich manchmal hassen
Und an der Gurgel fassen
Wollen, dich, den der Ringelnatz liebt.
Weil du nicht lernst, dass es Etwasse gibt,
Die gar nichts mit sich anfangen lassen.
Oder weil du, der auch du mich liebst,
Das nicht zugibst.
Und gerade auf das Zugeben
Kommt’s an im Leben.

Du bist oft an falscher Stelle zu dick.

Wir sind Freunde auf Lebenszeit.
Ich kenne deine Vergangenheit.
Und ich weiß: Im wichtigen Augenblick
Bist du ganz und groß und hilfsbereit.

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Leopold Friedrich Günther von Goeckingk (1748-1828)

An seine Freunde

Hört ihr einst, ich sei gestorben,
O! dann spielet auf Theorben
Keine Trauermelodie.
Ich, der euch im Leben nie
Eure Freude hat verdorben:
Ich verdürb' im Sterben sie?
Nein! Ihr sollt um mich nicht klagen!
Freuen mögt ihr euch, und sagen:
»Wohl! Geborgen ist auch der!
Und wer gab die Hand wie er
Dem Befreier ohne Zagen?
Darum klatschet hinterher!«
Dann so holt aus meinem Keller
Die paar Flaschen Muskateller,
Aufgespart für euch, heraus,
Trinkt, als wär' ich noch zu Haus,
Sie auf meinem Lieblingssöller
Mit einander fröhlich aus.
Und erinnert euch der Zeiten,
Wo beim Klange süßer Saiten
Meine Laun', im Vogelflug',
Mich von Scherz zu Scherze trug.
Stunden, die mich nicht gereuten,
Als der Tod nun sprach: Genug!
Lasst von mir die Leute sprechen,
Was sie wollen; von Verbrechen
War mein ganzes Leben rein,
Und so darf man Mensch nur sein,
Um auch mir so manche Schwächen
Nach dem Tode zu verzeihn.
Meine Lieder tadeln hören,
Soll nicht eure Ruhe stören.
Nie verschwand noch ein Gesang,
Den ein reiner Geist durchdrang.
Nichts, wenn meine den entbehren,
Rettet sie vom Untergang'.

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Friedrich Hölderlin (1770-1843)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/hoelderlin.php

An Landauer

Sei froh! Du hast das gute Los erkoren,
Denn tief und treu ward eine Seele dir;
Der Freunde Freund zu sein, bist du geboren,
Dies zeugen dir am Feste wir.

Und selig, wer im eignen Hause Frieden,
Wie du, und Lieb und Fülle sieht und Ruh;
Manch Leben ist, wie Licht und Nacht, verschieden,
In goldner Mitte wohnest du.

Dir glänzt die Sonn in wohlgebauter Halle,
Am Berge reift die Sonne dir den Wein,
Und immer glücklich führt die Güter alle
Der kluge Gott dir aus und ein.

Und Kind gedeiht, und Mutter um den Gatten,
Und wie den Wald die goldne Wolke krönt,
So seid auch ihr um ihn, geliebte Schatten!
Ihr Seligen, an ihn gewöhnt!

O seid mit ihm! denn Wolk und Winde ziehen
Unruhig öfters über Land und Haus,
Doch ruht das Herz bei allen Lebensmühen
Im heilgen Angedenken aus.

Und sieh! aus Freude sagen wir von Sorgen;
Wie dunkler Wein, erfreut auch ernster Sang;
Das Fest verhallt, und jedes gehet morgen
Auf schmaler Erde seinen Gang.

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Karl Henckell (1864-1929)

Einem fernen Freunde

Mit dem »Du« im Herzen darf man schweigen,
Um so tiefer dann sein Innres zeigen,
Wenn die Stunde kommt, da ganz allein
Leben sich dem Leben drängt zu weihn...
Und es ist ein still beständig Wissen,
Und es ist ein ruhiges Vertrauen:
Unser Freundeskranz wird unzerrissen
Schweben in Maienlüften wie in rauhen
Sturmesnächten schlimmeren Geschicks...
Nein, es ist kein Rausch des Augenblicks,
Wie ihn rasches Jugendblut verdampft,
Keine Traumsaat, die der Tag zerstampft –
Wir belauschen unser altes Spiel
Und gedenken und besinnen viel...

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Friedrich von Schiller (1759-1805)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/schiller.php

An die Freunde

Lieben Freunde! Es gab schönre Zeiten
Als die unsern – das ist nicht zu streiten!
Und ein edler Volk hat einst gelebt.
Könnte die Geschichte davon schweigen,
Tausend Steine würden redend zeugen,
Die man aus dem Schoß der Erde gräbt.
Doch es ist dahin, es ist verschwunden,
Dieses hochbegünstigte Geschlecht.
Wir, wir leben! Unser sind die Stunden,
Und der Lebende hat recht.

