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Rudolf Baumbach (1840-1905)

Der fleißige Quax und der faule Quix

Wo durch das Moos der Waldbach fließt,
Wo Rohr und Wasserlilie sprießt,
Da wohnte still und tugendsam
Dereinstens eine Froschmadam.
Mit Eifer tat sie sich bemühen
Ihr Kinderpaar gut zu erziehen,
Und dieses fiel der Armen schwer,
Denn - ach - der Vater war nicht mehr;
Den Vater hatte nämlich lange
Gefressen schon die Wasserschlange.
Die Kinder waren Buben und
Gesunden Leibs und kugelrund;
Gar lustig brauchten sie die Beine,
Quax hieß der große, Quix der kleine.
Der Quax, der Mutter Augenweide,
Ging stets einher in saubrem Kleide
Und brauchte fleißig Schwamm und Kamm,
Quix aber liebte Kot und Schlamm.
Es half der brave Quax nach Kräften
Der Mutter bei den Hausgeschäften,
Der faule Quix hingegen saß
Den ganzen Tag im Sumpf und aß.
Mit einem Wort, es war der Quix
Ein ausgemachter Taugenix.

Als Quax und Quix zur Schule gingen,
Und beide an zu lernen fingen,
Wie man mit Quaken und mit Schreien
Die Witterung kann prophezeien,
Der Quax in wenig Wochen war
Der erste in der Schüler Schar.
Er wusste schon nach Mondesfrist,
Was gut und schlechtes Wetter ist.
In seinem Zeugnis stand zu lesen,
Wie brav und fleißig er gewesen.
Dem Quix hingegen ward beschieden:
Fleiß und Betragen: Unzufrieden.
Und so gings fort. - Sie täten wachsen;
Zufrieden war man stets mit Quaxen,
Allein beim faulen, dummen Quixe,
Da halfen Worte nicht, noch Wichse.
Mit einem Wort, es blieb der Quix
Ein ausgemachter Taugenix.

Von allen Fröschen in dem Bach
Tat’s keiner unserm Quaxe nach,
Kein Thermo- und kein Barometer
Verstand sich so wie Quax aufs Wetter.
War wolkenfrei der Himmelsraum,
So stieg der Quax auf einen Baum
Und quakte so, dass jedermann
Das schöne Wetter hören kann.
Doch wenn ein Regen kam, ein nasser,
Hielt Quax den Mund und blieb im Wasser.
Die Bauern aber ringsumher
Belobten seine Weisheit sehr.
Der Quix hingegen hockte faul
Im trüben Schlamm und hielt das Maul.
Nur wenn er Hunger hatte, quakt’ er;
So niederig war sein Charakter.

Wie seinen Lohn erhält der Brave,
Und wie den Bösen trifft die Strafe,
Das, Kinder, werdet ihr jetzt schön
An Quax’ und Quixens Beispiel sehn:
Einst ist der Karl zu Wald gegangen,
Um allerlei Getier zu fangen,
Um sich mit Käfern, Schnecken, Grillen
Die grüne Büchse anzufüllen.
Denn Karl, von dem ich jetzt berichte,
Studierte die Naturgeschichte.
Er hatte schon, geschätzt geringe,
Bei hundertfünfzig Schmetterlinge
In seiner Sammlung; ist mir recht,
Auch einen ausgestopften Specht
Und schließlich einen Tausendfuß
In einem Glas mit Spiritus.
Zufällig sah der Karl den Quax,
Wie er im Grase saß, und stracks
Erwischt’ er ihn bei einem Bein
Und sperrt ihn in die Büchse ein.
Der arme Quax geriet in Not,
Er dachte schon an seinen Tod,
Er ächzte tief und seufzte still
Und voll Ergebung: »Wie Gott will!«
Bald aber war es Quaxen klar,
Dass dies zu seinem Besten war.
Denn als der Karl nach Hause kam,
Den Quax er aus der Büchse nahm
Und steckt ihn in ein Wasserglas,
Wo er auf einer Leiter saß,
Und Rosen und Geranium,
Die standen um das Glas herum.

Von allen ward er hochgeehrt
Und gut gepflegt und wohl genährt.
Karls Schwester nämlich, das Mariechen,
Das bracht’ ihm täglich zwanzig Fliegen.
Als Witterungsprophete war
Der Quax hier tätig manches Jahr,
Und wenn er nicht gestorben ist,
So lebt er noch zu dieser Frist.
Wie aber stand es denn mit Quix?
Er war und blieb ein Taugenix,
Ist dumpf und faul im Sumpf gesessen;
Am End’ hat ihn der Storch gefressen.

Und nun die Lehre des Gedichts:
Wer in der Schule lernet nichts,
Der bleibt, wie Quaxens Bruder Quix,
Sein Leben lag ein Taugenix.
Doch wenn du, wie es Quax getan,
Die Jugendzeit gut wendest an,
So kannst du viel auf dieser Erden,
Am Ende gar ein Hofrat werden.

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