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Edda (9.-12. Jahrhundert)

Der Seherin Weissagung

Allen Edeln gebiet ich Andacht,
Hohen und Niedern von Heimdalls Geschlecht;
Ich will Walvaters Wirken künden,
Die ältesten Sagen, der ich mich entsinne,

Riesen acht ich die Urgebornen,
Die mich vor Zeiten erzogen haben.
Neun Welten kenn ich, neun Äste weiß ich
An dem starken Stamm im Staub der Erde.

Einst war das Alter, da Ymir lebte:
Da war nicht Sand nicht See, nicht salzge Wellen,
Nicht Erde fand sich noch Überhimmel,
Gähnender Abgrund und Gras nirgend.

Bis Börs Söhne die Bälle erhuben,
Sie die das mächtige Midgard schufen.
Die Sonne von Süden schien auf die Felsen
Und dem Grund entgrünte grüner Lauch.

Die Sonne von Süden, des Mondes Gesellin,
Hielt mit der rechten Hand die Himmelrosse.
Sonne wusste nicht wo sie Sitz hätte,
Mond wusste nicht was er Macht hätte,
Die Sterne wussten nicht wo sie Stätte hatten.

Da gingen die Berather zu den Richterstühlen,
Hochheilge Götter hielten Rat.
Der Nacht und dem Neumond gaben sie Namen,
Hießen Morgen und Mitte des Tags,
Under und Abend, die Zeiten zu ordnen.

(Anfang des 1. Liedes; aus dem Isländischen von Karl Simrock)

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