Freunde! Es gibt glücklichere Zonen
Als das Land, worin wir leidlich wohnen,
Wie der weitgereiste Wandrer spricht.
Aber hat Natur uns viel entzogen,
War die Kunst uns freundlich doch gewogen,
Unser Herz erwarmt an ihrem Licht.
Will der Lorbeer hier sich nicht gewöhnen,
Wird die Myrte unsers Winters Raub,
Grünet doch, die Schläfe zu bekrönen,
Uns der Rebe muntres Laub.

Wohl von größerm Leben mag es rauschen,
Wo vier Welten ihre Schätze tauschen,
An der Themse, auf dem Markt der Welt.
Tausend Schiffe landen an und gehen,
Da ist jedes Köstliche zu sehen,
Und es herrscht der Erde Gott, das Geld.
Aber nicht im trüben Schlamm der Bäche,
Der von wilden Regengüssen schwillt,
Auf des stillen Baches ebner Fläche
Spiegelt sich das Sonnenbild.

Prächtiger als wir in unserm Norden
Wohnt der Bettler an der Engelspforten,
Denn er sieht das ewig einzge Rom!
Ihn umgibt der Schönheit Glanzgewimmel,
Und ein zweiter Himmel in den Himmel
Steigt Sankt Peters wunderbarer Dom.
Aber Rom in allem seinem Glanze
Ist ein Grab nur der Vergangenheit,
Leben duftet nur die frische Pflanze,
Die die grüne Stunde streut.

Größres mag sich anderswo begeben,
Als bei uns in unserm kleinen Leben,
Neues – hat die Sonne nie gesehn.
Sehn wir doch das Große aller Zeiten
Auf den Brettern, die die Welt bedeuten,
Sinnvoll, still an uns vorübergehn.
Alles wiederholt sich nur im Leben,
Ewig jung ist nur die Phantasie,
Was sich nie und nirgends hat begeben,
Das allein veraltet nie!

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Karl Henckell (1864-1929)

Mein Neujahrswunsch

Was ich erwünsche vom neuen Jahre?
Dass ich die Wurzel der Kraft mir wahre,
Festzustehen im Grund der Erden,
Nicht zu lockern und morsch zu werden,
Mit den frisch ergrünenden Blättern
Wieder zu trotzen Wind und Wettern,
Mag es ächzen und mag es krachen,
Stark zu rauschen, ruhig zu lachen,
So in Regen wie Sonnenschein
Freunden ein Baum des Lebens zu sein.

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Novalis (1772-1801)

An Adolph Selmnitz

Was passt, das muss sich ründen,
Was sich versteht, sich finden,
Was gut ist, sich verbinden,
Was liebt, zusammensein.
Was hindert, muss entweichen,
Was krumm ist, muss sich gleichen,
Was fern ist, sich erreichen,
Was keimt, das muss gedeihn.

Gib traulich mir die Hände,
Sei Bruder mir und wende
Den Blick vor Deinem Ende
Nicht wieder weg von mir.
Ein Tempel – wo wir knieen –
Ein Ort – wohin wir ziehen
Ein Glück – für das wir glühen
Ein Himmel – mir und dir.

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Friedrich Hebbel (1813-1863)

An einen Freund

Was dir Schlimmes oder Gutes
Auch das Leben bringen kann,
Nimmst du stets gelassnen Mutes
Und zufriednen Sinnes an.

Nur das Ganze macht dir Sorgen,
Nur, was nie ein Mensch ermisst,
Ob ein Rätsel drin verborgen,
Und ob dies zu lösen ist.

Kann der Buchstab’ denn ergründen,
Was das Wort bedeuten soll?
Wenn sich alle treu verbunden,
Wird es ja von selber voll.

Nimm die Traube, wie die Beere,
Nimm das Leben, wie den Tag!
Was es auch zuletzt beschere,
Immer bleibt’s ein Lustgelag!

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Theodor Storm (1817-1888)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/theodor_storm.php

An die Freunde

Wieder einmal ausgeflogen,
Wieder einmal heimgekehrt;
Fand ich doch die alten Freunde
Und die Herzen unversehrt.

Wird uns wieder wohl vereinen
Frischer Ost und frischer West?
Auch die losesten der Vögel
Tragen allgemach zu Nest.

Immer schwerer wird das Päckchen,
Kaum noch trägt es sich allein;
Und in immer engre Fesseln
Schlinget uns die Heimat ein.

Und an seines Hauses Schwelle
Wird ein jeder festgebannt;
Aber Liebesfäden spinnen
Heimlich sich von Land zu Land.

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Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898)

Spiel

Denkst, Freund, des wilden Knabenspiels du noch,
Das wir getrieben einst am Bergesjoch,
Wann unser freud'ger Wandertag verglomm
Und höher stets und immer höher klomm?
Wir sprangen jubelnd über Stock und Stein
Bergan und wieder in das Licht hinein,

Und noch einmal und noch einmal,

Bis uns entschlüpft' der letzte Sonnenstrahl.

