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Richard Dehmel (1863-1920)
Nur ein Hund
Ja, Dir wird's schwer, mich zu verlassen!
dein Auge bricht, als ob du weinst,
und warst doch bloß ein Kind der Gassen!
Ja, damals ahnt' ich nicht, dass einst
als letzter Freund ein Hund mir bliebe:
da sucht' ich noch bei Menschen Liebe.
Mein Hund, in deine treuen Augen
hab' manche Frage ich versenkt,
für die nicht Menschenblicke taugen,
wo man ein Tier braucht, das nicht denkt,
die Ohnmacht auch in ihm zu sehen,
mit der wir selbst durchs Leben gehen.
Du hast mir nie ein Leid bereitet:
Das kann kein Mensch, der liebste nicht!
Nun liegt dein Leib vom Tod gebreitet,
verlöscht dein tröstend Augenlicht ...
Was will mir denn wie Glück noch scheinen?
mein Hund, mein Freund: ich kann noch weinen!
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Karl Henckell (1864-1929)
Mein Neujahrswunsch
Was ich erwünsche vom neuen Jahre?
Dass ich die Wurzel der Kraft mir wahre,
Festzustehen im Grund der Erden,
Nicht zu lockern und morsch zu werden,
Mit den frisch ergrünenden Blättern
Wieder zu trotzen Wind und Wettern,
Mag es ächzen und mag es krachen,
Stark zu rauschen, ruhig zu lachen,
So in Regen wie Sonnenschein
Freunden ein Baum des Lebens zu sein.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Novalis (1772-1801)
An Adolph Selmnitz
Was passt, das muss sich ründen,
Was sich versteht, sich finden,
Was gut ist, sich verbinden,
Was liebt, zusammensein.
Was hindert, muss entweichen,
Was krumm ist, muss sich gleichen,
Was fern ist, sich erreichen,
Was keimt, das muss gedeihn.
Gib traulich mir die Hände,
Sei Bruder mir und wende
Den Blick vor Deinem Ende
Nicht wieder weg von mir.
Ein Tempel – wo wir knieen –
Ein Ort – wohin wir ziehen
Ein Glück – für das wir glühen
Ein Himmel – mir und dir.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Friedrich von Logau (1605-1655)
An einen Freund
Weil du mich, Freund, beschenkst mit dir,
So dank ich billig dir mit mir.
Nimm hin deswegen mich für dich;
Ich sei dir du; sei du mir ich.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Friedrich Hebbel (1813-1863)
An einen Freund
Was dir Schlimmes oder Gutes
Auch das Leben bringen kann,
Nimmst du stets gelassnen Mutes
Und zufriednen Sinnes an.
Nur das Ganze macht dir Sorgen,
Nur, was nie ein Mensch ermisst,
Ob ein Rätsel drin verborgen,
Und ob dies zu lösen ist.
Kann der Buchstab’ denn ergründen,
Was das Wort bedeuten soll?
Wenn sich alle treu verbunden,
Wird es ja von selber voll.
Nimm die Traube, wie die Beere,
Nimm das Leben, wie den Tag!
Was es auch zuletzt beschere,
Immer bleibt’s ein Lustgelag!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Theodor Storm (1817-1888)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/theodor_storm.php
An die Freunde
Wieder einmal ausgeflogen,
Wieder einmal heimgekehrt;
Fand ich doch die alten Freunde
Und die Herzen unversehrt.
Wird uns wieder wohl vereinen
Frischer Ost und frischer West?
Auch die losesten der Vögel
Tragen allgemach zu Nest.
Immer schwerer wird das Päckchen,
Kaum noch trägt es sich allein;
Und in immer engre Fesseln
Schlinget uns die Heimat ein.
Und an seines Hauses Schwelle
Wird ein jeder festgebannt;
Aber Liebesfäden spinnen
Heimlich sich von Land zu Land.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Leopold Friedrich Günther von Goeckingk (1748-1828)
An seine Freunde
Hört ihr einst, ich sei gestorben,
O! dann spielet auf Theorben
Keine Trauermelodie.
Ich, der euch im Leben nie
Eure Freude hat verdorben:
Ich verdürb' im Sterben sie?
Nein! Ihr sollt um mich nicht klagen!
Freuen mögt ihr euch, und sagen:
»Wohl! Geborgen ist auch der!
