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Ludwig Eichrodt (1827-1892)
Akademische Wanderlust
Nach Krakelien, nach Krakelien
Nach dem wein- und kümmelseligen
Wirbelt mich, ihr Göttlichen!
Wo die Pfropfe festlich bollern,
Wo aus klaftertiefen Kellern
Nektar und Ambrosia wehn.
Nach Faulenzien, nach Faulenzien
Möcht ich, das Kolleg zu schwänzigen
Wo selbst der Professor schwänzt,
Wo das Dolce far niente
Langsam fließt, und der Studente
Ruhig wie der Vollmond glänzt.
Nach Schlaraffien, nach Schlaraffien,
Tut mir ein Billet verschaffigen
Für den nächsten Luftballon,
Wo entspringt die Limonaden,
Wo der Ochs ins Maul gebraten
Flieget Adams dümmstem Sohn.
Nach dem Land der ordentlichen
Kerle kam ich gern geschlichen,
Wo kein Mensch mit Größe prunkt,
Wo man jedem lässt das Seine,
Wo man in den Kaffee keine
Mürben Kellerläden tunkt.
In dem weisen Sarastronien
Lasst mich ein- und einmal wohnigen,
Wo der Mensch den Menschen liebt,
Wo in diesen heil'gen Hallen
Rachelos die Menschen fallen,
Denen man als Feind vergibt.
Lasst mich auch zu den Asylen,
Wo die flücht'gen Menschen wühlen,
Die man nach der Decke streckt,
Wo man traulich sitzt im Kneipchen,
Wo der N. N. mit dem Weibchen
Fürchterlichen Unsinn heckt.
Nach Blamagien, nach Blamagien
Eil' ich redend von Kouragien,
Wo man höflicher denn kühn,
Wo die Leute ganz entsetzlich
Renommieren, aber plötzlich
Sich ums Gegenteil bemühn.
Nach Karabatschien, nach Karabatschien
Streb' ich, über Witschiwatschien,
Wo der Farra watla thront,
Wo die Bastonade schallet,
Wo der Bambus lieblich hallet
Und die Feige saftig lohnt.
Nach Randalien, nach Randalien
Lasset mich zu den Skandalien,
Wo es losgeht Schlag auf Schlag,
Wo Mensuren und Affären
Die Situationen klären
Und es knallet Tag für Tag.
Sondern auch nach Lilipuzien,
Nach dem lieben kleinen putzigen,
Pilgr' ich dann durchs Jammertal,
Wo die Mücken Elefanten,
Größen nur die unbekannten,
Wo es ist wie überall.
Nach dem hohen Idealien
Wollt' ich wallen mit Amalien,
Wo der Sturm des Jammers schweigt,
Wo die reinen Formen wohnen,
Wo von ihren Weltenthronen
Die gewollte Gottheit steigt.
Nach Myriadien, nach Myriadien
Schleudert mich, ihr Schicksalsradien,
Wo der Sirius eisig glüht,
Wo der Unsinn grausam gipfelt,
Wo die Wurst gen Himmel zipfelt,
Und die Welt benebelt flieht.
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August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
Der Eselfasching
Die Esel wollten den Fasching begehn,
Das konnt' ohne Masken und Schellen geschehn.
Tschahi, tschaha, tschaho!
Wie war'n die Esel froh!
Wie jauchzte laut ein Jeder, Jeder, Jeder
Und machte groß Halloh!
Sie hatten einen Narrenkönig sich erkor'n,
Das war geworden der mit den längsten Ohr'n.
Tschahi, tschaha, tschaho!
Wie war'n die Esel froh!
Wie jauchzte laut ein Jeder, Jeder, Jeder
Und machte groß Halloh!
Sie hatten einen Hofstaat ihm beigesellt,
So ganz wie es geht in der Manntierwelt.
Tschahi, tschaha tschaho!
Wie war'n die Esel froh!
Wie jauchzte laut ein Jeder, Jeder, Jeder
Und machte groß Halloh!
Und als nun die Esel so gingen im Zug,
Da kam ein Kettenhund herbei und frug:
»Tschahi, tschaha, tschaho!