Das Spiel, das wir im Alpentale dort
Getrieben, Freund, wir spielen's heut noch fort.
Wann neben uns das süße Licht erbleicht,
Wir steigen, bis von neuem wir's erreicht.
Wir springen rüstig über Stock und Stein
Und mitten wieder in den Tag hinein,

Und noch einmal und noch einmal,

Bis uns entschlüpft der letzte Lebensstrahl.

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Georg Trakl (1887-1914)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/georg_trakl.php

Untergang

Über den weißen Weiher
Sind die wilden Vögel fortgezogen.
Am Abend weht von unseren Sternen ein eisiger Wind.

Über unsere Gräber
Beugt sich die zerbrochene Stirne der Nacht.
Unter Eichen schaukeln wir auf einem silbernen Kahn.

Immer klingen die weißen Mauern der Stadt.
Unter Dornenbogen
O mein Bruder klimmen wir blinde Zeiger gen Mitternacht.

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Stefan George (1868-1933)

Nun lass mich rufen...

Nun lass mich rufen über die verschneiten
Gefilde wo du wegzusinken drohst:
Wie du mich unbewusst durch die gezeiten
Gelenkt - im anfang spiel und dann mein trost.

Du kamst beim prunk des blumigen geschmeides ·
Ich sah dich wieder bei der ersten mahd
Und unterm rauschen rötlichen getreides
Wand immer sich zu deinem haus mein pfad.

Dein wort erklang mir bei des laubes dorren
So traulich dass ich ganz mich dir befahl
Und als du schiedest lispelte verworren
In seufzertönen das verwaiste tal.

So hat das schimmern eines augenpaares
Als ziel bei jeder wanderung geglimmt.
So ward dein sanfter sang der sang des jahres
Und alles kam weil du es so bestimmt.

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Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848)

An ***

Kein Wort, und wär' es scharf wie Stahles Klinge,
Soll trennen, was in tausend Fäden eins,
So mächtig kein Gedanke, dass er dringe
Vergällend in den Becher reinen Weins;
Das Leben ist so kurz, das Glück so selten,
So großes Kleinod, einmal sein statt gelten!

Hat das Geschick uns, wie in frevlem Witze,
Auf feindlich starre Pole gleich erhöht,
So wisse, dort, dort auf der Scheidung Spitze
Herrscht, König über alle, der Magnet,
Nicht frägt er ob ihn Fels und Strom gefährde,
Ein Strahl fährt mitten er durchs Herz der Erde.

Blick in mein Auge - ist es nicht das deine,
Ist nicht mein Zürnen selber deinem gleich?
Du lächelst - und dein Lächeln ist das meine,
An gleicher Lust und gleichem Sinnen reich;
Worüber alle Lippen freundlich scherzen,
Wir fühlen heil'ger es im eignen Herzen.

Pollux und Kastor, - wechselnd Glühn und Bleichen,
Des einen Licht geraubt dem andern nur,
Und doch der allerfrömmsten Treue Zeichen. -
So reiche mir die Hand, mein Dioskur!
Und mag erneuern sich die holde Mythe,
Wo überm Helm die Zwillingsflamme glühte.

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Eduard Mörike (1804-1875)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/moerike.php

An Hermann

Unter Tränen rissest du dich von meinem Halse!
In die Finsternis lang sah ich verworren dir nach.
Wie? auf ewig? sagtest du so? Dann lässet auf ewig
Meine Jugend von mir, lässet mein Genius mich!
Und warum? bei allem, was heilig, weißt du es selber,
Wenn es der Übermut schwärmender Jugend nicht ist?
O verwegenes Spiel! Komm! nimm dein Wort noch zurücke!
- Aber du hörtest nicht, ließest mich staunend allein.
Monde vergingen und Jahre; die heimliche Sehnsucht im Herzen,
Standen wir fremd, es fand keiner ein mutiges Wort,
Um den kindischen Bann, den luftgewebten, zu brechen,
Und der gemeine Tag löschte bald jeglichen Wunsch.
Aber heutige Nacht erschien mir wieder im Traume
Deine Knabengestalt - Wehe! wo rett ich mich hin
Vor dem lieblichen Bild? Ich sah dich unter den hohen
Maulbeerbäumen im Hof, wo wir zusammen gespielt.
Und du wandtest dich ab, wie beschämt, ich strich dir die Locken
Aus der Stirne: »O du«, rief ich, »was kannst du dafür!«
Weinend erwacht ich zuletzt, trüb schien der Mond auf mein Lager,
Aufgerichtet im Bett saß ich und dachte dir nach.
O wie tobte mein Herz! Du fülltest wieder den Busen
Mir, wie kein Bruder vermag, wie die Geliebte nicht kann!

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