Und wer gab die Hand wie er
Dem Befreier ohne Zagen?
Darum klatschet hinterher!«
Dann so holt aus meinem Keller
Die paar Flaschen Muskateller,
Aufgespart für euch, heraus,
Trinkt, als wär' ich noch zu Haus,
Sie auf meinem Lieblingssöller
Mit einander fröhlich aus.
Und erinnert euch der Zeiten,
Wo beim Klange süßer Saiten
Meine Laun', im Vogelflug',
Mich von Scherz zu Scherze trug.
Stunden, die mich nicht gereuten,
Als der Tod nun sprach: Genug!
Lasst von mir die Leute sprechen,
Was sie wollen; von Verbrechen
War mein ganzes Leben rein,
Und so darf man Mensch nur sein,
Um auch mir so manche Schwächen
Nach dem Tode zu verzeihn.
Meine Lieder tadeln hören,
Soll nicht eure Ruhe stören.
Nie verschwand noch ein Gesang,
Den ein reiner Geist durchdrang.
Nichts, wenn meine den entbehren,
Rettet sie vom Untergang'.
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Friedrich Hölderlin (1770-1843)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/hoelderlin.php
An Landauer
Sei froh! Du hast das gute Los erkoren,
Denn tief und treu ward eine Seele dir;
Der Freunde Freund zu sein, bist du geboren,
Dies zeugen dir am Feste wir.
Und selig, wer im eignen Hause Frieden,
Wie du, und Lieb und Fülle sieht und Ruh;
Manch Leben ist, wie Licht und Nacht, verschieden,
In goldner Mitte wohnest du.
Dir glänzt die Sonn in wohlgebauter Halle,
Am Berge reift die Sonne dir den Wein,
Und immer glücklich führt die Güter alle
Der kluge Gott dir aus und ein.
Und Kind gedeiht, und Mutter um den Gatten,
Und wie den Wald die goldne Wolke krönt,
So seid auch ihr um ihn, geliebte Schatten!
Ihr Seligen, an ihn gewöhnt!
O seid mit ihm! denn Wolk und Winde ziehen
Unruhig öfters über Land und Haus,
Doch ruht das Herz bei allen Lebensmühen
Im heilgen Angedenken aus.
Und sieh! aus Freude sagen wir von Sorgen;
Wie dunkler Wein, erfreut auch ernster Sang;
Das Fest verhallt, und jedes gehet morgen
Auf schmaler Erde seinen Gang.
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Friedrich Nietzsche (1844-1900)
Aus hohen Bergen
Oh Lebens Mittag! Feierliche Zeit!
Oh Sommergarten!
Unruhig Glück im Stehn und Spähn und Warten: -
Der Freunde harr' ich, Tag und Nacht bereit,
Wo bleibt ihr Freunde? Kommt! 's ist Zeit! 's ist Zeit!
Wars nicht für euch, dass sich des Gletschers Grau
Heut schmückt mit Rosen?
Euch sucht der Bach, sehnsüchtig drängen, stoßen
Sich Wind und Wolke höher heut in's Blau,
Nach euch zu spähn aus fernster Vogel-Schau.
Im Höchsten ward für euch mein Tisch gedeckt -
Wer wohnt den Sternen
So nahe, wer des Abgrunds grausten Fernen?
Mein Reich - welch Reich hat weiter sich gereckt?
Und meinen Honig - wer hat ihn geschmeckt? ...
- Da seid ihr, Freunde! - Weh, doch ich bins nicht,
Zu dem ihr wolltet?
Ihr zögert, staunt - ach, dass ihr lieber grolltet!
Ich - bins nicht mehr? Vertauscht Hand, Schritt, Gesicht?
Und was ich bin, euch Freunden - bin ichs nicht?
Ein Andrer ward ich? Und mir selber fremd?
Mir selbst entsprungen?
Ein Ringer, der zu oft sich selbst bezwungen?
Zu oft sich gegen eigne Kraft gestemmt,
Durch eignen Sieg verwundet und gehemmt?
Ich suchte, wo der Wind am schärfsten weht?
Ich lernte wohnen,
Wo niemand wohnt, in öden Eisbär-Zonen,
Verlernte Mensch und Gott, Fluch und Gebet?
Ward zum Gespenst, das über Gletscher geht?