Warum seid ihr so froh?
Warum doch jauchzt ein Jeder, Jeder, Jeder
Und macht ein solch Halloh?«
Die Maskenfreiheit die haben auch wir,
Die brauchen wir jetzo nach unsrer Manier.
Tschahi, tschaha, tschaho!
Drum sind wir Esel froh,
Drum jauchzet auch ein Jeder, Jeder, Jeder
Und macht ein solch Halloh.
»Ihr Esel bleibt doch Esel und werdet nie gescheit,
Was kann euch doch nützen die Maskenfreiheit?
Tschahi, tschaha, tschaheit!
Ihr seid doch nie gescheit,
Es bleibet doch ein Jeder, Jeder, Jeder
Ein Esel allezeit.«
»So eine Freiheit, närrisch zu sein,
Die habt ihr ja auch mit den Russen gemein.
Tschahi, tschaha, tschahei!
Ja, zeigtet ihr euch frei,
So müsste halt ein Jeder, Jeder, Jeder
Gleich vor die Polizei.«
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aus der Pfalz
Die Pfann' kracht...
Die Pfann' kracht, die Pfann' kracht,
die Küchle sind geback'!
Heraus mit, heraus mit,
ich steck'se in mein' Sack!
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Wolfgang Müller von Königswinter (1816-1873)
Fastnacht
Lust’ge, lust’ge Fastnachtszeit!
Heute jubeln alle Leut’,
Heute sind wir alle toll,
Alle bunter Scherze voll.
Zieht die Schellenkappen um,
Hänget bunte Kleider drum!
Keiner kennt uns mehr heraus:
Welt ist wie ein Narrenhaus.
Räuber kommen wild heran,
Ritter reihen stolz sich dran,
Die Zigeuner fehlen nicht,
Schäfersmann ist jener Wicht.
Aus Tirol kommt der Gesell,
Jener aus dem Land des Tell.
Wenn ich doch ein Türke wär’!
Seht, dort trollt sogar ein Bär!
Auf der Geige auf dem Baß,
Auf der Flöte spielt der Spaß.
Kunterbunten Maskenscherz
Treiben froh wir allerwärts.
Lust’ge, lust’ge Fastnachtszeit!
Heute jubeln alle Leut’,
Heute sind wir alle toll,
Alle bunter Scherze voll.
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Arnim/Brentano (Hrsg.)
Havele Hahne
Zur Fastnacht gehn die Kinder am Rhein mit einem Korb,
in dem ein gebundener Hahn liegt,
sie schaukeln mit ihm und singen:
Havele havele Hahne,
Fastennacht geht ane,
Droben in dem Hinkelhaus,
Hängt ein Korb mit Eier raus;
Droben in der Firste,
Hängen die Bratwürste,
Gebt uns die langen,
Lasst die kurzen hangen,
Ri ra rum,
Der Winter muss herum;
Was wollt ihr uns denn geben,
Ein glückseligs Leben,
Glück schlag ins Haus,
Komm nimmermehr heraus.
(aus: Des Knaben Wunderhorn, erschienen 1806-08)
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Aloys Blumauer (1755-1798)
Kettenlied für den Fasching
Lasst uns den Fasching loben,
Und ihn lobpreisen heut';
Wir haben viele Proben
Von seiner Freundlichkeit:
Er schloss heut' allem Leide
Hienieden unser Herz,
Und öffnet es der Freude
Allein nur und dem Schmerz.
Die Weisheit hüllt nicht immer
In Falten ihr Gesicht,
Der Freude Rosenschimmer
Entstellt ihr Antlitz nicht:
Drum trat an ihre Stelle
Heut' Scherz und froher Mut;
Denn auch die Narrenschelle
Ist oft zum Lachen gut.
Es leb' in unserm Kreise
Die Weisheit, welche lacht,
Und die des Lebens Reise
Uns angenehmer macht!
Es leben alle Brüder,
Die Hand an Hand in Reih'n
Auch dieses Jahr sich wieder
Wie wir, des Faschings freu'n!
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