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Richard Dehmel (1863-1920)
Eine Weihnachtsstunde
Lass, Liebster, die Lampe noch stehen
und rücke mit mir zum Kamin,
und lass in die Flammen uns sehen
und lauschen dem Zauber darin!
Und lege dein Haupt ans Herz mir
und blicke nicht traurig drein,
dass wir am Heiligen Abend
im Dunkeln sitzen! allein!
Horch, wie im Ofen wispert
die Glut ihr heimlich Lied!
schau, wie ein Lichterreigen
über die Diele zieht!
Draus schwillt’s wie ein Singen und Weben
von Märchenherrlichkeit,
drin spielt’s wie ein Schwingen und Schweben
von Träumen der Kinderzeit:
als wir noch fromm gebetet
zum lieben Jesuchrist,
der für uns arme Sünder
vom Himmel kommen ist, –
als wir noch nicht verstanden,
warum auf Golgatha
ein brechend Menschenauge
einst mild zur Erde sah.
Und denke der großen Liebe,
die treu bis in den Tod
gerungen und gelitten
für all der Brüder Not!
Und denke des großen Glaubens,
den Er zur Menschheit trug
noch in der letzten Stunde,
da man ans Kreuz ihn schlug!
Und blicke nicht trüb, mein Liebster,
dass Du noch ringst allein!
und hoffe wie Er, dass einstens
die Goldne Zeit wird sein! – –
Nun sehe dein Auge ich leuchten
und strahlen Eigne Glut,
nun richtet das Haupt dir wieder
empor der alte Mut.
Du bist mein Stolzer, mein Starker!
du führst es Alles aus!
Oh gründe und baue nur weiter
an deinem stolzen Haus! –
Und übers Jahr ist’s anders –
neig’ her dein Ohr geschwind:
da schmücken wir ein Bäumchen
für ein lieb Menschenkind.
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