- Ihr alten Freunde! Seht! Nun blickt ihr bleich,
Voll Lieb' und Grausen!
Nein, geht! Zürnt nicht! Hier - könntet ihr nicht hausen:
Hier zwischen fernstem Eis- und Felsenreich -
Hier muss man Jäger sein und gemsengleich.
Ein schlimmer Jäger ward ich! - Seht, wie steil
Gespannt mein Bogen!
Der Stärkste wars, der solchen Zug gezogen--:
Doch wehe nun! Gefährlich ist der Pfeil,
Wie kein Pfeil, - fort von hier! Zu eurem Heil!...
Ihr wendet euch? - Oh Herz, du trugst genung,
Stark blieb dein Hoffen:
Halt neuen Freunden deine Türen offen!
Die alten lass! Lass die Erinnerung!
Warst einst du jung, jetzt - bist du besser jung!
Was je uns knüpfte, einer Hoffnung Band, -
Wer liest die Zeichen,
Die Liebe einst hineinschrieb, noch, die bleichen?
Dem Pergament vergleich ichs, das die Hand
zu fassen scheut, - ihm gleich verbräunt, verbrannt.
Nicht Freunde mehr, das sind - wie nenn' ichs doch? -
Nur Freunds-Gespenster!
Das klopft mir wohl noch Nachts an Herz und Fenster,
Das sieht mich an und spricht: "wir warens doch?"--
Oh welkes Wort, das einst wie Rosen roch!
Oh Jugend-Sehnen, das sich missverstand!
Die ich ersehnte,
Die ich mir selbst verwandt-verwandelt wähnte,
Dass alt sie wurden, hat sie weggebannt:
Nur wer sich wandelt, bleibt mit mir verwandt.
Oh Lebens Mittag! Zweite Jugendzeit!
Oh Sommergarten!
Unruhig Glück im Stehn und Spähn und Warten!
Der Freunde harr ich, Tag und Nacht bereit,
Der neuen Freunde! Kommt! 's ist Zeit! 's ist Zeit!
Dies Lied ist aus, - der Sehnsucht süsser Schrei
Erstarb im Munde:
Ein Zaubrer tats, der Freund zur rechten Stunde,
Der Mittags-Freund - nein! fragt nicht, wer es sei -
Um Mittag wars, da wurde Eins zu Zwei...
Nun feiern wir, vereinten Siegs gewiss,
Das Fest der Feste:
Freund Zarathustra kam, der Gast der Gäste!
Nun lacht die Welt, der grause Vorhang riss,
Die Hochzeit kam für Licht und Finsternis...
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Karl Henckell (1864-1929)
Einem fernen Freunde
Mit dem »Du« im Herzen darf man schweigen,
Um so tiefer dann sein Innres zeigen,
Wenn die Stunde kommt, da ganz allein
Leben sich dem Leben drängt zu weihn...
Und es ist ein still beständig Wissen,
Und es ist ein ruhiges Vertrauen:
Unser Freundeskranz wird unzerrissen
Schweben in Maienlüften wie in rauhen
Sturmesnächten schlimmeren Geschicks...
Nein, es ist kein Rausch des Augenblicks,
Wie ihn rasches Jugendblut verdampft,
Keine Traumsaat, die der Tag zerstampft –
Wir belauschen unser altes Spiel
Und gedenken und besinnen viel...
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Joseph von Eichendorff (1788-1857)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/eichendorff.php
An ...
Wie nach festen Felsenwänden
Muss ich in der Einsamkeit
Stets auf dich die Blicke wenden.
Alle, die in guter Zeit
Bei mir waren, sah ich scheiden
Mit des falschen Glückes Schaum,
Du bliebst schweigend mir im Leiden,
Wie ein treuer Tannenbaum,
Ob die Felder lustig blühn,
Ob der Winter zieht heran,
Immer finster, immer grün -
Reich die Hand mir, wackrer Mann.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Friedrich von Schiller (1759-1805)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/schiller.php
An die Freunde
Lieben Freunde! Es gab schönre Zeiten
Als die unsern – das ist nicht zu streiten!
Und ein edler Volk hat einst gelebt.
Könnte die Geschichte davon schweigen,
Tausend Steine würden redend zeugen,
Die man aus dem Schoß der Erde gräbt.
Doch es ist dahin, es ist verschwunden,
Dieses hochbegünstigte Geschlecht.
