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Gedichte zu Silvester – Dichter 1 2 · Titel 1 2 · Beliebteste · Neueste

Ludwig Thoma (1867-1921)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/thoma.php

Silvesternacht

Und nun, wenn alle Uhren schlagen,
So haben wir uns was zu sagen,
Was feierlich und hoffnungsvoll
Die ernste Stunde weihen soll.

Zuerst ein Prosit in der Runde!
Ein helles, und aus frohem Munde!
Ward nicht erreicht ein jedes Ziel,
Wir leben doch, und das ist viel.

Noch einen Blick dem alten Jahre,
Dann legt es auf die Totenbahre!
Ein neues grünt im vollen Saft!
Ihm gelte unsre ganze Kraft!

Wir fragen nicht: Was wird es bringen?
Viel lieber wollen wir es zwingen,
Dass es mit uns nach vorne treibt,
Nicht rückwärts geht, nicht stehen bleibt.

Nicht schwächlich, was sie bringt, zu tragen,
Die Zeit zu lenken, lasst uns wagen!
Dann hat es weiter nicht Gefahr.
In diesem Sinne: Prost Neujahr!

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Max Hartung (1857-1932)

Silvesternacht

Die Glocken tönen durch die Nacht,
Du lauschest ihrem Klingen;
Das Jahr, das du herangewacht,
Was wird das neue bringen?

Kein Glockenlaut, kein Menschenmund,
Noch der Gestirne Kreisen
Vermag auf Gottes Erdenrund
Die Zukunft dir zu weisen!

Drum frag dich selbst! Das Jahr wird gut,
Gehst du auf rechten Wegen,
In deinem Tun und Lassen ruht
Des neuen Jahres Segen.

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Cäsar Flaischlen (1864-1920)

Sylvester

Komm, vergiss einmal all die Geschichten
komm und begrab einmal all den Kram!
es sind ja doch nur Lumpereien,
die einem nur das Herz zerquälen,
die einen nur müde machen und lahm!

Die Menschen sind so, ich weiß es wohl:
statt fröhlich und guter Dinge zu sein,
vernörgeln sie sich die schönsten Stunden
mit kindisch törichten Hetzerein.
Sie möchten es selbst nicht, wenn man frägt ...
sie sehnen sich, harmloser sein zu dürfen,
sie nennen es Unrecht, Schande und Hohn
und möchten heraus aus all dem Gezänke ...
und kommen doch nicht los davon ...
und wenn man so zusieht, wie sie allmählich
mutloser werden, trüber und trüber ...

Mein Gott, man könnte weinen drüber!
Lebt mit mehr Freude! ach, ich möcht's
groß wie die Sonne an den Himmel schreiben,
dass es wie Feuer in die Herzen loht ...
lebt mit mehr Freude und ohne die Not
und ohne den Hass und ohne den Neid,
an den ihr das halbe Leben verpasst ...
macht's euch zu Lust und nicht zu Last!
lebt mit mehr Freude,
lebt mit mehr Rast!

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Wilhelm Busch (1832-1908)
www.lyrik-lesezeichen.de/gedichte/wilhelm_busch.php

Zum Neujahr

Bald, so wird es zwölfe schlagen.
Prost Neujahr! wird mancher sagen;
Aber mancher ohne Rrren!
Denn es gibt vergnügte Herren.
Auch ich selbst, auf meinen Wunsch,
Mache mir ein wenig Punsch. -

Wie ich nun allhier so sitze
Bei des Ofens milder Hitze,
Angetan den Rock der Ruhe
Und die schönverzierten Schuhe,
Und entlocke meiner Pfeife
Langgedehnte Wolkenstreife,
Da spricht mancher wohl entschieden:
Dieser Mensch ist recht zufrieden!
Leider muss ich, dementgegen,
Schüttelnd meinen Kopf bewegen. -
Schweigend lüfte ich das Glas.
(Ach, wie schön bekömmt mir das!) -

Sonsten wie erfreulich war es,
Wenn man so am Schluss des Jahres
Oder in des Jahres Mitten
Zum bewussten Schrein geschritten
Und in süßem Traum verloren,
Emsig den Kupon geschoren!
Aber itzo auf die Schere
Sickert eine Trauerzähre,
Währenddem der Unterkiefer
Tiefer sinkt und immer tiefer. -
Traurig leere ich das Glas
(Ach, wie schön bekömmt mir das!) -

Henriette, dieser Name
Füllt mich auch mit tiefem Grame:
Die ich einst in leichten Stoffen
Herzbeklemmend angetroffen
Nachts auf dem Kasinoballe,
Sie, die später auf dem Walle
Beim Ziewiet der Philomele
Meine unruhvolle Seele
Hoch beglückt und tief beseligt,
Sie ist anderweit verehlicht,
Ist im Standesamtsregister
Aufnotieret als Frau Pfister,
Und es wird davon gesprochen,
Nächstens käme sie in Wochen. -
Grollend lüfte ich das Glas.
(Ach, wie schön bekömmt mir das!) -

Ganz besonders und vorzüglich
Macht es mich so mißvergnüglich,
Dass es mal nicht zu vermeiden,
Von hienieden abzuscheiden,
Dass die Denkungskraft entschwindet,
Dass man sich so tot befindet,
Und es sprechen dann die Braven:
Siehe da, er ist entschiafen.
Und sie ziehn gelind und lose
Aus der Weste oder Hose
Den geheimen Bund der Schlüssel,
Und man rührt sich auch kein bissel,
Sondern ist, obschon vorhanden,
Friedlich lächelnd einverstanden. -
Schaudernd leere ich das Glas.
(Ach, wie schön bekömmt mir das!) -

Wo wird dann die Seele weilen?
Muss sie sich in Duft zerteilen?
Oder wird das alte Streben,
Hübsche Dinge zu erleben,
Sich in neue Form ergießen,
Um zu lieben, zu genießen,
Oder in Behindrungsfällen
Sehr zu knurren und zu bellen?
Kann man, frag' ich angstbeklommen,
Da denn gar nicht hinterkommen?
Kommt, o kommt herbeigezogen,
Ihr verehrten Theologen,
Die ihr längst die ew'ge Sonne
Treu verspundet in der Tonne.
Überschüttet mich mit Klarheit! -
Doch vor allem hoff' ich Wahrheit
Von dem hohen Philosophen;
Denn nur er, beim warmen Ofen,
Als der Pfiffigste von allen,
Fängt das Licht in Mäusefallen. -
Prost Neujahr! Und noch ein Glas!
(Ei, wie schön bekömmt mir das!) -

Uh, mir wird so wohl und helle!
Himmel, Sterne, Meereswelle,
Weiße Möwen, goldne Schiffe;
Selig schwanken die Be-jiffe,
Und ich tauche in das Bette
Mit dem Seufzer: Hen-i-jette!

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