Wir, wir leben! Unser sind die Stunden,
Und der Lebende hat recht.
Freunde! Es gibt glücklichere Zonen
Als das Land, worin wir leidlich wohnen,
Wie der weitgereiste Wandrer spricht.
Aber hat Natur uns viel entzogen,
War die Kunst uns freundlich doch gewogen,
Unser Herz erwarmt an ihrem Licht.
Will der Lorbeer hier sich nicht gewöhnen,
Wird die Myrte unsers Winters Raub,
Grünet doch, die Schläfe zu bekrönen,
Uns der Rebe muntres Laub.
Wohl von größerm Leben mag es rauschen,
Wo vier Welten ihre Schätze tauschen,
An der Themse, auf dem Markt der Welt.
Tausend Schiffe landen an und gehen,
Da ist jedes Köstliche zu sehen,
Und es herrscht der Erde Gott, das Geld.
Aber nicht im trüben Schlamm der Bäche,
Der von wilden Regengüssen schwillt,
Auf des stillen Baches ebner Fläche
Spiegelt sich das Sonnenbild.
Prächtiger als wir in unserm Norden
Wohnt der Bettler an der Engelspforten,
Denn er sieht das ewig einzge Rom!
Ihn umgibt der Schönheit Glanzgewimmel,
Und ein zweiter Himmel in den Himmel
Steigt Sankt Peters wunderbarer Dom.
Aber Rom in allem seinem Glanze
Ist ein Grab nur der Vergangenheit,
Leben duftet nur die frische Pflanze,
Die die grüne Stunde streut.
Größres mag sich anderswo begeben,
Als bei uns in unserm kleinen Leben,
Neues – hat die Sonne nie gesehn.
Sehn wir doch das Große aller Zeiten
Auf den Brettern, die die Welt bedeuten,
Sinnvoll, still an uns vorübergehn.
Alles wiederholt sich nur im Leben,
Ewig jung ist nur die Phantasie,
Was sich nie und nirgends hat begeben,
Das allein veraltet nie!
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/goethe.php
An den Herzog Karl August
Gehab dich wohl bei den hundert Lichtern,
Die dich umglänzen,
Und all den Gesichtern,
Die dich umschwänzen
Und umkredenzen.
Findst doch nur wahre Freud und Ruh
Bei Seelen grad und treu wie du.
Nur Luft und Licht
Und Freundeslieb!
Ermüde nicht,
Wem dies noch blieb.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Stefan George (1868-1933)
Nun lass mich rufen...
Nun lass mich rufen über die verschneiten
Gefilde wo du wegzusinken drohst:
Wie du mich unbewusst durch die gezeiten
Gelenkt - im anfang spiel und dann mein trost.
Du kamst beim prunk des blumigen geschmeides ·
Ich sah dich wieder bei der ersten mahd
Und unterm rauschen rötlichen getreides
Wand immer sich zu deinem haus mein pfad.
Dein wort erklang mir bei des laubes dorren
So traulich dass ich ganz mich dir befahl
Und als du schiedest lispelte verworren
In seufzertönen das verwaiste tal.
So hat das schimmern eines augenpaares
Als ziel bei jeder wanderung geglimmt.
So ward dein sanfter sang der sang des jahres
Und alles kam weil du es so bestimmt.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Johann Gottfried Herder (1744-1803)
An Herrn von Schardt
Wie bald, o Freund, wie bald ist es verschwunden,
Das lange Jahr mit seinen kurzen Stunden!
Was Dir einst Unlust, oft mir Sorge war,
Vorüber ist's, das kurze, lange Jahr.
Doch Eins, o Freund, Eins sei uns nicht vorüber:
Vereinte Pflicht macht Menschen Menschen lieber,
Vergangne Müh wird im Andenken süß,
Und Treue wird der Freundschaft Paradies.
Dank also Dir für Deine Hilf' und Treue!
Wirf nicht auf sie den Blick zurück mit Reue!
Du hörst nicht mehr der Kasten dumpfen Klang,
Hör also noch mein reines: Habe Dank!
Einst sprech' auch ich: "Hier sind die letzten Akten!"
Sind sie mir Ruhmes- oder Leidespakten?
Das weiß ich nicht. Eins weiß ich, und gewiss:
Vollbrachte Müh ist Lebens-Paradies.
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